Teil 3

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Die nächsten Tage verlaufen relativ entspannt und ich habe ein gutes Gefühl bei meinem neuen Job.
Ich kenne mich mittlerweile ziemlich gut aus und bekomme sehr viel Lob von Alexandra, weil die vorherigen Assistentinnen anscheinend nicht so schnell gelernt haben wie ich. Das macht mich natürlich stolz.
Alexandra gibt mir am Donnerstag noch ein paar hilfreiche Tipps: Sobald Geschäftspartner in dem Zimmer vom Chef sind, wünscht er keinerlei Störung. Er will nicht am Vormittag gestört werden und außerdem braucht er immer einen Kaffee pünktlich um halb 8 auf seinem Schreibtisch.
Das sind alles Dinge, die ich mir gut merken kann. Dennoch bin ich jetzt doch sehr nervös, ihn morgen das erste Mal zu sehen.

Ich habe mir am Mittwoch ein paar neue Outfits zugelegt, dabei hab ich mich an dem Kleidungsstil der anderen Mitarbeiter orientiert. Sie sehen immer sehr schick aus und es passt alles von Kopf bis Fuß.
Freitag stehe ich extra eine halbe Stunde eher auf als die Tage zuvor. Ich will, dass heute alles perfekt ist.
Ich binde mir die Haare zu einem festen Sleekzopf zusammen und lasse meine Bangs in meine Stirn fallen. Ich lege ordentliches Make-up auf und ziehe einen schwarzen engen Rock an, der mir etwas über das Knie geht. Dazu ziehe ich eine cremefarbene Bluse an, die meine Oberweite zwar gut betont, aber dennoch nicht zu aufdringlich ist.
Meine Hände zittern, als ich auf mein Handy schaue, um die Uhrzeit zu checken. Es ist 7 Uhr. Ich mache mich besser mal auf den Weg, denn ich muss schließlich noch den Kaffee für Mr Billingsley besorgen.

Als ich in den Aufzug steige, habe ich in der einen Hand den Kaffeebecher und in der anderen Hand mein Handy, weil ich noch kurz auf die SMS von Kelly antworten will.
Scheiße. Ich habe nicht bedacht, dass ich so schlecht einen Knopf am Fahrstuhl drücken kann. Ich gehe in die Knie und will gerade den Kaffeebecher abstellen, da kommt ein Mann in den Aufzug gelaufen.
Er trägt einen grauen Anzug. Ich schätze ihn so auf Mitte zwanzig. Er lächelt mich an. "Kann ich Ihnen behilflich sein?", fragt er freundlich. Sein Blick fällt auf den Kaffeebecher in meiner Hand und er hebt eine Augenbraue.
Ich nicke. "Ich müsste auf die 33."
Er drückt den Knopf und die Tür schließt sich langsam.
"Ich glaube, wir wurden uns noch nicht vorgestellt. Ich würde Ihnen ja gerne die Hand geben, aber ich denke nicht, dass das so geht", zeigt er auf meine vollen Hände.
Ich lache. "Nein wohl eher nicht. Ich bin Lina Koslow. Ich bin die neue..."
Plötzlich wird der Mann neben mir leicht bleich. "Die neue Assistentin des Chefs?" Jetzt sind seine Augen groß und er sieht nachdenklich aus. Ich nicke nur stumm.
Im gleichen Moment öffnet sich die Tür auf meinem Stockwerk und ich trete heraus. "Also vielen Dank für die Hilfe, Mr", stoppe ich.
"Mr Cohen", beendet er meinen Satz und lächelt mich an. Doch auch sein Lächeln wirkt nicht mehr echt. Was haben die Leute hier nur mit dem falschen Lächeln? Ob ich mir das auch angewöhnen muss?

Als ich mich umdrehe, stoße ich beinahe gegen etwas beziehungsweise gegen Jemanden.
Er überragt mich beinahe um zwei Köpfe und sieht etwas bedrohlich aus. Aber ich muss zugeben, dass er unglaublich attraktiv aussieht in dem leicht gestreiften schiefergrauen Anzug, der passt wie angegossen.
Er sagt nichts und erste jetzt merke ich, dass ich mit geöffnetem Mund wie ein Trottel dastehe. "Es tut mir wahnsinnig leid", sage ich und schaue beschämt auf den Boden. Aus irgendeinem Grund macht mich alleine die Präsenz des Mannes unglaublich nervös. Zum Glück habe ich nicht den Kaffee über ihn geschüttet.
Er sagt immer noch nichts, sondern sieht sich kurz um und geht dann einfach an mir vorbei. Ich blicke ihm verwirrt nach. Unfreundlich. Zum Glück muss ich nicht mit so einem zusammenarbeiten, denn sonst würde ich wahrscheinlich jeden Abend durchgeschwitzt nach Hause kommen.

Ich stoße mit dem Fuß die Tür zu meinem Büro auf und stelle den Kaffeebecher auf meinen Schreibtisch.
Schnell hänge ich meine Jacke über den Stuhl und stelle meine Handtasche daneben, bevor ich zur Tür meines Chefs gehe und klopfe.
Niemand antwortet. Also schlüpfe ich schnell durch die Tür und stelle den Kaffee auf seinen Tisch, bevor ich mich wieder an meinen Platz setze.
Nach einer halben Stunde beschließe ich, schnell nochmal auf die Toilette zu gehen.

Als ich wieder zurück in mein Büro komme, ist seine Tür nach wie vor geschlossen. Ich rolle mit den Augen. "Toll und dafür habe ich ihm extra einen Kaffee geholt. Der ist jetzt bestimmt eh schon kalt", murmle ich vor mich hin, bevor ich mich wieder setze.
Genau in diesem Moment räuspert sich Jemand hinter mir. Es ist ein tiefes Räuspern und ich habe etwas Angst, mich umzudrehen.
Dennoch drehe ich mich mit gestrafften Schultern um und sinke sofort wieder in mir zusammen. Nicht er.

UnmoralischWo Geschichten leben. Entdecke jetzt