Frei

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"Hm?" Natürlich. Simon hatte mich nicht gehört. "Ich sagte wir müssen reden."
Er blickte auf, faltete die Zeitung fein säuberlich und legte sie neben sich auf den Tisch.
Mit fast schon interessiertem Blick betrachtete er mich.
"Ich wollte auch mit dir sprechen."
"Na dann, du zuerst."
Mich interessierte, was er zu sagen hatte und ich musste mir noch meine nächsten, so entscheidenden Worte überlegen und zurechtlegen.
"Ich finde wir sollten mit den Hochzeitsvorbereitungen beginnen."
Mein Kiefer klappte unwillkürlich nach unten.
"Dein voller ernst?"
Er nickte, als wäre es selbstverständlich.
"Zwischen uns läuft es doch zur Zeit so gut wie noch nie!"
"Ich fass es nicht!"
Ich sprang auf und fuhr mir über die Stirn, Simon blieb sitzen. Er war nun doch ein wenig verwirrt.
"Du willst wirklich nur ne Vorzeigefreundin!"
Er runzelte die Stirn.
"Du willst jemanden der dich bekocht, der dich beglückt wenn du ach so gestresst nach Hause gewankt kommst, nach Whisky stinkend, der zu allem was du sagst nur ein Amen geben kann, der hübsch aussieht und lächelt und nickt!"
Ich merkte wie ich lauter wurde, unruhig tigerte ich auf und ab.
"Nein Zada, das stimmt nicht!"
"Wie kann es dann sein dass es mir in letzter Zeit scheisse geht und du trotzdem findest dass es 'so gut wie noch nie' läuft?!"
"Dir geht es schlecht? Warum sagst du mir das nicht?"
"Du hast doch echt keine Ahnung."
Schnaubte ich.
"Bitte Zada, beruhige dich, wir nehmen eine kleine Auszeit und reden dann weiter."
Ich lächelte.
"Dafür ist es längst zu spät. Gib mir eine Stunde, dann bin ich weg."
"Ist das jetzt dein ernst?"
Geschockt stand er auf.
"Voll und ganz."
"Warte doch, du kannst doch nicht einfach..."
"Was kann ich nicht? Ausziehen? Schluss machen? Willst du mir sagen was ich tun soll?"
Ich stampfte ins Schlafzimmer, zerrte meinen größten Koffer unterm Bett hervor und fing an, den gar nicht mal so großen Inhalt meines Kleiderschrankes in diesen hineinzupacken.
Als meine Seite des Schrankes leer war, machte ich mich daran meine restlichen Sachen zusammenzusammeln, was ja nicht wirklich viel war, so kahl unsere Wohnung doch gewesen war.
Simon redete währenddessen auf mich ein.
"Das ist doch nicht etwa wegen diesem Schauspieler, oder? Daraus kann doch nie was werden!"
"Es hat nichts mit dem Schauspieler zu tun!"
Schrie ich, während ich mich bemühte die Tränen zurück zu halten.
An Chris erinnert zu werden tat weh. Ich wollte nicht daran denken dass er vielleicht auch weg war.
Ein letztes mal sah ich mich in der Wohnung um. Hoffentlich würde ich nie wieder dort hin müssen.
Ohne meine Sachen, die in zwei Koffer gepasst hatten, sah es noch kahler aus. Simon hatte die Wohnung damals möbliert gekauft, nur mein Sofa war geduldet gewesen.
Vielleicht würde ich Carter fragen ob er mir das Ding bringen könnte, ich verstand mich einigermaßen gut mit ihm.
Ich nahm die beiden Koffer und schob sie durch den Gang zur Eingangstüre.
"Den Ring brauche ich nicht mehr. Steck ihn einem anderen Dummchen an den Finger."
Sah er wirklich verletzt aus oder bildete ich mir das nur ein?
Egal, es gab kein zurück mehr, dieses Kapitel meines Lebens war abgeschlossen.
Trotzdem musste ich ein wenig grübeln.
Ich hatte anscheinend wirklich Talent, Männer zu verletzen.
Draußen auf der Straße atmete ich erst einmal tief durch, und nahm dann mein Handy aus einer der zusätzlichen Taschen.
"Hey Charlie. Kannst du mich abholen? Mit dem großen Auto?"
"Klar. Du bist zuhause?"
"Ich steh vor der Tür."
Trotz der Situation musste ich lächeln.
Charlie stellte keine Fragen wenn es um mich ging, er kam einfach.

