Stille Dankbarkeit

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Harry

Ich dachte, ich hätte mich verhört. Sie hatte seit zwei Tagen nichts mehr gegessen. Natürlich konnte ich meine Besorgnis darüber nicht verbergen. „Ist das dein Ernst?", kam es harscher aus mir als gewollt. Sie weichte ein Stück zurück und senkte etwas ihren Kopf. Sofort fühlte ich mich schlecht und legte meine Hand unter ihr Kinn. Ich hob ihr Gesicht an und suchte ihren Blick. „Emma, ich mache mir nur Sorgen. Es tut mir leid. Ich wollte nicht so harsch sein.", entschuldigte ich mich bei ihr und küsste sie sanft auf ihre Lippen. „Tut mir leid, ich war so aufgeregt wegen der Vernissage, wegen den Bilden und den Meinungen der Menschen, die sich meine Kunst ansehen würden." Ihre Erklärung machte Sinn. „Emma, Love, du musst aufhören, dich so kleinzumachen oder dich für alles zu entschuldigen. Du hast ein unglaubliches Talent, das selbst meinen Gesang in den Schatten stellt."

Was sollte ich noch sagen. Ich liebte ihre Kunst und sie hatte mich so gar in ihre Ausstellung verewigt. Erneut knurrte ihr Magen, was mich auflachen ließ. „Na komm, ich mach dir Frühstück." Sie nickte zaghaft. Sanft hob ich sie an und stellte sie neben mich auf den Boden, griff nach dem Thermobecher und betrachtete sie kurz. Mit nichts konnte ich das Gefühl in mir beschreiben, wie ich es mir ging, dass sie an meine Seite war. Behutsam nahm ich ihre Hand in meine und führte ihre Fingerknöchel an meinen Mund. Ihre Wangen färbten sich umgehend wieder rot. Diese Reaktion war einfach zu niedlich. „Worauf hast du Hunger?" Fragte ich sie leise, legte meine Handfläche auf ihren unteren Rücken und schob sie langsam in Richtung Tür. Als wir durch die Tür liefen, biss sie sich kurz auf ihre Unterlippe und sah zu mir auf. „Pancakes?"

„Wenn das deine Wunsch ist, dann mach ich dir Pancakes, um deinen Hunger zu stillen." Gemeinsam gingen wir die Treppe nach oben. In der Küche angekommen lag immer noch der Kaffeeduft in der Luft. Alles wirkte so harmonisch. Irgendwie gefiel mir dieser Gedanke für sie Frühstück zu machen. Etwas, das ich sonst nur für mich tat oder für meine Familie. Es war zu lange her, etwas für eine Person zu machen, die durch bloßes Lächeln mein Herz schneller schlagen ließ. „Setzte dich." Bat ich sie und stellte ihr den Thermokaffeebecher auf den Tisch. Mit einem breiten Lächeln beugte ich mich zu ihr runter und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Kann ich dir helfen?", frage sie mit unsicherer Stimme nach. Doch ich schüttelte nur meinen Kopf. „Nicht nötig. Lass mich das übernehmen. Als kleine Wiedergutmachung, dass ich gestern nicht länger bei deiner Vernissage sein konnte."

Während ich eine Schüssel aus dem Schrank kramte und die Zutaten zusammen suchte, schwieg sie. Sie war still und schaute sich etwas in der Küche um. „Erzähl mir von deinen Abend gestern, Love. Du hast noch nichts darüber berichtet." Scheinbar hatte ich damit bei ihr einen Schalter umgelegt und sie begann mit glänzenden Augen von ihrer Eröffnung zu erzählen. Da war es wieder, diese Ausstrahlung und Hingabe für das, was sie liebte. Wie an dem Abend, als ich sie das erste Mal traf. Ihre Hingabe für ihre Kunst und die Faszination über das Interesse der fremden Menschen ließ sie noch schneller reden, bis sie irgendwann auf stand und gestikulierend in der Küche auf und ab lief. Ich kannte dieses Gefühl nur zu gut. „Das ist einfach unbegreiflich. Ich weiß gar nicht, wohin mit meiner Energie." Erzählte sie hektisch, während ich den Teig glatt rührte. Ihre Energie steckte an und brachte mich zum Lachen.

