Erleuchtung

5.8K 272 14
                                    

Chris schrieb mir nicht erst als er wieder da war. Während er weg war versüßte er mir den Alltagsstress mit witzigen Telefonaten.
"Ich sehe dich."
Grinsend hörte ich wie er erschrocken die Luft einzog.
Dann lachte er am Telefon.
"Was auch immer du dir da auf deinem Computer ansiehst, mach es aus, zu deinem eigenen Wohl!"
"Du bist machtlos"
Wie ein verrückter Wissenschaftler lachte ich in das Telefon und stellte das gerade anlaufende Video auf laut, sodass er mithören konnte.
Als das Video begann brach ich fast ab vor Lachen und hatte Schwierigkeiten auf dem Sofa sitzen zu bleiben.
"Du singst!"
Krähte ich.
Aus Protest begann Chris am anderen Ende der Leitung so laut zu singen dass das Video kaum hörbar wurde.
"Don't Stop!"
"Believing!"
Stieg ich lachend mit ein.
Doch unser Interessantes Gespräch wurde unterbrochen als Simon aus der Dusche rief.
"Schatz, mit wem Singst du da?"
"Okay, ich muss schluss machen, wann bist du wieder da?"
Flüsterte ich ins Telefon.
"Nächste Woche, Freitag.
Wir sehen uns?"
"Klar"
Lächelte ich und legte auf.

"Wer war das vorhin am Telefon?"
Bei dieser Erinnerung fing ich wieder an zu lachen.
Simon, der mir gegenüber am Esstisch saß, blickte mich misstrauisch an.
"Ach das, war nur Charlie mit Frank... Frank wollte zeigen wie gut er singen kann."
Überrascht, wie leicht mir diese Lüge über den Mund gekommen war, fasste ich mir an die Lippen.
"Alles in Ordnung?"
Halb Besorgt blickte mich Simon an.
"Jaja, alles gut, mir ist nur ein wenig schlecht.
Ich glaube ich geh ins Bett."
Seit dem Unfall lebten Simon und ich distanziert voneinander. Zärtlichkeiten waren schon kaum mehr Normalität, und Sex hatten wir nur noch etwa alle zwei Wochen.
Was war aus uns geworden?

"Morgen Chef. Nettes Foto."
Verwirrt nickte ich Bridget zu und fuhr in mein Büro.
Die morgendliche Versammlung hatte ich verpasst, Leo hatte sie für mich abgehalten.
Seufzend betrat ich mein Büro, in dem Sarah auf mich wartete.
"Ich dachte du wärst verlobt."
Grinste sie zur Begrüßung.
"Was meint ihr alle?"
Verzweifelt hob ich die Hände in die Luft.
"Na das hier."
Sie warf mir den Lokalteil unserer vorletzten Ausgabe zu, den ich geschickt auffing.
"Das kann doch nicht- von wem ist das?"
"O'Mally. Soll ich ihn hochbestellen?"
Gereizt strich ich mir durch die Haare.
Kein guter Tag, obwohl morgen Chris zurückkommen würde.
Vor mir auf dem Schreibtisch lag die Klatsch-und-Tratsch Seite der Zeitung, und in der Mitte des Blattes prangte ein Bild von mir, wie ich gerade Chris im Restaurant fütterte.

Der Bostoner Schauspieler Chris Evans mit einer Journalistin im neuen Szenerestaurant 'Guess'.
Ist er etwa kein Single mehr? ...

