46. Kraftpol

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"Bir insan ne kadar yaralıysa o kadar şifalıdır." - Carl Jung
(Je tiefer die Wunden eines Menschen, umso heilsamer ist er.)


Am nächsten Tag wache ich früher auf als nötig, doch Daphne ist schon wach und besonders gnädig mit schlafenden ist sie leider nicht.
"Darf ich Shervin wecken?", fragt sie mich unschuldig. Meine Blicke drehen sich zu meinem Ehemann, welcher tief schläft. Bei dem ganzen Krach, den Daphne veranstaltet, ist das ein Wunder. Zeitgleich aber auch ein Zeichen dafür, dass er überanstrengt ist.
"Lassen wir ihn noch ein bisschen schlafen. Wollen wir beide schon mal frühstücken gehen?"
"Ja, ich habe soooooo einen großen Hunger", spricht sie ihre Arme in beide Richtungen ausstreckend.
Lachend nehme ich sie auf den Arm, packe die Zimmerkarte und mein Handy in meine Hosentasche und verlasse mit Daphne das Zimmer.
"Sollen wir meine Eltern wecken?"
"Wir sollten sie auch ausschlafen lassen. Wir können ja zu zweit frühstücken."
"Mädelsfrühstück?", fragt sie mich mit leuchtenden Augen. Lachend nicke ich, um sie zu bejahen.

Gegen Ende des Frühstücks stoßen auch Daphnes Eltern zu uns.
"Wo ist dein Ehemann?", fragt mich Feza, der Ehemann von Feryal und der Vater von Daphne.
"Der schläft noch."
"Er überanstrengt sich zu sehr", kommt es über Feryals Lippen, was ich mit einem Nicken erwidere.
Meine Bedenken halten an und ich weiß nicht so Recht mit ihnen umzugehen. Wenn ich mich nicht unter Kontrolle hätte, würde das in einem Streit mit Shervin enden. Doch will ich das nicht. Er soll die Zeit, den Urlaub genießen. Wenn meine Gedanken mich im Gegenzug innerlich zerfressen, dann soll es so sein. Hauptsache Shervin geht es gut und er ist glücklich.

Als eine Hand auf meiner landet, trenne ich mich von meinen Gedanken und schaue auf. Feryals Hand liegt auf meiner.
"Hör auf dir den Kopf zu zerbrechen. Er kennt seine Grenzen und wird diese nicht überschreiten."
"Das hoffe ich." Es ist wirklich leidiglich ein Hoffen, denn ich bin mir nicht wirklich sicher, ob Shervin seine Grenzen wirklich kennt, besser gesagt; sich an diese halten wird. Als mein Blick auf mein Handy fällt, bemerke ich, dass nur noch eine halbe Stunde für das Frühstücksbuffet vorhanden ist.
"Ich gehe Shervin wecken, damit er noch frühstücken kann", erkläre ich dem Ehepaar vor mir.
"Wir gehen gleich auch hoch aufs Zimmer, damit wir uns strandfertig machen können", erklärt mir Feryal und lässt mich dann nach oben laufen.

Vorsichtig öffne ich die Tür und sehe, dass Shervin immer noch schläft.
"Aufstehen Schlafmütze, das Frühstück endet gleich" spreche ich ihm einen Kuss auf die Wange drückend.
Auf Shervins Lippen bildet sich ein Lächeln, doch er macht keine Anstalten um aufzustehen.
Mit meiner Hand fahre ich über sein Gesicht und sage ihm erneut, dass er aufstehen muss.
"Ich habe keinen Hunger Mediha, lass mich noch etwas schlafen", murmelt er.
"Geht es dir gut?", besorgt legt sich meine Hand an seine Stirn. Shervin öffnet seine Augen seufzend.
"Kannst du aufhören in Panik zu verfallen? Mir geht es gut, ich bin nur müde."
Ebenfalls seufzend fährt meine Hand über sein Gesicht, während sein dunkler Bart meine Handinnenfläche kitzelt.
"Ich kann schon aufhören, wenn du auch aufhörst dich zu überanstrengen."
Shervin schließt seine Augen und dreht sich in die entgegengesetzte Richtung, so dass er nun mit dem Rücken zu mir gekehrt ist.
Tief durchatmend stehe ich auf, schnappe mir mein Buch auf der Kommode und laufe auf den Balkon, damit ich etwas unter der Sonne lesen kann, bis Shervin aufwacht. Vielleicht bedränge ich ihn mit meiner Art, doch gefällt mir die Idee ihn alleine hier zu lassen nicht. Ich muss bei ihm bleiben, für alle Fälle.

"Was machst du hier?", höre ich die verschlafene Stimme meines Ehemannes und erblicke ihn am Türrahmen. Ich habe gar nicht mitbekommen, wie er wach wurde. So viel zum Thema; ich bleibe für alle Fälle bei ihm, das hat ja gut geklappt.
"Lesen?", entgegne ich ihm das Buch etwas in die Höhe haltend.
Sehrvin öffnet seinen Mund und schließt ihn dann wieder. Anscheinend halte nicht nur ich mich unter Kontrolle, damit es nicht zu einem Streit kommt. Im Moment frage ich mich, ob dieser Urlaub wirklich eine so gute Idee war.
"Ich bereite mich vor, dann können wir gemeinsam an den Strand", spricht Shervin, nachdem er seine Wut runtergeschluckt hat.

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