Blake
Ich laufe in meinem Apartment auf und ab.
Auf und ab.
Die ganze verfluchte Zeit!
Meine Gedanken sind zerstreut, ich kann mich nicht auf eine Sache konzentrieren, so viele Dinge schießen unkontrollierbar durch meinen Kopf, es ist ätzend! Ich bin ätzend und der schlimmste Freund aller Zeiten. Als Elion mir von dem Unfall erzählte, konnte ich mich nicht bewegen. Ich war wie gelähmt, da alles von damals zurück kam. Die ganzen Schuldgefühle und das Bedauern, gehandelt zu haben, wie ich damals gehandelt habe, engten mich ein. Ich bekam Atemnot, Elion musste mich kräftig durchschütteln, damit ich wieder klar denken konnte. Nichts ergab einen Sinn, die Erkenntnis, dass Hadley einen Unfall gebaut hat, wollte nicht in meinen Kopf. Es musste sich um einen schlechten Witz handeln, dachte ich. Niemals hätte ich angenommen, dass der schlimmste Tag in meinem leben sich wiederholen könnte. Doch das Leben spielte mir einen Streich und zeigte mir damit, dass ich kein Glück mit Hadley verdient habe. So wie ich wieder gehandelt habe, habe ich sie nicht verdient. Wie ein Feigling bin ich mit Hunter abgehauen, anstatt mich zu Elion ins Auto zu setzen und ins Krankenhaus zu fahren. Ich habe sie wieder im Stich gelassen und ich hasse mich selbst dafür. Ich könnte ihren Anblick in diesem Krankenbett nicht ertragen. Die Schuld liegt schwer auf meinem Rücken, es ist Zeit die Wahrheit zu sagen, aber ich kann es nicht. Wenn ich das tue, ist alles vorbei. Aber womöglich ist es das auch jetzt schon.
Lautes Hämmern an der Tür lässt mich zusammenzucken. Ich wirble einmal herum, doch bewege mich nicht auf die Tür zu, da ich mit niemanden sprechen möchte.
»Blake! Du öffnest jetzt diese Tür!« Elions Stimme hallt durch das Holz und er klingt wütend. Das erlebt man nicht oft. Ich bleibe ruhig, damit er abhaut, aber da habe ich mich wohl getäuscht, denn ich höre, wie er den Zimmercode eingibt und kurz darauf öffnet sich auch schon die Tür. Ich hatte keine Zeit, mich im Schrank zu verstecken, um so zu tun, als wäre ich nicht hier.
»Ich habe dir nichts zu sagen, Elion.«
Mein Bruder stößt die Tür mit seinem Fuß zu und sieht mich schweratmend an. Um nicht einzuknicken, schaue ich schnell weg, denn Elion ist sehr gut darin, einen Menschen zu Verstand zu bringen. Nicht ohne Grund nennen Lacey und ich ihn Jiminy die Grille. Er ist unfassbar gut darin ein schlechtes Gewissen so weit auszufahren, dass man es geradebiegen möchte.
»Ich kann nicht fassen, dass du den Schwanz einziehst und deinen Arsch nicht ins Krankenhaus bewegt hast. Was ist in dich gefahren?«, wirft er mir an den Kopf und ich setze mich auf meine Bettkannte, da sich alles in mir dreht. Mir ist schlecht, ich könnte mich wirklich übergeben. Und zwar, weil mich mein eigenes Verhalten so sehr anwidert.
»Du hast kein Recht, dich da einzumischen.« Meine Stimme ist schwach und nicht einmal ich selbst kaufe mir meine Worte ab.
»Ich habe keine Recht, mich einzumischen?«, wiederholt er und läuft in meinem Apartment auf und ab, um sich zu beruhigen. »Also soll ich mitansehen, wie du immer wieder und wieder die gleichen Fehler machst und dabei andere Leute verletzt? Verdammt, Blake. Du hättest jetzt alles geradebiegen können, indem du einfach für die da wärst. Als sich wach wurde, fragte sie direkt nach dir und du kannst dir vorstellen, wie sie reagiert hat, als ich ihr sagen musste, dass du nicht da bist.«
Ich beiße mir fest auf die Innenseite meiner Wange, sodass mich der Geschmack von Blut erwartet. Meine Schultern beben, alles in mir steht unter Strom, bis ich es nicht mehr aushalte und aufspringe.
»Ich war da, okay?«, brülle ich.
