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"If I showed you my flaws, if I couldn't be strong. Tell me honestly, would you still love me the same?"
Locked Away - R. City feat. Adam Levine
Den ersten Tag in meinem neuen alten Zuhause verbrachte ich zum Großteil in meinem Bett. Nachdem Dylan irgendwann in den frühen Morgenstunden aus dem Zimmer geschlichen und zur Arbeit gegangen war, hatte ich mich aus seinem Bett und in mein eigenes gequält. Seitdem lag ich dort, starrte an die Decke und versuchte sowohl meine eigenen Gedanken als auch dieses seltsame Gefühl in meinem Bauch zu ignorieren. Ich konnte nicht genau sagen, wie es sich anfühlte, doch ich wusste, was der Grund dafür war: das Zurücklassen meines alten Lebens.
Ich hatte mein altes Leben mehr oder weniger in Chaos und Scherben zurückgelassen und befand mich nun in einem, das von einer Ruhe und Stille umgeben war, die ich nicht mehr gewohnt war. Ich hatte keinen Stress, musste nicht mehr aufstehen und hatte nichts zu tun. Zum ersten Mal seit ich fünfzehn war, musste ich nicht arbeiten, Termine einhalten oder mich um irgendjemanden kümmern. Zum ersten Mal seit Jahren war alles anders. So anders, dass ich mich seltsam verloren fühlte und mich deshalb in meinem Bett verkroch.
Den Rest dieser und den Anfang der zweiten Woche verbrachte ich genau gleich und hätte vermutlich die darauffolgenden Tage ähnlich verbracht, wenn mir meine Mutter nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht hätte. Am neunten Tag in Aberdeen lockte sie mich nämlich nicht nur gegen Mittag gekonnt aus den Federn, sondern sorgte auch dafür, dass ich mich den restlichen Tag im Wohn- oder Esszimmer aufhielt. Dort musste ich nicht nur etwas Essbares zu mir nehmen, sondern mich auch mit ihr unterhalten. Okay, wenn ich ehrlich war erzählte sie mir alle möglichen Dinge, während ich in meinen Tee starrte und in regelmäßigen Abständen nickte oder wahlweise ein "Aso?", "Mhm" oder "Wirklich?" von mir gab.
Am zehnten Tag wiederholten wir diesen Ablauf, ehe ich es schließlich nach fast zwei Wochen zu Stande brachte, mich zu einer einigermaßen vernünftigen Uhrzeit von selbst aus meinem Bett zu schleppen. Dadurch kam ich in den Genuss eines gemeinsamen Frühstücks mit meinen Eltern und der vertrauten Hektik meines Vaters, der beinahe zur spät zur Arbeit kam. Im Grunde war es also ein Morgen wie es jeder andere in der Zeit gewesen war, als ich noch bei meinen Eltern wohnte. Und ebenso wie es zu jener Zeit gewesen war, würde mein Vater auch heute pünktlich sein.
Dennoch eilte er von einem Ende des Hauses und band sich seine Krawatte, während er gleichzeitig seinen Kaffee austrank. Als er schließlich auf den Weg zur Arbeit war, durfte ich ein ähnliches Schauspiel mit meiner Mutter in der Hauptrolle beobachten, ehe ich endlich alleine Zuhause war. Die plötzliche Ruhe nach dem Sturm, den meine Eltern verursacht hatten, fühlte sich im ersten Moment wie ein Segen an, stellte sich aber schon nach wenigen Minuten als Qual heraus. Denn Ruhe und Stille bedeutete immer Zeit, um nachzudenken. Und nachdenken war im Moment nicht unbedingt das, was ich wollte. Deshalb versuchte ich mich mit lesen abzulenken, scheiterte jedoch so kläglich, dass ich es nach wenigen Minuten wieder aufgab und das Buch zur Seite legte.
Ein paar Minuten saß ich einfach nur auf dem Wohnzimmersofa und starrte in die Luft, dann erhob ich mich und schlenderte in die Küche, um mir eine Tasse Tee zu machen. Sobald ich das dampfende Getränk fertig zubereitet hatte, lehnte ich mich gegen die Küchentheke und starrte aus dem Fenster. Es dauerte einen Moment, bis mein leicht benebeltes Gehirn bemerkte, dass es schneite. Nicht unbedingt viel, doch immerhin fanden vereinzelte Flocken ihren Weg zum Boden.
Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich an den Schneespaziergang mit Niall dachte. Es war erst ein paar Monate her, dennoch fühlte es sich gerade an, als wäre es in einem anderen Leben geschehen. Meinen Kopf schüttelnd trank ich meinen Tee zu Ende, bevor ich in mein Zimmer ging und mir ein paar frische Klamotten zusammensuchte. Obwohl ich mich nicht gerade danach sehnte, das Haus und damit die sicherer Höhle, die ich mir geschaffen hatte, zu verlassen, wurde es nach fast zwei Wochen wirklich mehr als Zeit dafür, endlich mal in die frische Luft zu kommen. Und ein kleiner Spaziergang erschien mir dazu die passende Gelegenheit.
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With A Little Help From My Friends 2 - Heartbreak Girl
FanfictionSich in seinen besten Freund zu verlieben ist problematisch. Sich in seinen besten Freund zu verlieben, wenn dieser vergeben ist, ist gleich noch viel problematischer. Aber sich in seinen vergebenen besten Freund zu verlieben und dabei auch noch mit...