„Es tut mir leid, dass ich dich getötet habe."

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Verzauberte Instrumente spielten ein ruhiges Lied. Jeder durfte zu den Särgen der beiden gehen und sich verabschieden. Die Särge standen offen.
Mary ging, als Tochter, als Erste zu ihnen. Sie streichelte beiden die Hand. Ihre Hände waren kalt und fest. Obwohl sie so friedlich aussahen und es wirkte, als ob die beiden schliefen, wusste Mary, dass in diesen Körpern kein Leben mehr zu finden war. Und das war der Grund, weshalb Mary weinend an den Särgen zusammenbrach. Sie sackte auf den Boden. Amanda stand sofort auf und stützte sie.
Sie weinte bitterlich und schluchzte.
„Schon ok. Ich bin da. Ich bin da!" tröstete Amanda sie.
Dies war ein schwerer Tag für Mary. Doch nicht der schwerste. Der schwerste Tag kommt nach der Beerdigung, wenn jeder sein eigenes Leben lebt und jeder Mary mit ihrer Trauer vergisst. Heute bei der Beerdigung denkt jeder an Mary, doch nicht mehr in einer Woche, nicht mehr in einem Monat. Mary würde allein mit ihren Gefühlen sein und das Gefühl haben, nie mehr froh zu sein oder geliebt zu werden.
Dafür war Amanda da. Sie hielt ihr Versprechen und würde sich bis ans Ende ihres Lebens, um Mary kümmern. Genau, wie Eliza es getan und gewollt hätte.
Alle Anwesenden verabschiedeten sich.
Am Ende kamen Jane und Edith auf Mary zu.
„Hallo, Mary." sagte Jane vorsichtig.
Mary dachte nach. Dann dachte sie an die Geschichte, die ihre Mutter ihr erzählte.
„Sie müssen Jane sein." antwortete Mary.
„Du kennst mich?" fragte diese überrascht.
„Mom hat von Ihnen erzählt."
„Ich fürchte, überwiegend schlechtes." schmunzelte sie.
„Was willst du, Jane?" fragte Amanda sie ernst.
„Ich wollte Elizas und Thomas Tochter mein Beileid aussprechen. Thomas hatte mir schon immer sehr viel bedeutet.. genauso wie Eliza, auch wenn ich es nie gezeigt habe. Wenn du etwas brauchst, bin ich für dich da, Mary." sagte Jane freundlich. Sie legte ihre Hand einfühlsam auf Marys Schulter und lächelte sie an.
„Ich bin auch für dich da, Mary. Egal, um was es geht." sagte Edith.
„Ich danke Ihnen."
„Bitte, nenn mich Jane. Das hier neben mir ist Edith aber das konntest du dir vermutlich schon denken."
„Ich danke euch." lächelte Mary leicht.
Jane nickte ihr zu und ging dann mit Edith weiter.
„Das waren Jane und Edith. Aber scheinbar kanntest du sie schon aus Elizas Erzählungen." schmunzelte Amanda.
„Mom hatte von den beiden erzählt. Sie waren in der Schulzeit nicht gerade beste Freundinnen."
„Ja. Jane ist sehr... anstrengend. Aber sie scheint sich geändert zu haben."
„Hey. Kommt ihr?" rief Sam den beiden zu.
Mary blickte erneut auf ihre Eltern.
„Ich komme gleich. Ich brauche nur noch einen Moment."
„Nimm dir die Zeit, die du brauchst. Niemand hetzt dich." sagte Amanda einfühlsam.
Amanda ging zu ihrem Mann und ihren Kindern.
Mary ging erneut auf ihre Eltern zu. Sie sahen noch immer so friedlich aus.
„Ich liebe euch." flüsterte sie, während eine Träne ihre Wange hinunterfloss.
Mary bemerkte plötzlich einen Sturm, der sich draußen entwickelte. Das war merkwürdig, da kein Sturm angesagt war.
Sie dachte sich jedoch nichts dabei und blieb weiterhin bei ihren Eltern, um sie ein letztes Mal zu sehen, ehe sie für immer begraben wurden.
Der Sturm wütete draußen immer heftiger. Dann hörte sie jemanden die Kapelle betreten.
Mary ging davon aus, dass Amanda sie holte, doch sie irrte sich.
Sie drehte sich um und ging geschockt einen Schritt zurück.
„Du!" sprach sie laut. Sie tastete sich nach ihrem Zauberstab ab, doch den hatte sie gar nicht bei sich. Mary stand ganz hilflos ihrem Vater gegenüber.
„Ich tue dir nichts. Ihr Blut fließt in deinen Adern. Grund genug, dich leben zu lassen." sagte Voldemort, während er näher an Mary und ihre leblosen Eltern herantrat.
„Was willst du hier?! Sie sind doch deinetwegen überhaupt erst tot!"
„Du wirst mich nie wiedersehen, keine Sorge. Doch erst, wollte ich mich von ihr verabschieden."
„Wo sind die anderen?!"
„Die können uns gerade nicht sehen. Sie sehen nur eine Illusion. Für sie stehst du immer noch trauernd an den Särgen deiner Eltern. Niemand kann uns sehen, Mary."
Voldemort stand nun ganz dicht vor ihr. Er packte ihr Gesicht mit einer Hand und sah sie sich genau an.
„Du siehst tatsächlich aus wie ich früher."
„Ich bin aber nicht wie du!" sagte Mary und befreite sich von seiner Hand.
„Du hast einen starken Charakter. Genau wie deine Mutter. Wärst du jedoch von mir großgezogen worden-"
„Bin ich aber nicht! Und du wirst nie mein Vater sein! Thomas Miller war mein Vater!"
„Das weiß ich. Das wird auch unser erstes und letztes Gespräch sein. Du brauchst keine Angst vor mir zu haben, Mary."
„Würdest du auch so etwas sagen, wenn Eliza nicht meine Mutter gewesen wäre?!"
Voldemorts Mundwinkel sanken nach unten.
„Vermutlich nicht." ergänzte Mary.
„Wie gesagt. Ich lasse dich nur ihretwegen am Leben. Du bist mir vollkommen egal."
„Wow. Sehr fürsorglich von dir."
Voldemort ließ Mary stehen und ging auf Elizas toten Körper zu. Mary beobachtete ihn genau.
Er tätschelte Elizas kalte tote Hand.
„Eli.. Ich hoffe, du findest deinen Frieden. Ich wollte das nicht.. das weißt du. Es tut mir leid, dass ich dich getötet habe. Ich.. Ich kann mir das nie verzeihen.."
Für Mary wirkte Voldemort in diesem Moment ziemlich schwach. Er schien tatsächlich etwas für Eliza empfunden zu haben. Etwas, was niemand jemals verstehen würde und was er nie wieder fühlen wollte.
Voldemort sah sich Elizas Zauberstab an, den sie in ihren Händen hielt. Der kleine Schlangenanhänger war immer noch um ihren Zauberstab herumgewickelt. Er erinnerte sich, dass er ihn irgendwann nach der Trennung auf ihre Türschwelle gelegt hatte, als es tatsächlich hoffnungslos zwischen den beiden schien.
Er sah sich die kleine Schlange an und schnaubte dann tief aus.
„Nagini... ich finde dich, Nagini. Ich werde dich beschützen. Für sie." sagte Voldemort entschlossen.
Dann drehte er sich wieder zu Mary um.
„Leb wohl, Mary."
Mit einem Mal verschwand er.
Der Sturm draußen war nun ebenfalls verschwunden.
Amanda betrat wieder die Kapelle.
„Wir sollten langsam los, Liebes."
Mary starrte immer noch auf die Stelle, auf der eben noch Voldemort stand.
„Alles in Ordnung?"
Mary nickte.
Dann verließ sie mit Amanda die Kapelle.
Ihre Eltern wurden danach bestattet.
Auf ihrem Grabstein stand

Eliza Miller, geb. Harper Thomas Miller
1927-1970 1926-1970

Begrenzt ist das Leben, doch unerschöpflich ist die Liebe.

Mary blieb als Letzte am Grab ihrer Eltern stehen.
Amanda konnte sie irgendwann überzeugen, mitzukommen. Sie kümmerte sich um Mary, als wäre sie ihre eigene Tochter. Genauso, wie Eliza es sich gewünscht hatte.

Lord Voldemort fühlte nie wieder so etwas wie Liebe. Dieses Gefühl machte ihn schwach. Er verlor ebensowenig nie wieder ein Wort über Eliza. Nur wenige seiner Anhänger, wussten von ihr. Die am Tag der Ermordung anwesend waren, wussten als einzige von seiner Tochter. Niemand sollte von ihr erfahren. Sie war Voldemorts letzte Schwachstelle.
Seine Schreckensherrschaft begann somit erst richtig, als er seinen ganzen Frust an anderen Menschen ausließ.
Er drohte, folterte und ermordete Menschen bis zum 31. Oktober 1981.
Der Tag an dem seine Geschichte mit Harry Potter begann, von der wir alle wissen.

Mary Miller beschloss nach dem Tod ihrer Eltern ihren Namen zu ändern. Sie wollte von Voldemorth nie wieder gefunden werden. Sie wollte nie mit ihm in Verbindung gebracht werden. Sie wollte ein komplett neues Leben beginnen und die Vergangenheit hinter sich lassen. Dies tat sie auch.
Sie erlebte den ersten und zweiten Zaubererkrieg mit, jedoch verdeckt. Sie erfreute sich an dem Tod ihres leiblichen Vaters am 02. Mai 1998. Nun kann sie in Ruhe ihr Leben leben, ohne Angst zu haben, von ihm gefunden zu werden. Niemand wusste von ihrer Existenz und das sollte auch so bleiben.

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