Kapitel 27

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Hadley

Ich hatte zwei Möglichkeiten. Entweder konnte ich auf die Opferrolle eingehen und mich im Erdboden verkriechen, bis mein Stolz nicht mehr verletzt wäre. Oder ich schluckte die Blamagen hinunter, ignoriere meinen Stolz und kremple mein Benehmen komplett um, damit ich nicht mehr so angemacht werde.

Ich entschied mich dazu, kein Opfer zu sein, da ich mich nicht mit solch einer Rolle identifiziere. Was Delia und auch Elion mir vor wenigen Tagen um die Ohren vorgeworfen haben, verfolgte mich noch im Schlaf. In der Nacht nach der Konfrontation bekam ich kein Auge zu. Ich starrte gedankenverloren an die pechschwarze Decke und versuchte zu kapieren, ab wann mein Leben so verkorkst, wurde. Am Morgen darauf begleitete ich Tracey zum Yoga und merkte dabei, wie bereichernd es eigentlich ist. Man konzentriert sich vollkommen auf sich selbst, hört den Klängen der Natur zu und alle Anspannungen verlassen deinen Körper.

Es tat mir gut und half mir dabei, meine Einstellung zu ändern. Ich hörte auf, mich andauernd zu beschweren und anderen Leuten an der Academy das Leben zu erschweren. Ich ging brav zum Unterricht, schrieb alles schön mit und las mir die Unterlagen abends sogar noch einmal durch. Das Schwimmen nehme ich besonders ernst, ich erlaube mir keine Ablenkungen mehr und hörte auf Delias Rat, nicht zu übertreiben. Mit jedem Abend steigere ich meine Leistung und merke, wie sich mein Körper an den Sport gewöhnt.

Heute ist Donnerstag und morgen schreiben wir die erste Klausur und das ausgerechnet in Mathe. Da ich mich unbedingt darauf vorbereiten muss, habe ich mich in die Bibliothek begeben und trinke unten einen Cappuccino, während ich meinen Kopf in die Bücher stecke. Das Wetter spielt heute total verrückt. Gleich morgens regnete es in Strömen, doch als wir uns alle auf den Weg in den Unterricht begaben, zeigte sich die Sonne erneut. Allerdings fechten die Sonne und die Wolken heute einen Kampf aus. Der Himmel wechselte seine Farben öfter, als ich meine Socken. Erst wurde es dunkel, dann wieder hell. Echt gruselig, wenn ihr mich fragt.

Wir haben kurz nach fünf und es breiten sich erneut dichte Wolken am Himmel aus, die den Anschein geben, dass wir schon spät am Abend haben. Es sind wenige Leute hier unten im Café, Lotte hat kaum etwas zu tun und beginnt schon damit, die Kaffeemaschine zu säubern.

Mein Kopf ist schon am Dampfen, ich halte meinen Bleistift zwischen meine Zähne geklemmt und gebe die nächste Aufgabe in meinem Taschenrechner ein. Ich war noch nie besonders gut in Mathe, ich erkenne den Sinn dahinter einfach nicht. Allerdings möchte ich Eleanor und auch mir selbst beweisen, dass ich das Zeug dazu habe, hier an der Academy zu sein und nicht nur hier bin, weil meine Mom früher hier studierte.

Ich habe Blake schon länger nicht mehr gesehen. Seit dem Vorfall in seiner Badewanne ging ich ihm aus dem Weg und wenn ich ihn draußen sah, neigte ich meinen Kopf und mied jeglichen Blickkontakt. Es tut mir gut, mich auf mich selbst zu konzentrieren und keine Rachepläne mehr zu schmieden. Rache ist so eine Sache. Man fühlt sich einen Moment total gut, bis man erkennt, dass es einem gar nicht weitergeholfen hat. Am Ende des Tages bist du am gleichen Punkt wie immer und das Einzige, was du machen kannst, ist dein Leben zu leben und zu zeigen, dass es dir egal ist. Ich muss mein Leben für mich leben und keine Zeit in irgendwelche Spielchen stecken.

Das Leben ist zu kurz um es an Blake Princeton zu verschwenden.

»Da zieht sich ein kräftiges Gewitter zusammen«, höre ich Lotte durch den Laden sagen und drehe mich zu ihr. Sie steht am Fenster und sieht hinaus, in ihrer Hand hält sie eine Tasse, die sie gerade trocken rubbelt.

»Ich mache mich lieber auf den Weg zurück ins Zimmer, bevor es schlimmer wird«, antwortet ein Mädchen, die ebenfalls hier gelernt hat. Sie packt ihre Sachen zusammen und als sie an der Tür steht, fängt es wie auf Kommando an zu regnen.

The Sunstead AcademyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt