Kapitel 1

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The monster between the walls

Kapitel 2

Hadley

Der Taxifahrer hievt mein Gepäck aus dem Kofferraum, während ich wie ein scheues Mäuschen neben ihm stehe. Mein Blick heftet sich einschließlich auf meine Koffer, als dürfte ich es nicht wagen, mich umzuschauen. In meine Nase steigt der süße Duft der blühenden Pflanzen, woran ich mich gewöhnen könnte. In Boston litt ich jeden Tag unter dem Gestank der Abgase, hier hingegen wirkt alles wie in einem Traumgarten mit Blumen, hohen Bäumen und gemähtem Gras.

»Hier haben Sie ihr Gepäck, Miss. Kann ich noch etwas für Sie tun?« Der Fahrer klappt den Kofferraum zu und richtet seine Chauffeur Mütze. Mich überrascht es nicht, dass meine Eltern auf eine exquisite Beförderung bestanden haben, als sie mir meinen Flug und die Autofahrt bis zur Academy gebucht haben. Wahrscheinlich musste der arme Kerl zuvor einen Fragebogen ausfüllen, um sicherzugehen, dass er für die Fahrt von A nach B qualifiziert ist. Er hat sicherlich einen halben Herzkollaps bekommen, als ich aus dem Wagen gesprungen bin, um bei der Tankstelle einzukaufen. Vielleicht hätte ich ihm mehr als nur Gummibärchen mitbringen sollen.

Meine Eltern sind keine Helikoptereltern. Nur in Aspekten, die meine berufliche Zukunft gefährden könnte. Als ich für einige Monate allein im Ausland war, erkundigten sie sich jeden zweiten Abend nach meinem Wohlergehen, aber mehr nicht. Das war meine Freizeit, keine Schule oder Ausbildung. Sie lassen mich mein Ding durchziehen, solange ich die richtigen Entscheidungen treffe.

Leider war die Academy keine freie Entscheidung meinerseits. Meine Bewerbung lag sicherlich schon seit meinen ersten Schritten im Postfach. An sich könnte ich mir keinen schöneren Ort zum Lernen vorstellen. Es ist eine Umstellung zur Großstadt, aber als ich in Australien war, habe ich gemerkt, wie sehr ich die Natur liebe. Einen ganzen Tag habe ich bei einem Seminar mitgemacht und mir fabelhafte Geschichten über die Natur angehört. Bei meiner Rückkehr schaffte ich mir einige Zimmerpflanzen an, die zum ersten Mal in meinem Leben nicht nach einigen Tagen eingegangen sind.

»Nein, danke. Ich wünsche Ihnen eine gute Rückfahrt.« Etwas abgeschweift in meinen Gedanken wühle ich in meiner Tasche und ziehe einen fünfzig-Dollar-Schein raus, den ich dem Fahrer als Trinkgeld zustecke. Meine Eltern haben die Fahrt bereits bezahlt, dennoch möchte ich mich selbst bei ihm bedanken. »Leider habe ich nur Dollarscheine, aber Sie können den Schein sicherlich irgendwo einwechseln.« Entschuldigend zucke ich mit den Schultern.

»Das wäre nicht nötig gewesen, trotzdem danke.« Er schiebt den Schein in seine Jackettasche. »Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Aufenthalt an der Sunstead Academy.« Zur Verabschiedung greift er an seine Mütze und nickt mir zu.

»Vielen Dank.«

Mit einem mulmigen Gefühl klammere ich meine Finger um die Metallgriffe der zwei Koffer und trete etwas vom Auto weg. Innerhalb von einer Minute macht sich der Taxifahrer aus dem Staub. Dabei wirbelt er den sandigen Boden nach oben und als die Sicht wieder klar wird, bleibt mir keine andere Wahl, als mich umzuschauen.

Wie in Zeitlupe drehe ich mich einmal um die eigene Achse und was mich da erwartet, raubt mir jeglichen Atem. Das Gebäude der Academy befindet sich noch rund dreißig Meter vor mir, allerdings ist keine Straße für Autos zu erkennen. Der Weg dorthin ist gekennzeichnet mit gepflegten Rosenbüschen und Kieselsteinchen, die bis zur Mauer wie Sand am Strand liegen. Neben den Büschen zeichnet sich ein Meer aus grünem Gras. Die Fläche schimmert im Sonnenlicht. Ringsum stehen Bäume mit wunderschönen rosa Blüten. Ich erkenne sogar einige Bäume mit Zitronen, was meine Erwartungen an Italien zu hundert Prozent trifft. Ich wollte schon immer mit einem Korb von Baum zu Baum ziehen, um Zitronen oder anderes Obst zu sammeln. Ich komme gar nicht aus dem Staunen raus, auch nicht, als ich auf die Academy zugehe und alles näher kommt. Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich sogar sagen, dass ich mich mitten in einem Märchenland befinde. Das Gebäude wirkt wie ein verwunschenes Schloss mit hohen Türmen, bestehend aus beigen Ziegelsteinen, die alles nur noch antiker wirken lassen. Die Fassade ragt weit in den Himmel rauf, Terrassen und hohe Fenster schmücken die Academy. Eine Brücke erscheint in meinem Sichtfeld, über die man zum Eingang gelangt. Unter der Brücke fließt ein Bach mit glasklarem Wasser, das Geplätscher ist nicht zu überhören. Die Vögel zwitschern im Klang der Natur. Eine Gänsehaut breitet sich auf meinen Armen aus, während ich mein Gepäck über die Steinbrücke ziehe. Ich schwitze, als würde ich auf einem Laufband joggen, doch ich habe keine Hand frei, um mir den Schweiß abzuwischen.

The Sunstead AcademyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt