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45. Urlaub und Überanstrengung

"Die Liebesgabe ist ein Gebet ohne Worte. Und wie jedes Gebet verlangt sie Disziplin - eine Disziplin, die nicht Unterwerfung ist, sondern frei gewählt."
Paulo Coelho - Die Schriften von Accra

"Die Jungs müssten in einer halben Stunde da sein",  teile ich Afra mit, welche noch die letzten Kleinigkeiten einpackt, so dass wir direkt alles in die Autos laden können, sobald die Jungs da sind.
"Denkst du, es war eine gute Idee zuzusagen?"
"Also um dir nun diese Frage zu stellen, ist es echt zu spät, Afra."
"Man Mediha, ich weiß doch auch nicht. Die Gespräche mit ihm sind immer so unbeschwert. Es ist so einfach sich mit ihm zu unterhalten. Es fühlt sich friedlich an."
"Und wo ist das Problem?"
"All das ist das Problem. Ich bin nicht bereit für ein neues Drama."
"Du weißt, dass es nicht erneut in einem Drama enden muss. Abgesehen davon machst du dir viel zu viele Gedanken. Lass es doch einfach auf dich zukommen. Schau, wie sich alles entwickelt. Verkopf dich nicht zu sehr. Du weißt doch am besten, dass das nichts bringt. Denn es kommt immer anders als man denkt."
"Ich weiß, du hast ja Recht", Afra seufzt tief und lässt sich auf der abbezogenen Matratze nieder. da die ganzen Möbel dem Studentenwerk gehören, musste sie diese nicht verkaufen oder zurück nach Hause transportieren lassen, was extrem praktisch ist. In den befüllten Kisten befinden sich Geschirr, Klamotten, Bücher und Dekosachen. Es sind also zum Großteil nur Kleinigkeiten.
Bevor ich etwas erwidern kann, klingelt es an der Tür.
"Unsere Retter in Not sind da", grinse ich sie an und sehe, wie sie ihre Augen verdreht. Ich wende mich von ihr ab und laufe zur Tür, um diese zu öffnen. Widerwillig steht Afra von ihrem Bett auf und dackelt mir hinterher.

Nach einer kurzen Begrüßung entscheiden wir uns die Sachen in die Autos zu tragen, danach essen zu gehen und die Stadt etwas zu erkunden.
Da Afra's Wohnung nicht barrierefrei ist, wartet Shervin bei den Autos und legt die Kisten, die wir zu ihm runtertragen in die Autos.
Sobald ich bei meinem Ehemann ankomme, schlinge ich meine Arme um ihn: "Hast du mich vermisst?", frage ich grinsend.
"Ich habe eher die Ruhe ohne dich genossen."
Böse funkele ich ihn, was er lachend quittiert.
Als ich mich umdrehen will, um wieder in die Wohnung zu laufen, greift er nach meiner Hand.
"Du weißt gar nicht, wie sehr ich dich vermisst habe, Mediha. Es waren nur drei Tage, doch hat sich das wie eine Ewigkeit angefühlt. Mir war gar nicht bewusst, dass mir deine Abwesenheit so viel ausmachen würde."
Meine Hand wandert zu seiner rechten Wange, welche ich streichele. Als ich sehe, wie Afra und Samir mit der nächsten Ladung kommen, trenne ich mich von Shervin.
"Wir sollten weiterhelfen, bevor wir noch Ärger kriegen."

Die Beladung der Autos dauert nur eine halbe Stunde, da Shervin und Samir jeweils mit ihren eigenen Autos hergefahren sind, haben wir auch kein Platzmangel. Sobald wir ausgemacht haben, in welchem Restaurant wir uns treffen, steigen wir in die Autos und fahren los.
"Wie schätzt du die Situation ein?", frage ich Shervin, um herauszufinden, was Samir durch den Kopf geht. Er und Afra sitzen gemeinsam in seinem Wagen.
"Er hätte das Angebot nicht gemacht, wenn er sich all das nicht gut überlegt hätte. Wie sieht's bei Afra aus?"
"Sie hätte das Angebot nicht angenommen, wenn sie es sich nicht genau überlegt hätte. Aber sie hat Angst davor erneut verletzt zu werden."
"Dann ist das ihre zweite Gemeinsamkeit."
Ich hoffe nur, dass diese Gemeinsamkeiten es schaffen sie noch mehr zusammenzuschweißen und sie nicht an ihren Ängsten zugrunde gehen. Denn Angst ist nicht rational und lässt uns oft falsche Entscheidungen treffen.

Während dem Essen beobachte ich Afra und Samir's Interaktion gründlich, doch scheint alles so wie vor einigen Wochen. Kurz bevor wir aufstehen wollen, kriegt Afra einen Anruf von Faris. Die beiden unterhalten sich kurz und ich entnehme dem Gespräch, dass er Afra noch kurz sehen will, bevor wir uns auf den Weg begeben. Afra teilt ihm mit, dass es klargeht, wir uns Richtung Stadt begeben werden und sie ihren Livestandort anmachen wird, damit er uns ganz einfach finden kann.