Teil 44

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Ich versuche, mich nicht von seiner lässigen Art, verunsichern zu lassen. "Ich müsste mal kurz mit dir reden, wenn das okay ist?", frage ich ihn mit gesenktem Kopf, denn sein gelassener Anblick tut mir in meinem Herzen viel zu sehr weh. Es kann ihm nicht so wichtig gewesen sein, wenn er so aussieht. Ich hingegen sehe aus wie ein Häufchen Elend, die heute besser mal zuhause geblieben wäre und den anderen Leuten, ihren Anblick erspart hätte.
Riley schaut mich verwirrt an, doch zeigt auf seine Bürotür. Ich nicke und folge ihm in kurzem Abstand. Schnell schließe ich die Tür und bleibe davor stehen.
Er legt seine Jacke über einen der Sessel vor seinem Schreibtisch und holt sein silbernes MacBook aus der Tasche. Ich verfolge jede seiner Bewegungen und sauge sie regelrecht auf, denn das werde ich so schnell nicht mehr sehen.
"Also?", zieht er eine Augenbraue nach oben, bevor sein Blick auf den Kaffeebecher fällt, den ich auf seinem Schreibtisch abgestellt habe. "Sie haben mir einen Kaffee gebracht?"
Ich nicke nur stumm und rühre mich nicht von der Stelle. "Der letzte Kaffee", flüstere ich in mich hinein, doch leider nicht leise genug, denn Rileys Augen werden auf einmal groß. Mit schnellen Schritten steht er vor mir und nimmt mein Gesicht in seine großen Hände. "Du willst nicht wirklich gehen, oder?", blickt er mir tief in meine Augen.
Mein Körper beginnt zu kribbeln und ich entreiße mich seinem Blick. Er richtet meinen Kopf sofort wieder so, dass ich ihn direkt ansehen muss, doch es bricht mir zu sehr das Herz. Dieser perfekte Mann mit dem perfekten Gesicht und den schlimmsten Stimmungsschwankungen hat mir mein Herz in tausend Teile gebrochen. 

Für einen kurzen Moment sehe ich so etwas wie Bereuen in seinen Augen.
"Das funktioniert nicht und das wird es niemals. Dafür ist einfach zu viel passiert", umgreife ich seine Hände und nehme sie von meinem Gesicht. Schnell schüttle ich den Kopf. "Ich habe dir gesagt, dass ich nicht nur deine Assistentin sein kann", seufze ich erschöpft und trete an ihm vorbei.
"Ist es wegen Amir?", fragt er jetzt etwas lauter und ich drehe mich ruckartig um. Mit verengten Augen funkle ich ihn an. "Was soll die Scheiße? Denkt ihr Männer ernsthaft, dass man unbedingt einen anderen Typen braucht, nur weil man gewisse Sachen einfach loslässt oder loslassen muss, die einem nicht guttun?" Jetzt schreie ich. Es ist mir egal, wer oder was uns hört, denn es ist so oder so mein letzter Tag in dieser beschissenen Firma.
Riley schüttelt den Kopf und kommt zu mir herüber. "Ich habe dir gestern meine Gefühle gestanden und du hast mich weggeschickt. Das weißt du, oder?", sagt er betont ruhig, aber in seiner Stimme schwimmt eine kleine Spur Zorn mit.
Ich zucke mit den Schultern. "Ich lasse dich doch nicht mit so einer Scheiße durchkommen, vergiss es. Such dir eine Andere dafür."
Er hält mich beim Vorbeigehen auf und legt eine Hand auf mein Handgelenk. Ich blicke kurz darauf und dann in seine Augen. "Aber das ist es ja", stöhnt er frustriert aus und rollt mit den Augen.
Jetzt bin ich verwirrt, zu verwirrt, um irgendwas zu antworten.
Er fährt fort. "Ich will mir keine Andere suchen, also klar, habe ich Dutzend von Optionen", schmunzelt er und ich boxe ihm hart gegen den Arm. "Arsch", zische ich.
Er lacht und wird dann wieder ernst. "Verdammt", fährt er sich durch sein Haar, "ich habe noch niemals einer Frau meine Liebe gestanden, ganz einfach aus dem Grund, weil ich noch nie eine Frau wahrhaftig geliebt habe und dann kamst du und du hast meine Welt auf den Kopf gestellt. Du hast dich mir nicht an den Hals geworfen und das hat mich irgendwie verrückt gemacht", flüstert er mittlerweile, doch ich verstehe jedes einzelne Wort.
"Ich habe immer von diesem Tag geträumt, dass du mir sagst, dass du mich auch magst, aber", mache ich eine kurze Pause.
Rileys Augen werden schon wieder riesengroß und er tritt einen Schritt auf mich zu. "Aber?"
"Aber es ist zu spät. Ich kann dir nicht vertrauen und werde es höchstwahrscheinlich auch niemals können und das ist keine gute Grundlage für eine funktionierende Beziehung, findest du nicht auch?", sage ich durch meine Tränen hindurch, denn mittlerweile hat sich sein Büro schon wieder in ein Meer aus meinen Tränen verwandelt.
"Wie meinst du, es ist zu spät?" Seine Augen werden feucht. Ich wende mich zum Gehen. "Das, was ich gestern Abend gefühlt habe, will ich nie wieder fühlen und manchmal muss man eben die Sachen loslassen, die einen nicht weiterbringen. Du bist eine Sache davon", sage ich schweren Herzens und verlasse sein Büro, ohne auf eine Antwort von ihm zu warten.

Schnell streife ich mir meinen Mantel über und knipse das Licht meiner Schreibtischlampe aus. Bye Bye.
Auf dem Weg nach außen, laufe ich direkt Alex in die Arme. "Hey, Süße", begrüßt er mich lächelnd. "Du hast wohl schon Feierabend, du Glückliche? Chefassistentin müsste man sein."
Sein Lächeln stirbt sofort, als er mein tränenüberlaufenes Gesicht sieht. "Was hat er getan?" Ich schluchze und breche vor ihm zusammen. Er kniet sich neben mich und umarmt mich ganz fest. "Wir bringen dich jetzt erstmal hier raus", hilft er mir auf die Beine.
Jeder Schritt fühlt sich an, als würde ich auf Wackelpudding laufen. Im nächstbesten Café setzen wir uns an einen Tisch und ich wische mir die Tränen aus meinem Augenwinkel.
"Erzähl mir Alles", faltet Alex die Hände vor sich auf dem Tisch und sieht mich mitleidig an. Also tue ich es. Ich erzähle ihm einfach ALLES.

UnmoralischWo Geschichten leben. Entdecke jetzt