Ein völlig verängstigter Journalist betrat mein Büro.
"Was gibt es, Mrs. Gerald?"
"Setzen sie sich doch."
Betont freundlich deutete ich den dicklichen Mann mit Lockenpracht und Hornbrille auf den Stuhl gegenüber meinem.
Ich blieb stehen.
Langsam schob ich die Seite zu ihm herüber, richtete mich auf und verschränkte erwartungsvoll die Arme vor der Brust.
"Was ist das, Mr. O'Mally?"
Ich sprach leise und bedrohlich.
"Meine Seite?"
"Sehr gut. Und von was berichten sie in der Mitte?"
Seine Augen wurden groß und er blickte zwischen mir und dem Foto hin und her.
Er wollte gerade dazu ansetzen, etwas zu sagen, doch ich fuhr ihm über den Mund.
"Wissen sie was das für eine Demütigung ist, in seiner eigenen Zeitung zuerst unfreiwillig zur Schau gestellt zu werden und dann davon auch nichts zu wissen?!
Wissen sie, was das für folgen für mich, und noch viel schlimmer, für sie haben könnte?"
Der Mann zuckte zusammen.
Meine Wut rührte daher, dass ich mich ertappt fühlte.
Es war komisch sich selbst in der Zeitung mit Chris zu sehen.
"Woher haben sie die Fotos?"
Bellte ich.
"Ich...ich weiß es nicht, ich habe die Adresse auf meinem Schreibtisch..."
"Sie haben Glück, eigentlich wäre es jetzt nicht mehr ihr Schreibtisch. Wenn ich noch ein mal ein Foto von mir in der Zeitung sehe, ohne davon zu wissen, werfe ich sie höchstpersönlich hinaus!
Sie haben noch eine Chance.
Ihr Chefredakteur wird davon erfahren, er wird ein Auge auf sie werfen."
"D-Danke Chef... Wie kann ich ihnen nur Danken?"
"Gehen sie einfach, O'Mally."
Seufzte ich resigniert und machte eine wedelnde Handbewegung.
Während der Journalist meinen Arbeitsplatz verließ, schlüpfte Sarah durch die Tür.
Sie warf sich grinsend auf das Sofa und biss in einen Apfel aus der Obstschale.
"Also."
Ich setzte mich ihr gegenüber auf die Couch und nahm ihr den Apfel aus der Hand.
"Chris Evans?"
Genüsslich lächelte ich dem Apfel zu.
An diesem Morgen hatte ich keine Zeit mehr für ein Frühstück gehabt.
"Er hat mich angefahren."
Sarah richtete sich auf und zog eine Augenbraue nach oben.
"So wie bei Jane Foster und Thor? Umgekehrt halt?"
Ich lachte.
"Ich bin am verzweifeln, Sarah. Simon wird immer schlimmer und mein Hirn stellt Chris als strahlenden Ritter in weißer Rüstung dar."
"Dein Kopf gibt Chris also die Rolle eines Retters..."
Sie schmunzelte.
"Hör auf Freud zu lesen!"
Lachte ich nur.
"Wie oft habt ihr euch schon getroffen?"
"Vier mal."
"Irgendetwas passiert?"
"Ein Kuss."
"Da haben wirs. Du klingst bedauernd."
"Klinge ich..."
Mein Widerspruch blieb mir im Hals stecken.
"Darf ich eine Lösung vorschlagen?"
Ich stöhnte und warf mir die Hand vor die Stirn.
"Du sagst mir doch sowieso was du denkst."
"Okay. Also..."
"Erwartest du einen Trommelwirbel?"
Grinste ich und brachte Sarah zum Lachen.
"Du musst mit ihm schlafen."
Verblüfft blieb mir die Luft weg.
"Äh... Hast du vergessen dass ich verlobt bin?"
"Das bist du erstens erst seit kurzem und zweitens zählt das nicht direkt."
Ich wollte Einwand erheben, aber sie redete einfach weiter.
"Es gibt genau zwei Möglichkeiten, Zada. Entweder der Sex ist gut, und du bekommst der Orgasmus bringt dir Erleuchtung über deine wirklich blöde Situation, oder es ist schlecht und... naja, du kannst es gleich vergessen."
"Du weißt dass du mich hin und wieder fertig machst, Sarah?"
Sie sprang auf, nahm ihr Ipad und salutierte.
"Stets zu Diensten, M'am!"
Dann warf sie mir einen Kussmund zu und entschuldigte sich.
"Ich weiß genau dass du zu Leo gehst!"
Rief ich ihr lachend hinterher.
Mit erhobenem Zeigefinger und noch höherem Kopf stolzierte sie aus der Milchglastür.
"Erleuchtung, Zada, Erleuchtung."

Just in time (Chris Evans FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt