Telefonat

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Als wir eine riesige Schachtel Pralinen vor stehen uns hatten begann ich neugierig ihm Fragen zu stellen.
"Hast du mehrere Geschwister?"
Kauend nickte er.
"Drei. Zwei Schwestern und einen Bruder, weißt du ja schon.
Hast du Familie?"
Unbestimmt zuckte ich mit den Schultern.
"Das hat was mit der Uhr zu tun, nicht?"
Ich beschloss ihm es einfach zu erzählen.
Was konnte schon schiefgehen?
"Meine Eltern sind als ich sieben war bei einem Autounfall gestorben. Sie hatten beide keine Geschwister, meine Großeltern waren auch schon Tod, also bin ich bei dem besten Freund meines Vaters und seiner Frau aufgewachsen. Der Sohn der beiden, Charlie, ist meine Familie."
Ich atmete tief durch.
Immer noch fiel es mir schwer mit jemandem darüber zu reden, aber bei ihm war es leichter als sonst.
Chris nickte verständnisvoll und lenkte das Gespräch auf ein anderes Thema.
"Was machst du beruflich?"
"Mir gehört eine größere Zeitung hier in Boston."
Seine Augen wurden groß.
"Du bist Geschäftsführerin?"
"Auch, ja."
Nervös lachte ich.
"Was machst du so, außer Leute, die man gerade angefahren hat, auf einen Kaffee einzuladen?"
Er grinste.
"Ich bin Schauspieler."
Was sollte ich jetzt tun? Zugeben dass ich ihn jetzt kannte?
Oder ahnungslos stellen? Ich wählte den Mittelweg.
"Bist du Captain America? Auf den Postern überall?"
Tatsächlich hätte er seinem derzeitigen Aussehen nach noch abstreiten können Captain America zu sein, auf den Postern war sein Gesicht nämlich nur schwerlich erkennbar.
Er wurde etwas rot.
"Mhm. Der Film kommt bald in die Kinos."
"Das ist doch cool!"
Ich hatte das Gefühl ihn aufmuntern zu müssen.
"Erzähl was von dir. Merkwürdige Vorlieben, Hobbys, Lieblingsbuch..."
Er lachte laut los.
"Merkwürdige Vorlieben sind dir genau so wichtig wie das Lieblingsbuch?"
Ich ließ mich von dem Lachen anstecken.
"Ich denke schon."
"Also. Seltsame Vorlieben... Ich mag kaltes Wetter. Ich mache viel Sport und es ist banal sich auf ein einziges Buch zu beschränken. Du bist dran."
Zwinkerte er mir zu.
"Ich dusche immer mit kaltem Wasser. Das war irgendwie schon immer so.
Ich lese gerne und bin froh wenn ich hin und wieder mal Zeig habe Joggen zu gehen. Und ich liebe Fantasy-Romane und ältere Bücher, zum Beispiel von Sir Arthur Conan Doyle oder Jules Vernes."
"Du duscht kalt?"
Er runzelte die Stirn.
"Ich mag das irgendwie."
"Woher kommt dein Name?"
Belustigt verdrehte ich die Augen.
"Mein Vater war ein Riesen Verehrer von F.Scott Fitzgerald. Wäre ich ein Junge geworden hieße ich jetzt Francis Scott, aber als klar wurde dass ich ein Mädchen werden würde wollte er mich ursprünglich nach seiner Frau, Zelda benennen. Dagegen hat sich meine Mom dann aber gewehrt, und irgendwann waren sie beide mit Zada einverstanden."
"Ist der Ring an deinem Finger das was ich vermute?"
Einen Moment lang wurde seine Miene düster.
Mich plötzlich unwohl fühlend versuchte ich den Diamantring von
Simon mit meiner Hand zu verstecken. "Das ist eine sehr lange Geschichte."
Wir unterhielten uns noch eine Weile, ließen sein Auto stehen und spazierten ein Stück. Irgendwann liefen wir zurück in die Stadt, das Laufen fiel mir immer leichter, und wir verabschiedeten uns vor dem Buchladen voneinander.
"Sehen wir uns wieder?"
Hoffnungsvoll blickte er mich aus seinen wundervoll blauen Augen an.
Er wollte mich trotz meiner Verlobung noch sehen!
"Ich hab ja deine Nummer. Was hältst du davon wenn ich das nächste mal etwas ich uns was schönes raussuche?Ich kenne ein paar nette Cafés in Boston."
Er lächelte glücklich.
"Schreib mir wenn du Zeit hast."
"Mach ich."
Zum Abschied küsste er meine Wange, winkte und joggte zurück zu seinem Auto.
Völlig durcheinander betrat ich den Buchladen.
Charlie brachte gerade in den Eingangsbereich ein wenig Ordnung und bemerkte mich gleich.
"Wie wars?"
"Er ist toll."
Seufzte ich wehmütig.
"Bevor du ins Schwärmen gerätst- Dein Verlobter war hier. Er wollte wissen ob es dir gut geht."
"Immerhin."
Schnaubte ich.
"Du weißt ich mag ihn nicht besonders, aber du solltest ihn anrufen."
"Ja...ich weiß. Ich bin im Lager."
Durch eine kleine Seitentür verschwand ich in das Lager der Buchhandlung und wählte Simons Nummer.
"Zada?"
Meldete er sich. Den Klang seiner Stimme konnte ich nicht deuten.
"Ja. Hi Simon."
"Oh Gott sei Dank dir geht es gut! Ich habe mir Sorgen gemacht!"
Deshalb hatte er mich so oft (nicht) angerufen?
Ohne auf eine Antwort zu warten redete er weiter.
"Bitte komm wieder nach Hause Z. Es tut mir wirklich leid wie wir am Freitag auseinander gegangen sind."
Vorerst hatte ich keine andere Wahl ihm zu verzeihen.
"Mir auch ,Simon. Kannst du mich Morgen bei Charlie abholen und zum Artzt bringen? Danach fahren wir nach Hause."
"Natürlich. Ich bin um zehn da. Ich freue mich auf dich!"
Unzufrieden legte ich auf.
Ich war an meinem Unglück selbst ja auch nicht unschuldig, ich ließ Simon so viel durchgehen!
Als ich das Lager verließ waren die Lichter im Laden schon aus, Charlie wartete am Eingang auf mich.
"Wie sieht's aus?"
"Er holt mich morgen um zehn ab."
Meine Stimme klang wohl etwas zu monoton.
"Bist du dir sicher dass du nicht noch bei uns bleiben willst?"
Bittend legte er einen Arm um mich.
"Charlie, wir wissen beide dass ich das nicht kann. Dieses ungewisse getrennt- Leben.
Er kriegt noch eine Chance.
Dann sehe ich weiter."
Charlie seufzte laut.
"Ach Zada. Was soll nur aus dir werden?"
Ich begann zu lachen.
Und war einen Moment lang einfach komplett glücklich.

Just in time (Chris Evans FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt