Kapitel 22

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"Hast du dich schon entschieden?", ertönte Gortovs Stimme "Willst du deine Schwester retten, oder sie sterben lassen?" "Ich werde sie retten", antwortete ich. "Also schließt du dich mir an?", fragte er. "Niemals." "Das habe ich erwartet. Aber es ist dein Problem. Dann stirbt deine Schwester. Es ist mir egal", meinte er "Das ist nicht richtig", antwortete ich "Wenn du meine Schwester tötest hast du kein Druckmittel mehr. Dann würde ich mich dir noch unwahrscheinlicher anschließen." "Du hast recht", sagte er "Aber ich kann sie foltern. Sehr sehr schlimm. Schließ dich mir an und ich lasse sie frei." "Das glaube ich dir nicht." "Wenn du nich einmal du sagst, hat deine Schwester einen Finger weniger." "Ich werde mich dir niemals anschließen" "Dann wird deine Schwester den Rest ihres Lebens gefoltert werden!" "Wird sie nicht" Ich war gleichzeitig so wütend und hatte so viel Angst. Aber ich durfte es nicht zeigen. Er durfte es mir nicht anmerken. "Du kannst sie nicht retten. Nicht wenn du dich mir nicht anschließt." "Das werde ich nicht" "Dein Problem."
Das Bild verschwand. Aber ich wachte nicht auf. Ein neues Bild entstand.

Malia saß am Boden der Küche und schrubbte ihn. Die Hälfte war schon geschrubbt, die andere war noch dreckig. Aufgrund ihrer Größe hatte sie für dieses Stück mindestens den halben Tag gebraucht. Damit der Boden sauber blieb musste sie Tag und Nacht schrubben. Malia hatte Tränen in den Augen. Sie schwitzte und zitterte gleichzeitig. Die Arbeit war sehr anstrengend und es war offenbar sehr kalt. "Malia!", rief ich. Sie hörte mich nicht. "Malia! Bitte!" Keine Antwort. Verdammt!
Plötzlich öffnete sich die Tür. "Schrubb weiter", rief ein Loren-Elf. Er trat näher zu Malia und flüsterte: "Sonst musst du schlimmeres machen. Die meisten, die nicht gescheit arbeiten werden in den Kerker geschickt. Ich will das nicht. Ich möchte, dass du bei mir bleibst. Du warst doch gerade weg. So lange." "Ich habe dich auch vermisst. Und ich werde alles tun um bei dir bleiben zu können. Du solltest jetzt zurück. Du solltest deine Pause nicht auf brauchen. Du solltest schlafen.", sagte Malia "Nicht wenn du noch Arbeit hast", meinte der junge Elf und begann mit einem zweiten Schwamm zu schrubben. Nun ging es viel schneller. Malia lächelte jetzt. Ich sah, dass die zwei in einander verliebt waren, das war offensichtlich. Dafür brauchte ich nicht einmal Empathie. Genauso offensichtlich war auch, dass sie sich gern küssen würden, aber sich nicht trauten. Sie durften nicht zusammen gesehen werden. Das wäre für beide schlecht. Es fiel ihnen aber offenbar extrem schwer. Das Bild verschwand wieder.

Plötzlich sah ich Felicia. Sie weinte. Sie war in einer Kiste. Diese war dunkel und stickig. Felicia hatte Angst. Ich spürte es. Ich fühlte diese Angst. Ich begann zu zittern. Plötzlich hörte ich ein Krachen. "Fehlt ich noch wer?", rief ein Mann. "Ich glaube nicht", sagte ein anderer "Ah warte. Da hockt eine. Du da! Komm raus!" Ich wollte etwas sehen, aber durch die Angst war ich wie gelähmt. Ich weiß, dass es nicht meine Angst war, aber ich konnte es nicht lindern. "Wer bist du?", fragte der erste. "Mein Name ist Liane", sagte eine ruhige Stimme "Warum sind Sie gekommen? Warum haben Sie den Schrumpf-Trank verwendet, von dem sie nicht viel haben. Warum haben Sie so viele gefangen genommen. Was wollen Sie von uns?" "Ich stelle hier die Fragen. Was hat das Mädchen dir erzählt?", sagte der erste. "Welches Mädchen?", fragte Liane "Was erzählt? Von was redet ihr?" "Du weißt ganz genau von was ich rede! Was hat das Mädchen dir erzählt?" "Sie hat mir gar nichts erzählt" "Was kann das Mädchen?" "Es kann gar nichts. Es ist ein gewöhnliches Mädchen" "Lüg mich nicht an!" "Ich lüge nicht" "Und wie du lügst. Bringt sie dort hin wo die anderen sind und sperr sie in den Kerker. Mädchen sind schwach. Die können nichts arbeiten" "Aber die eine arbeitet doch auch!", meinte der zweite. "Das ist was anderes", antwortete der erste "Sie muss erschöpft sein. Arbeiten. Unglücklich sein. Nur dann wird sich das Mädchen uns anschließen. Wenn es ihr richtig schlecht geht." "Sie wird sich ihnen niemals anschließen", sagte Liane. Ich hörte einen Schlag und zuckte zusammen. "Nehmt sie mit! Los geht's!", rief der erste Mann und ich hörte leiser werdende Schritte. Nach einiger Zeit traute sich Felicia wieder zu atmen. Wieder eine Zeit später öffnete sie die Kistentür. Es war... Alles war verwüstet. Felicia kletterte aus der Kiste und rannte aus der Tür und durch die Stadt. Keiner war mehr da und nichts war noch ganz. Felicia setzte sich auf den Boden und weinte. Es zerriss mir das Herz. Sie weinte und weinte. Ich musste ihr doch irgendwie helfen. Jetzt war auch ich den Tränen nahe. Sie würde alleine sterben!! "Mamii", weinte sie "Wo bist du Mami? Bitte komm her. Du hast dich doch versteckt? Die bösen Männer haben dich doch nicht mitgenommen? Mamii! Bitte!" Sie weinte noch mehr. "Mami...", war das letzte, dass ich hörte, bevor ich aufwachte.

"Nein!", keuchte ich. Ich war schweißgebadet. Warum musste ich immer so aus einem Traum aufwachen? Ich schüttelte den Kopf. Ich setzte mich auf. Die anderen schliefen noch. Nachdem ich einige Zeit ruhig gesessen war, um sie nicht aufzuwecken, hielt ich es nicht mehr aus und rüttelte Damion wach. "Was?", fragte er verwirrt und verschlafen. "Damion", flüsterte ich "Damion komm mal mit, ich muss mit dir reden!" Damion stand sofort auf. Das sah lustig aus, denn er war so verschlafen, dass er durch das schnelle aufstehen taumelte. Ich musste lächeln. Er rieb sich die Augen. "Wohin geht's", fragte er immer noch verschlafen. "Ich weiß nicht. Irgendwo hin wo die anderen nicht aufwachen" "Okay"
Wir gingen an ein kleinen Plätzchen zirka eine Minute entfernt. Dort sagte ich: "Es tut mir leid, dass ich dich aufgeweckt hast. I..ich hielt es einfach nicht mehr aus." "Schon okay", sagte er sanft "Was ist denn los?" "Ich habe wieder geträumt", sagte ich "Zuerst von Gortov. Er sagte mir, dass er Malia foltern würde. Dann von Malia sie musste eine normal Größe putzen. Dann kam ein Junge. Er half ihr. Er war auch ein Elf. Sie waren offensichtlich verliebt. Malia geht es im Moment gut. Aber... Das ist nicht das warum ich dich geweckt habe... Ich hab von Felicia geträumt. Kannst du dich an sie erinnern? Das kleine Mädchen im Elfendorf?" Er nickte "Ich war bei ihr. Sie hatte sich in einer Kiste versteckt. Sie hatte Angst. Sie weinte. Ich hörte stimmen, die nach mir fragten. Sie fanden Liane. Sie wollte nichts sagen. Sie schlugen sie nieder" ich hatte Tränen in den Augen "Sie nahmen sie mit. Felicia stieg aus der Kiste... und... Alles war verwüstet. Sie hatten alle mitgenommen. Felicia rannte durch die ganze Stadt. Sie weinte so herzzerreißend. Sie rief nach ihrer Mama. A...alle waren weg", meine Stimme brach. "U...und das nur wegen mir." Damion umarmte mich "Es ist nicht deine Schuld", sagte er "Es war noch nie deine Schuld." "Wir müssen zurück und sie holen" "Wir können nicht zurück." "Wir müssen! Bitte!" "Wir können nicht. Es geht nicht" "Bitte! Wir müssen zurück! Wir können sie nicht einfach alleine lassen!" "Wir müssen aber" "Wieso müssen wir? Es sind nur vier Tage Unterschied! Das würden wir schaffen! Wir können Felicia nicht alleine lassen!" Ich war wütend, dass er das kleine Mädchen einfach alleine lassen wollte. "Wir müssen aber! Ich hab auch geträumt, Elli." Ich stockte. Er hatte geträumt. "Von was hast du geträumt?" "Von einer Gruppe Magier. Sie sind direkt hinter uns. Sie wissen wo wir sind, haben uns aber nich nicht angegriffen. Wenn wir zurück gehen, dann sind wir verloren. Sie sind zirka fünfzig. Das würden wir nicht überleben. Wir müssen weiter", sagte er. Meine Wut war versiegt. Jetzt hatte ich nur noch eine Mischung aus Angst, Schuldgefühlen und Trauer. Ich hatte Tränen in den Augen. Sie lösten sich und rannten meine Wangen herunter. Na toll. Jetzt weinte ich auch noch. Ich schloss meine Augen und drehte mich weg.
"Mia?", fragte Damion auf einmal "Wo bist du? Ich seh dich nicht" Ich drehte mich um. "Mia ist hier nicht", sagte ich. "Doch klar, ich höre sie ja" Ich starrte ihn an. "Oh mein Gott! Du.. du... Du kannst Telepathie!", rief ich. "Was? Nein, gar nicht. Das ist nicht möglich." "Oh doch! Oh mein Gott! Du redest mit Mia? Sag ihr sie soll zum Elfendorf. Sie soll Felicia holen! Los, schnell" "Das ist doch dämlich... ich kann nicht Telepathie.." "Mach!", unterbrach ich ihn. "Äh.. also Mia... du sollst zum Elfendorf. Dort ist ein Mädchen. Du musst es holen. Es ist allein. Das Dorf wurde überfallen." Nach einem Moment fügte er hinzu: "Die Stimme ist weg" "Ich sag ja du kannst Telepathie! Das war für mich auch seltsam, vertrau mir. Bei dir war es sogar logischer als bei mir. Naja zumindest zum Damaligen Zeitpunkt. Komm gehen wir zurück und erzählen es den anderen!" "Warum bist du denn jetzt so fröhlich?" "Felicia ist gerettet. Ihr kann nichts mehr passieren. Mia wird sie holen. Malia ist glücklich. Sie hat das, was sie seit Ewigkeiten wollte! Sie ist bei ihrem Freund! Ja okay, sie müssen hart arbeiten, aber sie sind glücklich. Und du kannst Telepathie! Das sind alles tolle, oder halbwegs tolle..., Nachrichten!" Damion starrte mich an. Dann zuckte er mit der Schulter und stand auf. "Dann gegen wir zurück", sagte er. Doch bevor er gehen konnte umarmte ich ihn. "Danke", sagte ich. "Kein Problem. Komm einfach zu mir wenn du was brauchst. Ich werde immer da sein" Ich lächelte ihn an. "Also.. Gehen wir!", sagte ich und lief voraus. Damion rannte mir lachend nach. Eigentlich wusste ich auch nicht, warum ich auf einmal so fröhlich war.

Gohrein - on HoldWo Geschichten leben. Entdecke jetzt