"Man darf nicht verlernen, die Welt mit den Augen eines Kindes zu sehen."
- Henry Matisse"Shervin", allein an Daphnes Ton merke ich, dass sie etwas von mir verlangen wird.
"Nein du kleine Hexe."
"Aber du weißt gar nicht, was ich will!"
"Trotzdem nein."
"Du bist ein böser Onkel!"
Auf ihre Worte muss ich lachen und ziehe sie auf meinen Schoß. Ich inhaliere ihren kindlichen Duft tief in mich.
"Was willst du denn?", frage ich sie. Es gibt keinen Wunsch, den ich ihr wirklich ernsthaft abschlagen kann.
Sie legt ihre Hände auf meinen Bart und lässt sie über diesen fahren, während sie in Gekicher fällt, weil mein Bart sie kitzelt.
"Kannst du mit mir zum Weihnachtsmarkt fahren? Bitteeeeee!", sie sieht mich aus ihren großen dunklen Glubschaugen an, zieht das E in die Länge und schmollt.
"Du spielst mit unfairen Mitteln", seufze ich, denn sie weiß, dass ich ihr keinen Gefallen abschlagen kann, wenn sie so handelt.
"Also ja?", fragt sie glücklich grinsend.
"Wir waren doch erst letztens da."
"Aber ich will Zuckerwatte und einen Schneewittchenapfel."
"Das heißt immer noch nicht Schneewittchenapfel", versuche ich vom eigentlichen Thema abzulenken.
"Doch tut es! Und du wirst mir einen kaufen!"
"Bitte?", frage ich verständnislos, weil sie frech wird.
"Bitte!", grinst sie mich zuckersüß an.
"Daphne", seufze ich erneut.
"Also ja?"
Kurz überlege ich und entscheide mich ziemlich schnell dafür, dass das der perfekte Zeitpunkt ist, damit nun auch Daphne Mediha kennenlernt.
Die ganzen Süßigkeiten werden ihr den Kopf verdrehen, so dass sie nicht wirklich böse zu Mediha sein kann. Denn diese kleine Hexe hasst es die Aufmerksamkeit, welche auf ihr liegt, zu teilen.
"Nur wenn ich jemanden mitnehmen darf."
"Kommt Samir?", fragt sie mit leuchtenden Augen.
"Nein, jemand anderer."
"Wer denn? Deine anderen Freunde kenne ich gar nicht."
"Die brauchst du auch nicht kennen."
"Wer kommt dann mit?"
"Du weißt ja, dass ich zur Uni gehe?"
"Ja, da lernst du wie in der Schule lesen, stimmt's?"
Auf ihren kindlichen Gedankengang muss ich laut lachen und gebe ihr einen Kuss auf die Wangen.
"Shervin das kitzelt", kichert sie.
"Ganz so ist es zwar nicht, aber ja ich gehe dahin, um zu lernen. Und da habe ich eine Freundin, die ich gerne einladen würde."
Kurz herrscht Stille und ich warte gespannt auf ihre Reaktion.
"Ein Mädchen?"
"Ja, sie ist ein Mädchen."
"Wirst du sie dann heiraten?"
Ich halte inne, was dafür sorgt, dass meine Schwester und mein Schwager anfangen zu lachen.
"Wie kommst du auf sowas?", frage ich sie etwas irritiert.
"Destans Onkel hatte auch eine Freundin und dann haben sie geheiratet", erklärt sie mir, als ob sie über das Logischste auf der Welt reden würde.
"Wer ist Destan?"
"Mein Freund aus dem Kindergarten."
"Dein Freund? Ein Junge?" Meine Blicke drehen sich zu meinem Schwager: "Und du erlaubst das?"
Bevor er jedoch etwas erwidern kann, schreitet meine Schwester ein: "Das sind kleine Kinder Shervin, mach mir jetzt ja keine Eifersuchtsszene." Das kannst du dir für Mediha aufsparen, ergänzt sie lautlos, nur ihre Lippen bewegend.
"Warum soll Papa das nicht erlauben? Erlaubt dir Opa nicht, dass du mit deiner Freundin in der Uni bist?", fragt meine Nichte sichtlich irritiert von der Situation.
Meine Schwester amüsiert das Ganze natürlich unfassbar, weswegen sie laut lacht.
Ich schüttele lediglich mit dem Kopf.
"Also darf Mediha jetzt mitkommen?"
"Heißt deine Freundin so?"
Ich nicke.
"Das ist kein schöner Name", bemerkt sie.
"Warum denn nicht?"
"Mein Name ist schöner."
"Dein Name ist der schönste überhaupt. Also ja oder nein?"
"Wirst du sie denn heiraten?"
"Jetzt nicht, aber später schon."
Daphne verschränkt ihre Arme vor der Brust.
"Ich wollte mit dir heiraten!"
Auf ihre kindlichen Worte muss ich lachen.
"Daphne, ich bin dein Onkel, du kannst mich nicht heiraten."
"Aber ich liebe dich", versucht sie mir verzweifelt weis zu machen.
"Ich liebe dich auch und daran wird sich nie etwas ändern. Auch nicht, wenn ich heirate. Aber ich kann dich nicht heiraten, weil ich dein Onkel bin."
"Darf ich dann Samir heiraten?"
"Ich glaube, er ist bisschen zu alt für dich."
"Nein! Er hat mir gesagt, dass er mich heiraten wird, wenn ich groß bin."
Da ich schnell merke, dass dieses Gespräch in eine Sackgasse führen wird, gebe ich nach.
"Okay, wenn du groß bist, darfst du Samir heiraten. Also darf Mediha mitkommen?"
"Muss das sein?"
"Ja, ich will, dass du sie kennenlernst. Du wirst sie mögen."
"Nein, werde ich nicht."
Ich hebe sie etwas in die Höhe, so dass sie von oben auf mich schauen kann, das hier bringt sie immer zum Lachen.
"Dann lasse ich dich aber nicht runter. Außerdem habe ich ihr viel von dir erzählt und sie will dich unbedingt kennenlernen."
"Ich sie aber nicht."
"Dann darfst du nicht runter."
"Papa hilf mir", ruft sie lachend.
"Das ist zwischen deinem Onkel und dir, da mische ich mich nicht ein."
"Feryal hat auf jeden Fall die richtige Entscheidung getroffen, als sie dich geheiratet hat", grinse ich ihn an.
"Okay, okay lass mich runter, ich werde sie mögen."
"Versprochen?"
"Ja."Als ich sie wieder auf meinem Schoß absetze, wandern ihre Hände erneut an meinen Bart.
"Versprichst du mir, dass du mich trotzdem lieben wirst?"
Meine Arme schlinge ich um sie, damit ich sie in eine feste Umarmung ziehen kann.
"Ich werde dich immer lieben, Daphne! Immer! Du wirst dich immer auf mich verlassen können, ich werde für dich da sein, egal was ist. Vergiss das nicht."
Sie strahlt mich an und legt dann ihre zierlichen Arme um meinen Nacken.
"Ich liebe dich so sehr, Shervin", beichtet sie mir.
"Ich dich auch, kleiner Engel.""Du hast mich aber schnell vermisst", spreche ich lachend in mein Handy, während ich Daphne dabei beobachte, wie meine Schwester ihr die Haare flechtet.
"Ich vermisse dich immer, Shervin. Du kannst eigentlich bei uns wohnen."
"Versuchst du mich gerade um den Finger zu wickeln?"
"Wie? Das geht doch gar nicht? Du bist viel größer als mein Finger." Auf ihre Worte müssen meine Schwester und ich laut lachen.
"Erzähl mal, wieso du mich angerufen hast, wir waren doch erst vor einer Stunde zusammen."
"Ja, aber weil Mediha im Auto war, konnte ich dir nicht sagen, was ich über sie denke."
"Ach verstehe, was denkst du denn über sie?", frage ich mit einem Schmunzeln.
"Sie ist hübsch."
"Das ist sie wirklich", da ich sehe, wie meine Worte die Eifersucht in meiner Nichte auslösen, füge ich schnell die nächsten Worte hinzu: "aber du bist hübscher. Du bist die hübscheste Prinzessin."
Daphne kichert auf meine Worte.
"Ich mag sie, sie hat mir Zuckerwatte gekauft und sie ist nett. Wenn du willst, kannst du sie heiraten."
"Danke, das ist sehr nett von dir."
"Aber!", kommt es dann von ihr.
"Ja aber?"
"Ich werde dich trotzdem dann immer besuchen kommen, okay?"
"Natürlich! Daran wird sich nichts ändern. Wir können dann zu dritt spielen und einen Prinzessinnen-Film schauen, macht zu dritt bestimmt mehr Spaß."
"Sehen meine Haare gut aus?", fragt sie ihren Kopf hin- und herwackelnd. Sie hofft vermutlich dadurch, dass ich etwas sehe, doch merkt sie nicht, dass es genau das Gegenteil bewirkt.
"Sie sehen sehr gut aus, das steht dir sehr", antworte ich dennoch, während meine Schwester mit ihren Lippen das Worte Lügner formt.
"Dankeschön. Ich muss jetzt schlafen, gute Nacht Shervin."
"Gute Nacht kleiner Engel."
Sie schenkt mir noch einen Luftkuss und legt dann auf.
Der Anruf von Daphne und der gelungene Tag sorgen für ein friedliches Lächeln auf meinen Lippen. Es ist ein schönes und beruhigendes Gefühl.Das Kapitel ist sehr kurz und das obwohl letzte Woche schon nichts kam, das weiß ich und es tut mir auch sehr leid!
Aber diese ganze Lockdown Sache fängt langsam an, an meinen Nerven zu zerren und das wirkt sich extrem auf meine Motivation aus. Hinzu kommt, dass ich mein Zeitgefühl verloren habe.
Ich hoffe euch geht es besser und ihr kommt besser klar damit!
Ich wollte einfach mal, dass ihr Shervins Bindung zu Daphne näher kennenlernt. Es kann natürlich auch sein, dass ich extrem Lust auf eine eigene Nichte/einen eigenen Neffen habe, das würde ich nicht ausschließen. Aber zu meinem Pech bin ich die älteste, das wird also erstmal nichts.Hoffentlich hattet ihr trotz der Kürze viel Spaß beim Lesen meine lieben Zuckermenschen!❤
Eure Verâ
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MS
Romance"Die größte Blockade ist im Denken und Fühlen der Menschen verankert." Diese Worte würden mich prägen wie sonst keine, doch ihr Ausmaß hätte ich mir niemals erdenken können. Offizieller Start: 27.05.2019/2020 Offizielles Ende: noch laufend