Teil 15

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Ich weiß tatsächlich nicht einmal, wie der junge Mann hieß, der gestern neben mir gesessen war und einfach nur geschwiegen hat.
Er hat mir sicherheitshalber noch seine Handynummer eingespeichert, dass ich ihn erreichen kann, falls ich noch einmal in so einer Situation bin.
Sein Anfangsbuchstabe ist T und ich habe ehrlich keine Ahnung, ob er jetzt Thomas oder Tyler oder sonst wie heißt. Er macht es aber auch sehr mysteriös.
Wie auch immer, ich bin sehr froh, dass ich ihn getroffen habe, und diese Minuten Schweigen haben mir so viel gegeben.

Als ich zuhause bin, werfe ich mich auf mein Bett und hole den Vertrag erneut aus meiner Tasche. Ich kann nicht glauben, was ich alleine auf der ersten Seite lese.
Mr Billingsley hat eine dunkle Seite und ich weiß nicht, ob ich mit dieser Seite von ihm jemals zurecht kommen werde.
Ich muss ihn morgen im Büro darauf ansprechen, denn sonst platze ich wahrscheinlich noch.
Ich schaffe es nicht, die anderen Seiten zu lesen, da ich mittendrin einfach einnicke.

Donnerstagmorgen...

... und ich fühle mich, als hätte mich ein Bus überrollt und das nicht nur einmal, sondern mehrere Male hintereinander.
Erst der schockierende Vertrag und dann noch meine fünf Runden Tequila, die es sicherlich nicht gebraucht hätten.
Mein Kopf tut so weh, dass ich mir direkt nach dem Aufstehen eine Schmerztablette aus meinem Medikamentenschrank nehmen muss.
Ich quetsche mich widerwillig in einen engen dunkelgrauen Stiftrock und eine weiße, enganliegende Bluse.
Ich fühle mich so unwohl in meiner eigenen Haut. Dennoch schnappe ich mir schnelle eine Tasse Kaffee und setze mich an meinen Esstisch.
Leider bin ich viel zu hibbelig, um ruhig sitzen zu können, sodass ich den gesamten Kaffee auf dem Tisch verteile. Zum Glück habe ich meinen Rock nicht getroffen.
"Das kann doch nicht wahr sein", stehe ich auf und hole mir ein Küchentuch, um die Sauerei aufzuwischen.
Ich muss sofort ins Büro gehen, denn sonst drehe ich sicherlich noch durch.

Sobald ich mein Büro betrete, muss ich ein paar Mal tief ein und ausatmen, bevor ich, ohne nachzudenken, an Rileys Tür klopfe.
"Ja?" Alleine seine Stimme bringt meinen Körper zum Beben.
Ich reiße die Tür auf und halte in der einen Hand das Kuvert, das er mir gestern gegeben hat, fest.
Er schaut geschockt von seinem Schreibtisch auf und deutet mir an, mich hinzusetzen.
Doch ich bleibe stehen und verschränke nur die Arme vor der Brust. Wieso tue ich das eigentlich immer, wenn ich in seinem Büro stehe?
Nach einigen Sekunden, in denen keiner etwas gesagt hat, gehe ich selbstbewusst auf ihn zu und haue das Kuvert vor ihn auf seinen Schreibtisch. "Was soll das?", frage ich spitz.
Riley sieht zwischen dem Kuvert und mir hin und her. Er sagt nichts und legt mal wieder seine Stirn in Falten. "Ich verstehe n...", setzt er an. Doch ich unterbreche ihn sofort. "Was ist das für eine kranke Scheiße, die du mir hier mitgegeben hast?", zeige ich mit der Hand auf das Kuvert, das nach wie vor unverändert dort liegt.
Riley erhebt sich von seinem Stuhl und hebt seine Hand, um mich an der Hüfte zu berühren. Sofort weiche ich einen Schritt zurück und er bleibt verwirrt stehen, bevor er sich mit seiner Hand über das Gesicht fährt.
"Ich habe dir gesagt, dass wir über Alles reden können, was auf diesem Papier steht."
Ich lache. "Nein."
Er kommt näher und diesmal weiche ich nicht zurück. Seine Hände berühren meinen Rücken und ich bekomme sofort wieder dieses warme Gefühl in meinem Unterleib.
Denk nicht an seine Hände, versuche ich mir einzureden. Doch leider ohne Erfolg. Es ist, als würde mein Kopf sich ausschalten, sobald er in meiner Nähe ist.
"Willst du es dir nicht noch einmal überlegen?", legt er einen Finger unter mein Kinn und dreht damit meinen Kopf so, dass ich ihn direkt anschauen muss. "Es wird sich lohnen, glaub mir."
Ich mache Andeutungen, den Kopf zu schütteln. Da ergreift er meinen Hinterkopf und legt seine vollen Lippen auf meine.
Er schmeckt nach Pfefferminze und binnen einer Sekunde bewegen sich unsere Zungen im Einklang miteinander. Wie macht er das nur? Ich könnte den Kuss nicht unterbrechen, selbst wenn ich es wollen würde, denn dafür küsst er einfach zu gut.
"Sag mir, dass du mir gehörst", raunt er zwischen unseren hitzigen Küssen hindurch.
Ich erstarre und schiebe ihn etwas von mir weg. "Ich gehöre Niemandem, Riley. Nicht einmal dir", recke ich meine Nase weit nach oben.
Er scheint amüsiert, denn er beginnt, frech zu lachen. "Obwohl meine Finger dir so ein Vergnügen bereiten können, ohne einmal in dich eingedrungen zu sein?"
Sofort werde ich rot und versuche, mein Gesicht hinter meinen Händen zu verbergen, um die Flashbacks aufzuhalten.
"Ich kann es wieder tun", sagt er, "sobald du den Vertrag unterschrieben hast."
Ich bin verwirrt. "Wieso braucht es einen Vertrag, dass du mich berühren kannst? Ich verstehe deine abgedrehte Welt einfach nicht", flüstere ich.
Er entfernt seine Hände von meinen Oberschenkeln und sofort überrollt mich ein Gefühl der Leere und ich halte seine Hand fest. Er schaut auf unsere Hände und lächelt, bevor er mir seine entreißt. "Ich habe dir gesagt, wie es läuft", sagt er, bevor er wieder hinter seinen Schreibtisch geht und sich seiner Arbeit widmet, als wäre nie etwas passiert.

UnmoralischWo Geschichten leben. Entdecke jetzt