Dieser lebendige Moment erlaubte mir, die emotionale Schwere der letzten Wochen einfach abzulegen. „Dann komm her und hilf mir Love, bevor du noch einen Salto in meiner Küche machst." Lachte ich und winkte sie zu mir. Als sie neben mir stand, griff ich nach einer Schürze und legt sie ihr an. „Auf zur Pancake-Party." Sie kicherte verlegen und schaute mich mit roten Wangen an. In ihren Blick lag eine stille Dankbarkeit, die ich so noch nie bei einer Frau gesehen hatte. Emma war wirklich anderes. Nicht eines dieser Klub-Girls oder medienbesessenen Mädchen, die jeden Schritt von sich posten. Sie war talentiert, bodenständig und ein Stück schüchterner als ich es war. Sie liebte und lebte die Kunst. Der Gedanke mit ihr einfach auf dem Sofa sitzen können und ein Buch zu lesen, während das Kaminfeuer brannte und wir ein Glas Wein genossen. Eine wundervolle Vorstellung. Ich beugte mich vor und küsste ihre weichen Lippen.

„Bitte greif neben dir in den unteren Schrank und nimm die große Bratpfanne." Bat ich sie breit lächelnd und trug die Schüssel mit dem Teig hinüber zum Herd. „Die hier?", fragte sie mich und hielt die Pfanne hoch wie einen Tennisschläger. „Ja, genau die." Rasch kam sie zu mir und stellte die Pfanne auf den Herd. Nachdem die Pfanne heiß genug war, fettete ich sie etwas ein und goss den ersten Klecks Teig hinein. Sofort lag ein süßlicher Duft in der Luft. Emma biss sich auf die Unterlippe und strahlte. Auch ihr Magen machte sich wieder lautstark bemerkbar. Wir lachten laut auf. „Keine Sorge, gleich kannst du deinen Hunger stillen."

Blitzschnell holte ich einen Teller und stapelte die bereits fertigen Pancakes. Emma übernahm dann das weitere Ausbacken des Teigs und ich widmete mich den Früchten. Ich wusch ein paar Erdbeeren und Blaubeeren ab, schnitt diese und eine Banane klein. „Der Teig ist aufgebracht." Rief sie, während ich die Schüssel mit dem geschnittenen Obst auf den Tisch stellte. „Dann schalt den Herd aus und komm her. Verbrenn dich nicht." Vorsichtig machte sie den Herd aus, schnappte sich fröhlich den Teller mit den Pancakes und kam zu mir an den Tisch. Sie schien wie ausgewechselt. Die Unsicherheit von gestern, das ständige Entschuldigen war wie weggeblasen. „Geht es dir gut?" Fragte ich sie sanft und stellte die Teller auf den Tisch. „Ja, mir geht es super. Danke." Bestätigte sie, stellte den Pancake Teller auf den Tisch und nahm die Schürze ab.

Sie stand direkt vor mir, legte ihre Hände an meine Hüfte und sah zu mir auf. „Ich weiß nicht genau, was es ist. Aber ich fühle mich, als wäre eine Last von mir gefallen. Da ist so ein aufregendes Gefühl in mir, das ich nicht beschreiben kann. Ich könnte Bäume ausreißen oder Bilder malen", beschrieb sie mir und lächelte breit. Ich schlang meine Arme um sie und streichelte sanft ihren oberen Rücken. „Du scheinst wohl glücklich zu sein, Love. So fühlt sich das an. Wie ein Flummi, der durch die Gegend springt." 

Breathtaking || H.S. [18+] || GermanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt