Kapitel 60

594 29 2
                                    

Blake

Die Tage ohne Hadley, waren die traurigsten und nervenaufreibendsten meines ganzen Lebens. Mich seit Weihnachten von ihr zurückzuhalten, fiel mir schwerer als erwartet. Ich trage endlich nicht mehr diese ganze Schuld mit mir herum, innerlich fühle ich mich befreit und doch fehlt mir etwas. Elion hat mir geraten, etwas zu warten, bevor ich mich Hadley wieder nähere und er hatte Recht. Sie muss ihre Wunden heilen lassen, bevor ich mich wieder in ihr Leben dränge.

Heute soll sich das alles jedoch ändern, da der Silvesterball bevorsteht. Ich habe ihr vor einigen Tagen einen Brief zukommen lassen und ich hoffe sehr, dass sie meine Einladung angenommen hat. Sie hat sich auf jeden Fall nicht bei mir gemeldet und gesehen habe ich sie auch nicht. Es sind Semesterferien, vermutlich verbringt sie die meiste Zeit in der Halle, oder versteckt sich mit ihren Freundinnen, damit sie mir nicht über den Weg laufen muss. Wie dem auch sei, die Zeit, mich von ihr fernzuhalten, ist vorbei. Außer sie schickt mich weg.

Ich stehe vor meinem Spiegel und betrachte das graue Hemd, in das ich geschlüpft bin. Bis eben habe ich es noch gebügelt, genau wie die schwarze Hose, damit auch gar keine Falte zusehen ist. Meine Haare habe ich gestern noch extra für Hadley schneiden lassen und jetzt liegen sie ordentlich auf meinem Kopf. Für einen frischen Atem werfe ich mir noch ein Kaugummi in den Mund und schnappe mir die Ansteckblume, die ich gestern in der Stadt gekauft habe. Verdammt, ich bin nervös. Auf dem Weg zu ihrem Wohnheim beginne ich zu Schwitzen an, da dies heute meine letzte Chance ist. Entweder gewinne ich heute mein Mädchen zurück, oder ich muss verarbeiten, dass ich es verbockt habe. Sie hat jeden Grund wütend auf mich zu sein, immerhin habe ich uns aufgegeben. Etwas, was sie nie getan hat.

Es ist kurz vor neun, im Flur kommen mir einige Leute entgegen, die in ihren schicken Klamotten stecken und mich grüßen. Ich lasse mich jedoch in kein Gespräch verwickeln, da ich pünktlich bei meiner Herzdame sein muss. Vor ihrer Tür halte ich zunächst inne und schüttle mich einmal komplett durch, bevor ich auf meine Armbanduhr schaue. Noch eine Minute.

Genau um neun klopfe ich an die Tür und es kommt mir wie eine verfluchte Ewigkeit vor, bis Hadley die Tür endlich aufzieht und mir mit ihrem Anblick den Atem raubt. Sie trägt ein silbernes Glitzerkleid, welches ihr bis zu den Füßen geht. An der rechten Seite zieht sich ein Schlitz hoch, der unterhalb ihres Oberschenkels endet. Ich muss schlucken, als ich meinen Kopf hebe und sehe, was für eine wunderschöne Frisur sie trägt. Kleine Engelslöckchen, die zur Hälfte nach oben gesteckt sind. Die andere hälfte liegt schön an ihren Schultern. Ihre blauen Augen bohren sich in meine und merke, wie mir etwas im Hals klebt.

»Ich habe gerade meinen Kaugummi verschluckt«, spreche ich überfordert aus und Hadley muss kichern.

»Das hast du auch damals beim Schulball. Einige Sachen ändern sich nie, was?« Sie legt den Kopf etwas schief und stützt sich mit ihrem Arm am Türrahmen ab. Es dauert viel zu lange, bis ich mich wieder bewege, aber ich räuspere mich und ermahne mich innerlich, dass ich mich von ihrer Schönheit nicht ablenken darf.

»Mein Magen findet das bestimmt nicht gut, wenn ich andauernd einen Kaugummi verschlucke, wenn ich dich ansehe.« Ich erinnere mich an die Ansteckblume und hole sie aus der Verpackung. »Darf ich?«

»Klar.« Sie wirkt etwas schüchtern, doch auf ihren Lippen erkenne ich ein zufriedenes Lächeln, welches sie zu verbergen versucht. Etwas tollpatschig befestige ich die Blume an ihrem Handgelenk und nehme wieder einen Schritt Abstand, da mich ihr süßer Duft eingehüllt hat. Ich kann nicht klar denken, ich möchte sie am liebsten fest an mich ziehen und sie mit Küssen überhäufen, bis wir beide nach Luft schnappen.

»Danke. Der Anstecker ist schön.« Sie bewundert ihren Arm, bevor sie die Tür zuzieht und nun mit mir zusammen im Flur steht.

»Wollen wir?«, frage ich schnell, als sich eine Stille zwischen uns ausgebreitet hat.

The Sunstead AcademyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt