Fairytale bridge
Kapitel 4
Hadley
Das Landhaus der Princetons befindet sich etwas außerhalb vom Campus. Um dorthin zu gelangen, muss man durch das große Tor und einmal um die Mauer laufen, bis man auf einer märchenhaften Brücke steht, die einen direkt zum Anwesen führt. Elina hat sich aus dem Staub gemacht, als wir am Fuße der Brücke angelangt sind. Sie hat mir angeboten, mich danach rumzuführen. Falls ich darauf Lust habe, soll ich an ihre Zimmertür klopfen. Eigentlich wäre es deutlich einfacher, wenn wir Nummern austauschen würden, aber da ich noch keine neue Sim-Karte gekauft habe, kann ich mit meinem Handy noch nicht viel anstellen. Allerdings würde es mich nicht wundern, wenn es an der Academy Brieftauben, statt Empfang geben würde. Vielleicht finde ich ein günstiges Sparangebot mit unbeschränkten Freitauben.
Meine Beine fangen an zu zittern, je näher ich dem Landsitz der Princetons komme. Ich habe die Familie lange nicht mehr gesehen, ganze fünf Jahre nicht. Und in den Jahren zuvor verbrachte ich fast mein gesamtes Leben mit ihnen. Sie waren nicht nur unsere Nachbarn, sie wurden Teil der Familie. Bis Eleanor wegen des Jobangebots als Direktorin ihre Kinder einpackte und nach Italien auswanderte. Ein Mitglied der Familie brach mir damit nicht nur das Herz, sondern stellte alles auf den Kopf.
Ich werde Blake nie verzeihen können, dass er nicht da gewesen ist, als ich ihn am meisten gebraucht hätte.
Kurz bevor ich das Ende der Brücke erreicht habe, bleibe ich stehen und schaue mich um. Es fühlt sich so an, als wäre ich auf einem Regenbogen auf dem Weg zum Goldkessel. Ich könnte einfach umdrehen, mich aus dem Staub machen und so tun, als wüsste ich von nichts. Jedoch würde ich damit nicht nur Elina in die Pfanne hauen, sondern auch mich selbst. Hier gibt es sicherlich Überwachungskameras, die meinen Fußmarsch zu den Princetons bereits aufgezeichnet haben. Außerdem schiebe ich das Problem nur weiter auf. Es wird mir nicht gelingen, der Familie für die nächsten drei Jahre aus den Weg zu gehen, oder? Eine Stimme in mir spricht mir zu, es zu versuchen. Eine andere Stimme fleht mich an, der Angst einfach ins Auge zu sehen. So gerne ich auf den ersten Rat hören würde, ich entscheide mich dazu, weiterzugehen. Mein Magen rebelliert, verdammt, ich hätte etwas essen sollen. So gerne würde ich jetzt einen Matcha Latte oder ein Powerade trinken, damit ich mich entspannen kann. Später muss ich Elina unbedingt fragen, ob es auf dem Campus irgendwo ein Café gibt. Außerhalb der Bibliothek.
Meine Gedanken sind wieder abgeschweift, sodass mir gar nicht auffällt, wie ich vor einem geschlossenem Gartentor zum Stehen komme. Rosenbüsche grenzen das gesamte Grundstück ein, der Geruch der Blüten beruhigt mich auf eine betäubende Weise wie Graß. Ich schlucke die Aufregung runter, als ich auf die Klingel drücke, die in einem weißen Steinpfosten hängt. Als aus dem Lautsprecher ein lautes Piepen dringt, mache ich einen panischen Schritt zurück und bin kurz davor, meine Beine in die Hand zu nehmen, um schnell zu verduften. Das Tor öffnet sich nach innen und gibt mir den Weg zum Landhaus frei.
Mein Herz scheint auszusetzen, nachdem ich über die Schwelle getreten bin und in elend langsamen Schritten bis zur Haustür schleiche. Ich fühle mich so ängstlich, wie Belles Vater, der sich im Schloss des Biests verlaufen hat. Das Landhaus sieht relativ modern aus. Eleanor hat es sicherlich bei ihrem Einzug komplett renoviert oder gar neu bauen lassen. Ein kurzer Steinweg führt bis zur Haustür, rechts und links befindet sich gepflegtes Gras mit unzähligen verschiedenen Blumenbeeten. Kein loses Blatt liegt irgendwo herum, alles wirkt akkurat und aufgeräumt. Die Familie hat sicherlich einen Gärtner, der sich um alles kümmert.
Eleanor Princeton ging damals zusammen mit meiner Mom auf die Academy. Sie hausten in einem Zimmer und kamen so gut miteinander zurecht, dass sie sich die ganzen drei Jahre eins teilten. Dieser Ort machte sie zu besten Freundinnen, allerdings wurden sie nach ihrem Abschluss für acht Jahre getrennt. In dieser Zeit lernten sich meine Eltern kennen, bauten sich ein gemeinsames Leben auf und zogen in einen ruhigen Nachbarort von Boston. Als Mom mich zur Welt brachte, startete Dad beruflich durch. Er interessierte sich schon immer für Zahlen und kämpfte so lange, bis er ein hohes Tier in einer renommierten Finanzfirma Bostons wurde. Da sich sein Traum erfüllt hat, möchte er mich unbedingt mit ins Boot ziehen. Eines Tages soll ich ebenfalls Teil seiner Firma werden. Bei solchen Gedanken fällt mir auf, dass ich mein Leben nach meinen Eltern richte. Ich bin an die Academy gezogen, weil Mom damals auch hier war. Später soll ich Dads Platz übernehmen, aber keiner von ihnen hat mich jemals gefragt, was ich wirklich machen möchte. Soll ich ehrlich sein? Ich habe selbst keine Ahnung. Vielleicht ist das der Grund, warum ich alles mit mir machen lasse. Die Auszeit in Australien gab mir Zeit, mich auf meine Bedürfnisse zu konzentrieren und trotzdem scheint nichts dabei herausgekommen zu sein.
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The Sunstead Academy
RomansaWillkommen an der Sunstead Academy! Freundschaften, Intrigen, Liebe und Geheimnisse. Das alles findet man an der Sunstead Academy. Die internationale Eliteschule ist für ihre vielfältige Ausbildung bekannt und liegt an der Ostküste Siziliens. Doch...