4. Kapitel

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Holly stürmte auf mich zu und umarmte mich.
"Du warst so toll! Ich musste mich zügeln, dass ich nicht los heule!", sagte sie stolz. Ich lächelte. Holly war oft sentimental wenn es um so Sachen ging. Wenn wir zum Beispiel zusammen ins Kino gingen heulte sie am Ende fast immer. Ich nicht. Grundsätzlich weinte ich nur, wenn ich Bücher las oder mich etwas zutiefst verletzte. Zuletzt richtig geweint hatte ich als meine Eltern gestorben waren. Es war der schlimmste Tag meines Lebens! Ich wollte nie wieder aus meinem Bett aufstehen. Einfach dort bleiben und sterben. Dorthin wo Mom und Dad waren. Zum Glück hatte mich Holly aufgemuntert und mir die Augen geöffnet. Seitdem waren wir beide unzertrennlich.
"Mein Gott Holly! Das mache ich doch ständig.", sagte ich lachend. Holly hakte sich bei mir unter und wir gingen nach draußen. Die kühle Nachtluft überraschte mich. Es war Winter. Die Bäume waren kahl und es wurde nicht mehr als höchstens 7 Grad warm.
Ich schmiegte mich enger in den Mantel und seufzte.
"Und jetzt gehen wir feiern!", sagte Holly glücklich.
Stimmt. Ich hatte ihr versprochen danach in einen Club zu gehen. Das wilde Partyleben war nicht mein Ding, aber ich wollte Holly damit danken.
"Ja, gehen wir.", murmelte ich. Eigentlich wollte ich jetzt im Bett liegen und lesen. Oder ein entspannendes Bad nehmen.
"Hey! Genieß das doch! Du bist nur einmal jung!"
"Das sagst du immer. Außerdem habe ich morgen schon um halb elf meine erste Schülerin.", entgegnete ich.
Mit erste Schülerin meinte ich erste Schülerin am Tag der ich Klavier spielen beibrachte. Viele Leute beneideten mich darum, dass ich mein Hobby zu meinem Job gemacht hatte. Richtig. Ich war Klavier Lehrerin der Reichen und Beliebten.
"Du und deine Arbeit!", rief sie und verdrehte die Augen. Ich lachte und folgte ihr zu dem Nachtclub.

Der Nachtclub war voll. Sehr viele Menschen tanzten und tranken, lachten und...naja tauschten Spucke aus. Holly gehörte zu letzterer Sorte. Sie stand knutschend mit irgendeinem Typ in der Ecke.
Ich wiederum saß gelangweilt an der Bar und beobachtete die Leute. Ebenso war ich kein Freund von Alkohol. Ein Glas Wein und ich war schon leicht betrunken. Ein zweites und ich war stock besoffen. Ein drittes und meine Lichter gingen aus. Holly machte sich immer darüber lustig, aber ich hatte mir angewöhnt das zu ignorieren.
Mir reichte es allmählich. Ich stand auf und ging zu Holly. Energisch tippte ich ihr auf die Schulter. Sie löste sich von dem Typ und schaute mich genervt an.
"Ich geh nach Hause! Viel Spaß noch.", schrie ich ihr über die Musik hinzu. Sie nickte und antwortete irgendwas. Ich verstand es nicht, zuckte mit den Schultern und ging zum Ausgang.
Endlich wieder draußen spazierte ich den Weg entlang. Ich hatte ein Auto, fuhr aber selten damit, weil ich gerne zu Fuß Sachen erledigte. Mein Apartment war ungefähr 30 Minuten von hier entfernt und der Weg führte durch einen wunderschönen Park. Hätte ich jetzt ein Buch bei mir würde ich bestimmt mir eine Parkbank suchen, mich hinsetzten und lesen.
Lesen war die erste Sache nach Klavierspielen, die mich in eine andere Welt entführte. Es verband es mit meinem Eltern, weil sie es mir beigebracht hatten als ich klein war.
Oft vermisste ich sie. Holly war die einzige andere Person, die mir nah stand. Also so nah wie niemand anderes. Natürlich hatte ich auch Kontakt zu anderem Menschen, aber Holly vertraute ich alles an.
Ich hatte keinen Freund. Keinen festen. Holly hatte immer einen Mann irgendwie bei sich. Das machte mich immer neidisch. Sie war einer dieser direkten, offenen Menschen. Ich dagegen war schüchtern und zurückhaltend.
Plötzlich musste ich wieder an Ihn denken. Holly hätte ihn bestimmt angesprochen. Warum war ich nicht zu ihm gegangen?! Er hatte mich angelächelt, das ist doch was positives, oder?
Mittlerweile stand ich vor dem Mehrstöckigen Haus in dem mein Apartment war. Ich ging hinein und eilte die Treppen hoch. Aufzüge mied ich ebenfalls. Die Angst stecken zu bleiben war fast schon übertrieben.
Eilig schloss ich die Tür auf, ließ meinen Mantel, Schuhe und Tasche im Flur liegen und lief direkt ins Badezimmer. Es war schlicht mit einer Dusche, einer Badewanne,einem Waschbecken und natürlich einer Toilette die alle in weiß waren. Die Wände waren schwarz gestrichen, was mir eigentlich ganz gut gefiel.
Schnell ließ ich mir ein Bad ein und zog mich aus. Ich öffnete meinen Zopf und meine Haare fielen mir gerade bis zur Brust herunter. Dann setzte ich mich in die Badewanne und entspannte mich.
Als ich fertig war wickelte ich mir ein Handtuch um und ging durch mein Wohnzimmer (auf dem Bild), stieg die Treppen hoch und stellte mich vor meinen Kleiderschrank. Schnell suchte ich mir Unterwäsche und Schlafanzug zusammen und zog sie mir an.
Erschöpft legte ich mich in mein großes Bett. Heute war kraftaufwändig gewesen und ich wahr erleichtert endlich im Bett liegen zu können. Ich kuschelte mich in die Kissen um in einen tiefen, ruhigen Schlaf zu fallen.

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