Elion legt seinen Kopf schief. »Ich glaube, das hätte ich mitbekommen.«
»Als ich aus der Polizeistation rausgelaufen bin, habe ich mir ein Taxi gerufen und bin direkt ins Krankenhaus gefahren. Das hast du nur nicht gemerkt, weil du noch mit den Polizisten und Hunter beschäftigt warst, der nicht aufhören konnte zu diskutieren. Ich war dort und habe Mom gesehen, wie sie sich mit einer Krankenschwester unterhalten hat. Bevor sie mich sehen konnte, schlich ich mich in das Zimmer, doch ich konnte nicht bleiben, okay?« Ich fahre mir verzweifelt über das Gesicht und merke, wie meine Augen brennen. »Ich konnte diesen Anblick nicht ertragen. Sie sie dort lag. Bewusstlos und wahrscheinlich mit Schmerzen. Das war zu viel für mich.«
Ich stand an der Tür und ließ den Griff nicht los, denn es war das Einzige, was mich in dem Moment gehalten hat. Hadley lag regungslos in diesem kleinen Bett, an ihrer Stirn waren frische Schürfwunden und Kratzer, die mir sämtlichen Atem geraubt haben. Sie so zu sehen, zerriss mir das Herz, ich konnte nicht länger bei ihr bleiben. Jede Sekunde, die ich länger dort verbrachte, nahm mir den Sauerstoff weg. Zum Schluss stellte ich mich zu ihrem Bett und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn zu, bevor ich mit schnellen Schritten das Zimmer verließ und mir versprach, dass ich niemals mehr für so etwas Verantwortlich sein würde. Ich muss aus ihrem Leben raus, um dafür zu garantieren.
Zwischen Elion und mir entsteht ein Schweigen, bis er seufzt und zu mir rüber kommt, um mir über die Schulter zu fahren. »Vielleicht solltest du ihr die Wahrheit erzählen. Sie wird es verstehen, glaub mir.«
»Das kann ich nicht«, feuere ich direkt raus und nehme Abstand zu meinem Bruder, da ich seine Nähe nicht ertragen kann. »Es ist zu spät, sauberen Tisch zu machen und ich habe es wieder verbockt. Ich habe nicht daraus gelernt, kapierst du das nicht? Das zeigt, dass ich sie nicht verdient habe.«
»Du kannst nicht wieder wegrennen, Blake. Damals warst du ein Kind, aber jetzt bist du ein erwachsener Mann, der Verantwortung übernehmen muss. Du kannst nicht wieder aus ihrem Leben treten, nur um der Wahrheit aus dem Weg zu gehen. Und für den Unfall gestern warst du nicht verantwortlich! Es war ein Unfall.«
»Sie ist nur wegen mir ins Auto gestiegen, verdammt! Sie wollte mich retten, weil ich so dumm war und sie angerufen habe. Natürlich hat sie sich Sorgen gemacht, es war meine Schuld, dass sie in mein Auto gestiegen ist.« Meine Brust hebt und senkt sich überdurchschnittlich schnell und ich fahre mir immer wieder durch die Haare, bis sie mir bald ausfallen werden.
»Wenn überhaupt ist es meine Schuld gewesen, weil ich nicht ans Handy gegangen bin«, gesteht er nun leiser und ich lache auf.
»Es ist am wenigsten deine Schuld, im Gegensatz zu mir warst du für sie da.« Ich richte mich zu ihm. »Wie geht es ihr?«, frage ich mit brüchiger Stimme.
»Ihr geht es gut.« Er atmet laut aus. »Sie hat nur Kopfschmerzen, aber ansonsten fehlt ihr nichts. Eine Nacht bleibt sie noch dort und morgen sammle ich sie ein.«
»Ist sie allein?«
»Elina ist bei ihr geblieben«, erklärt er mir ruhig. »Vielleicht solltest du sie morgen abholen und ihr erzählen, was los war und was damals passiert ist.« Elion redet so langsam, dass es mich beinahe irre macht.
»Wie oft soll ich es noch wiederholen?«, rufe ich gereizt aus. »Es ist zu spät, ihr die Wahrheit zu sagen! Wir waren uns alle einig. Du wirst morgen dafür sorgen, dass sie gut zuhause ankommt.«
»Und was wirst du machen?« Elion klingt ängstlich, da er wahrscheinlich ahnt, was ich als nächsten und letzten Schritt unternehmen muss.
»Ich werde mich von ihr fernhalten und dafür sorgen, dass so etwas nicht mehr passieren kann.« Ich beiße die Zähne fest zusammen. »Das mit uns beiden hätte niemals funktioniert.«
»Blake...«
»Nein«, unterbreche ich ihn scharf. »Meine Entscheidung steht fest.« Ich sehe ihm fest in die Augen. »Meine Zeit mit Hadley ist vorbei.«
Endgültig.
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The Sunstead Academy
RomansWillkommen an der Sunstead Academy! Freundschaften, Intrigen, Liebe und Geheimnisse. Das alles findet man an der Sunstead Academy. Die internationale Eliteschule ist für ihre vielfältige Ausbildung bekannt und liegt an der Ostküste Siziliens. Doch...