Als er vorfuhr ließ er zuerst die Fensterscheibe des Beifahrersitzes herunter und lächelte.
"Möchte die Werte Dame verreisen?"
Dann stieg er aus und half mir alles in den Wagen zu stopfen.
Erst als ich neben ihm saß, und das Auto sich schon in Bewegung gesetzt hatte, stellte er eine Frage.
"Ist das endgültig?"
Ich seufzte, und mein Herz wurde leicht als ich es aussprach.
"Ja."
Hätte ich vorher gewusst, wie gut und frei ich mich nach der Trennung fühlen würde, hätte ich wohl schon früher alles beendet.
Nun ja, hätte hätte Fahrradkette, wie ein nicht ganz heller deutscher Politiker einmal weise gesagt hatte.
"Ich hab erst gestern in deinem Zimmer gesaugt."
Ich musste laut loslachen.
Das Lachen wollte gar nicht mehr aufhören, erst als wir vor seinem Haus ankamen riss ich mich zusammen und wischte die Lachtränen aus dem Augenwinkel.
"Tut mir leid, aber an dich als Hausmann muss ich mich erst noch gewöhnen."
"Jaja, ist ja gut."
Grummelte Charlie, grinste dann aber auch.
Als wir gerade meine Sachen in mein Zimmer im ersten Stock gebracht hatten kam Rose nach Hause, mit einer schlafenden Grace in der einen, und einem quängelndem Frank an der anderen Hand.

"Da sehe ich dich drei Tage lang nicht und du schaffst es in der Zwischenzeit deine komplette Welt auseinanderzunehmen."
Wir hatten es uns als die Kinder schliefen, wie üblich, im Wohnzimmer mit Drinks gemütlich gemacht.
"Nicht dass ich nichts dagegen habe, dass du dich von Simon getrennt hast meine ich"
Setzte Rose fort, schon eindeutig alkoholisiert.
Charlie war als einziger noch nüchtern.
"Aber was ist denn jetzt mit Chris?"
Auch schon merkbar angetrunken legte ich ließ ich den Kopf kreisen.
"Bitte Rose, ich bin gerade viel zu gut drauf das zu besprechen."
Mit ernster Miene nickte Charlie, Rose giggelte nur.
Ächzend rappelte ich mich auf.
"Gute Nacht Leute, ich geh schlafen."
"Schoon?"
Rose blickte ungläubig hoch zu mir.
"Weißt schon, viel los heute."
In meinem Zimmer setzte ich mich, mittlerweile ziemlich niedergeschlagen, auf die Bettkante.
Irgendwann, es musste schon eine ganze Weile vergangen sein, ich war schon fast wieder nüchtern, merkte ich wie sich Charlie neben mich setzte.
Erst nach ein paar Minuten merkte ich das, so versunken war ich in meinen Gedanken gewesen.
"Wo ist deine verrückte Frau?"
"Hat sich doch schon davon überzeugen lassen, dass schlafen eine gute Sache ist. Kennst sie doch, unter Alkoholeinfluss vergisst sie das immer."
Neidisch beobachtete ich, wie sein Blick träumerisch wurde.
Ich hatte Angst dass ich meine Chancen auf etwas ähnliches gerade verspielt hatte.
"Obwohl Simon ein Dreckskerl war fühlts sich komisch an, nicht?"
Mitfühlend schaute er mich an.
"Nein... das ist es nicht. Ich habe mich mit Chris gestritten, hat nicht gut geendet, und jetzt habe ich Angst dass er meine Chance auf... sowas wie du und Rose war."
Charlie lachte.
"Hey, das wird wieder. Wenn er sich wirklich in dich verliebt hat, und du dich auch in ihn, kriegt ihr das wieder hin."
"Sehr hilfreich."
Schnaubte ich, lächelte dann aber.
"Und jetzt schlaf. Den ganzen kack können wir auch morgen besprechen."
Ich kuschelte mich in die Bettdecke, Charlie wartete bis ich schlief.
Ich glaube, meine letzten Worte waren
'Kack darf man nicht sagen.'

Just in time (Chris Evans FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt