Teil 1

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Hier sitze ich nun in meiner neuen Wohnung in Los Angeles und warte auf den Anruf, dass mir die Leute von Billingsley endlich meinen Traumjob geben.
Ich habe keine Ahnung, ob ich sie überzeugen konnte, da das Gespräch ziemlich kurz ausgefallen ist und meine Interviewerin eine ziemliche Bitch war. Sie hat den Großteil der Zeit damit verbracht, mit den Augen zu rollen, und mich damit teilweise total aus dem Konzept gebracht.
Umso mehr zittere ich jetzt. Aus meiner zuverlässigen Quelle weiß ich, dass heute die Ergebnisse kommen sollten.

Ich versuche, mich abzulenken, und mache mir einen Tee. Als die Kanne auf meinem Herd anfängt, zu fiepen, höre ich mein Handy im anderen Raum klingeln.
Wie von der Tarantel gestochen, springe ich in mein Schlafzimmer und schnappe mir mein Handy. Unbekannte Nummer.
Ich atme nochmal tief ein und aus und nehme dann den Hörer an mein Ohr. "Lina Koslow", meine Stimme zittert genau wie meine Beine.
"Hallo, Ms Koslow. Hier ist Alexandra Berry von der Firma Billingsley", sagt eine Frauenstimme am anderen Ende. Ich halte die Luft an und warte ab. Ich habe extrem Angst, dass sie mir gleich eine Abfuhr gibt.
"Wir sind eben die Bewerbungsunterlagen nochmal durchgegangen. Leider haben wir in unserer Wirtschaftsabteilung derzeit keine Beschäftigungsmöglichkeit für Sie."
Die Tränen steigen mir in die Augen. Das kann nicht passieren. Das darf nicht passieren.
Kurz bevor ich tatsächlich in Tränen ausbreche, meldet sich Alexandras Stimme wieder am Hörer. "Unser CEO ist Ihre Bewerbung noch einmal durchgegangen und er verlangt, dass Sie seine persönliche Assistentin werden."
Ich schüttle verwirrt den Kopf. Der CEO ist meine Bewerbung durchgegangen und will mich als seine Assistentin?
"Also ich verstehe richtig, dass ich die neue Assistentin von Ihrem Boss werden soll?", setze ich an. "Ich habe leider keinerlei Ausbildung dafür."
Alexandra lacht. "Das ist vollkommen in Ordnung. In den ersten Tagen werden Sie alles beigebracht bekommen, sodass Sie am Ende des Monats komplett selbstständig arbeiten können." Ich halte kurz inne. Ich als die persönliche Assistentin des CEOs von Billingsley?
Ehrlich gesagt, habe ich den CEO noch nie gesehen, geschweige denn etwas von ihm gelesen. Allerdings ist es meine einzige Chance, in dieser hervorragenden Firma anzufangen.
Also sage ich das Erste, was mir in den Sinn kommt. "Alles klar."
Ich höre das Lächeln in Alexandras Stimme. "Das freut mich sehr. Sie können direkt am Montag um 8 Uhr zu Billingsley kommen. Fragen Sie einfach nach Mrs. Berry und dann werde ich Sie einarbeiten", sagt sie.
Ich lächle, obwohl sie das logischerweise gerade nicht sehen kann. "Vielen Dank für die Möglichkeit. Ich freue mich, Sie kennenzulernen. Bis Montag." Ich lege auf.

Im nächsten Augenblick habe ich schon meine beste Freundin am Ohr. "Hey, Kelly. Oh mein Gott. Ich muss dir erzählen, was gerade passiert ist. Kaffee bei unserem Lieblings-Coffeeshop?", sage ich hibbelig.

Kurze Zeit später sitzen Kelly und ich an unserem Stammplatz in dem kleinen schnuckeligen Café bei uns um die Ecke.
"Du sollst was?", starrt mich meine beste Freundin ungläubig an.
"Ich soll die persönliche Assistentin des Chefs werden", nippe ich kurz an meiner Tasse. Das ist genau das, was ich gerade nach dem Schock brauche. Einen doppelten Espresso, der stark ist und mich direkt munter macht.
Kelly schüttelt nach wie vor den Kopf, bevor sie mich wieder anschaut.
"Was ist?", frage ich und zucke mit den Schultern.
"Dir ist schon klar, dass dein neuer Boss ab Montag Riley fucking Billingsley höchstpersönlich sein wird." Erst jetzt nimmt sie den ersten Schluck aus ihrer Cappuccinotasse. Ich verstehe den Punkt nicht und lache deshalb nur. "Ja, und?"
"Und?", verschluckt sie sich beinahe. Als ich nicht antworte, rollt sie mit den Augen und stellt ihre Tasse vor sich auf den kleinen Tisch. "Und er ist ungefähr der heißeste Typ, der in ganz Los Angeles rumläuft und absolut jede Frau würde direkt mit ihm ins Bett steigen."
"Ich werde seine neue Assistentin und habe nicht vor, mit ihm ins Bett zu gehen.." Ich werde sofort von Kelly unterbrochen. "Hast du ihn denn schon mal gesehen?"
Ich schüttle den Kopf und lehne mich in meinem Sessel zurück. Ich liebe es, dass dieses Café so gemütlich eingerichtet ist.
Meine beste Freundin kramt ihr Handy heraus und tippt ein bisschen darauf herum, bis sie es mir unter die Nase hält. Mir stockt der Atem.
Ich glaube nicht, dass ich schon mal einen derart attraktiven Mann gesehen habe.
Ich bringe kein Wort raus und habe das Gefühl, dass ich bereits sabbere.
Jetzt lacht Kelly und hebt eine Augenbraue. "Zu viel versprochen?", stößt sie mich in die Seite.
Erst jetzt erwache ich aus meiner Starre und schüttle mich kurz. "Es gibt heißere Typen hier in LA", zucke ich mit den Schultern und greife nach meiner Tasse, um den letzten Schluck meines Espresso zu trinken.
Das war eine glatte Lüge, denn wenn ich ehrlich bin, habe ich den Männern hier in LA bisher nicht wirklich viel Aufmerksamkeit geschenkt.
Kelly gibt es schließlich auf, mich überzeugen zu wollen, und lässt das Thema fallen. Zumindest für diesen Moment.

Als ich schließlich wieder zuhause bin, durchwühle ich meinen Kleiderschrank nach etwas Passendem für meinen neuen Job.
Ich entscheide mich für eine schlichte schwarze Jeans, die meinen Arsch sehr gut formt, einer weißen Bluse mit leichtem Ausschnitt und eine Art Blazer, falls mir doch kalt werden sollte. Immerhin haben wir erst April und im April weiß man leider nie, wie das Wetter tatsächlich werden soll.
Den gesamten Sonntag bereite ich mich mental darauf vor, ab morgen meine neue Stelle, für die ich weiß Gott nicht qualifiziert bin, anzutreten.

UnmoralischWo Geschichten leben. Entdecke jetzt