Kapitel 58

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Blake

»Was sollte das?« Mom stürzt in Laceys Zimmer hinein, in dem ich mich verschanzt habe und starrt mich böse an. »Wir wollten ein friedliches Weihnachtsessen haben und ihr beide macht alles kaputt.«

»Sie hat ja wohl angefangen!« Ich deute zur Tür. »Sie muss ja immer mit dem alten Thema beginnen.« Ich lasse mich auf Laceys Bett nieder und raufe mir die Haare. Ich werde noch irre! Und das Schlimmste ist, dass ich Hadley so unglaublich dolle vermisse! Es zerreißt mich innerlich, ich kann nichts mehr machen. Mein Leben ergibt keinen Sinn mehr, ich möchte sie so gerne zurück, aber ich kann nicht.

»Blake, hör mir zu.« Moms Stimme ist ruhiger geworden und sie setzt sich neben mich hin. »Ich schätze, es ist an der Zeit, der Familie Bennett die Wahrheit zu sagen. Es macht dich noch kaputt dieses Geheimnis mit dir zu tragen. Ich stehe hinter dir, mein Junge.«

Ich funkle sie an und merke, wie pures Adrenalin durch meinen Körper schießt. »Bist du verrückt? Ich kann es nicht sagen, sie werden mich für immer hassen, Mom!«

»Du musst deinen Mut beweisen und klaren Tisch machen. Ansonsten wirst du niemals glücklich sein.« Sie gibt mir einen Kuss auf die Wange und lässt mich alleine im Zimmer zurück. Kann ich das wirklich bringen? Soll das jahrelange Schweigen heute beendet werden? Ich dachte nie daran die Wahrheit auszupacken, da ich annahm, die Sache würde sich von alleine regeln. Anscheinend lag ich damit falsch. Wenn ich Hadley wirklich zurück haben möchte, muss ich es tun. Wenn ich es getan habe, kann sie entscheiden, wie es weitergehen soll. So hätte es von Anfang an sein müssen, doch ich habe mich zu sehr geschämt.

Es wird Zeit, meine Fehler von damals gerade zu rücken, dann wird es mir besser gehen. Ich hätte nie gedacht, dass Mom diejenige sein würde, die mir dazu rät. Elion hat schon öfter angedeutet, dass ich mit der Sprache rausrücken soll, doch ich habe es immer ignoriert. Ich habe mich zutiefst geschämt, aber in den letzten Wochen habe ich gemerkt, dass ich nicht mehr ohne Hadley kann. Wirklich, sie fehlt mir jeden Tag mehr. Alles erinnert mich an sie, an die Nähe, die ich nicht mehr um mich habe. Sie machte mich zu einem besseren Menschen und ich nahm an, dass ich mit der Trennung klarkomme. Ich nahm an, dass es das Beste für sie wäre, aber ich unten am Tisch habe ich den Schmerz in ihren Augen gesehen. Sie liebt mich, genau wie ich sie. Also packe ich meinen Mut zusammen und gestehe, was ich schon so lange geheim gehalten habe.

Mit langsamen Schritten gehe ich die Treppen runter, um zurück ins Wohnzimmer zu gehen. Alle sind in ihre Unterhaltungen vertieft, bis ich mich neben den Tisch stelle und warten bis mich alle anschauen. Das gelingt mir ziemlich schnell, sie alle schauen mich abwartend an. Sogar Hadley, die so blass wie Schnee wirkt.

»Ich möchte euch etwas gestehen.« Ich hole tief Luft und schaue kurz zu meinem Bruder, der mir aufmunternd zunickt. »An eurem Autounfall vor fünf Jahren war ich schuld.«

Stille.

Stille.

Stille.

»Was sagst du da?« Ashley ist die Erste, die sich äußert und ich werfe einen Blick zu Hadley, die mich stirnrunzelnd anschaut.

»Ich war die Person, die den Unfall verursacht hat, ich hatte zu große Angst, es zu sagen. An jenem Tag klaute ich die Autoschlüssel meiner Mom, weil ich für Hadley ein besonderes Geburtstagsgeschenk besorgen wollte. Dafür brauchte ich ein Auto, also stieg ich unüberlegt ein und fuhr los. Ich hatte da schon ein paar Mal Autofahren geübt und dachte wirklich, dass ich ohne Probleme ans Ziel und wieder nach Hause komme. Dann passierte alles ziemlich schnell, ich war das Auto, welches euch von der Straße gedrängt hat. Ich rief den Krankenwagen und haute schnell ab, weil ich so Angst hatte. Ich stand unter Schock, ich wusste nicht, was ich machen sollte.« Ich halte inne, schüttle andauernd meinen Kopf und rede weiter. »Ich wollte das alles nicht, ich wollte euch nie mehr in die Augen schauen. Als Mom erfahren hat, dass es euch allen gut geht, sagte sie mir immer wieder es sei ein Unfall. Ich habe sie angefleht euch nichts zu sagen, weil ich wusste, dass ihr mich hassen würdet. Ich wollte euch nie mehr in die Augen schauen, deswegen entstand aus dem Unfall Fahrerflucht. Mom nahm die Stelle als Direktorin schneller an, damit wir außer Land sind und deswegen brach der Kontakt ab.« Ich richte mich an Hadley. »Ich wollte dich nie freiwillig verlassen, glaub mir. Ich hatte nur nicht den Mut, dir zu sagen, dass du wegen mir im Krankenhaus lagst. Und als du jetzt mit meinem Auto einen Unfall gebaut hast, fiel ich zurück in die alte Zeit. Die Schuldgefühle haben mich umgehauen, ich konnte nicht damit klarkommen. Ich war im Krankenhaus, als du da warst, aber du hast geschlafen. Ich konnte nur wenige Minuten bleiben, weil mich dieser Anblick so zerstört hat. Das musst du mir glauben, ich war da! Ich habe nach dir gesehen, aber ich war nicht stark genug, um für dich da zu sein.« Meine Stimme bebt und Mom taucht hinter mir auf, um mir Halt zu geben.

»Es tut mir leid.« Ich schaue zwischen Ashley und Troy hin und her, die versuchen, alles zu verstehen. »Ich kann verstehen, wenn ihr zur Polizei gehen wollt. Ich übernehme die Verantwortung für mein Benehmen.«

»Blake.« Troy steht auf und legt mir seine Hand auf die Schultern. »Das alles ist viel zum Verdauen, aber das ist schon so lange her. Wir werden einfach so tun, als wäre nichts, okay? Das alles ist Schnee von gestern.«

»Hadley?« Ich schaue sie ängstlich an und hoffe, dass sie es auch so sieht.

Sie schüttelt den Kopf. »Ich muss hier raus.« Überfordert hievt sie sich hoch und stürmt aus dem Raum, Elion ihr hinterher.

Ich bleibe zurück und verspüre Stolz. Ich habe es gesagt und auch wenn Hadley mich weiter hassen sollte, kennt sie jetzt die ganze Wahrheit.

Aber ich werde um sie kämpfen. 

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