Kapitel 49-Enttäuschung

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Christina-Aguilera gewidmet.

10.Tag

Laze P.o.V (musste jetzt mal sein!)

Als ich bemerke, dass Finnick mir nicht folgt, wird mir übel. Wo ist er? Ich bin in der Nähe des Füllhorns, schon viel zu weit weg von unserer Höhle. Er konnte überall sein. Ich blicke mich um, aber nirgendwo ist eine Spur von ihm.
Langsam werde ich panisch.
,,Finnick", rufe ich so laut ich kann. Sollen Silla und Paul doch kommen.
,,Finnick", wiederhole ich noch lauter.
Ich überlege, ab wann er mir nicht mehr gefolgt ist. Der andere Tribut, der aus der Höhle geflohen ist, ist egal. Nur Finnick zählt.
Er darf jetzt nicht sterben. Nicht jetzt, wo wir nur noch so wenige sind.
,,Genau weil ihr so wenige seid, muss er es", höre ich meinen Vater fast schon sagen, wobei er bestimmt wieder seine Stirn vorwurfsvoll in Falten legt und die Augenbrauen hochzieht.
,,Lass dich nicht ablenken und töte sie einfach", höre ich seine Stimme in meinem Kopf.

Ich muss Finnick finden. Ich muss einfach. Wir könnten zusammen glücklich werden.
,,Nein!", flüstere ich leise. Das geht nicht. Früher oder später muss einer von uns sterben. Früher oder später werden wir und trennen müssen. Ich weiß genau, dass dieser Zeitpunkt kommen wird, aber die Unwissenheit darüber wann es sein wird und eine Stimme in meinem Kopf, die mir immer wieder mit einer honigsüßen und neckischen Stimme die Möglichkeiten meiner Zukunft mit Finnick aufzählt.
Ich kann ihn nicht verlieren. Aber ich muss gewinnen. Ich muss nach Hause zurück und meinen Vater stolz machen.
Die Gedanken zerreißen mich fast und ich falle auf den Boden und fange an zu weinen, wie ein kleines Kind.
Finnick ist die erste Person, bei der ich mich geborgen fühle, deren Nähe ich fast so sehr brauche wie Luft.
,,Du kannst ihn nicht lieben. Du wirst sterben und er gewinnt. Er wird sofort einen Ersatz für dich finden."
Einen Ersatz. Eine Andere. Ein anderes Mädchen, das nicht ich bin in seinen Armen.
Es tut weh, noch mehr als ich mir einen Pfeil im Körper vorstelle.

Bisher schaffte ich es relativ gut, nicht daran zu denken, was vielleicht in ein paar Tagen oder Stunden sein kann. Aber jetzt ist das Ende so greifbar.
Ich kann mir den Tod nicht vorstellen. Ehrlich gesagt will ich es gar nicht.
Eigentlich will ich das gar nicht.
Nicht darüber nachdenken. Alles wird gut.
Flüchtig wische ich mir die Tränen aus dem Gesicht und stehe langsam auf.
Die Hitze ist unerträglich und die Riemen des Rucksackes reiben auf meinen Schultern.
Ich muss zurück zur Höhle. Vielleicht ist er dort.
Langsam gehe ich los, den Blick zielsicher nach vorne gerichtet, bis mich ein regelmäßiges Piepen aus meinen Gedanken reißt.
Zuerst sehe ich nichts, da die untergehende Sonne auf dem silbern glänzenden Gegenstand reflektiert. Ganz langsam schaukelt er, bis er langsam auf den Boden aufsetzt.
Aufgeregt nähere ich mich dem Fallschirm.
Eine silberne Dose hängt unten dran. Vorsichtig hake ich die Seile des Fallschirms von der Dose aus.
Ich öffne die Dose und nehme das kleine Glasröhrchen mit etwa sechs kleinen violett glänzenden Kugeln darin, fast wie Perlen, heraus.
Unter dem Röhrchen befindet sich ein kleiner gefalteten Zettel, den ich aus der Dose ziehe und falte ihn auf.
,,Sechs Gegner, sechs weitere Tote. Sechs Mal eine Leichtigkeit für dich."
Mehr steht nicht auf dem Zettel. Was soll das heißen?
Dass es nur noch sechs Tribute außer mir sind, weiß ich.
Ich zähle die Kugeln. Es sind genau sechs.
Für jeden Tribut eine? Sind sie giftig? Würde es nicht genauer auf dem Zettel stehen, wenn sie giftig wären? Verwirrt packe ich das Röhrchen in meine Westentasche.
Irgendwann werde ich es vielleicht herausfinden.
Jetzt muss ich erst Finnick finden.

Die Sonne ist gerade vollkommen unter gegangen und die ersten Sterne leuchten. Ich lächele leicht, es muss ein Zeichen sein.
Als ich an der Höhle ankomme, klopft mein Herz wie wild.
Was, wenn er nicht da ist?
Entschlossen atme ich ein und knie mich auf den dreckigen Boden. Ich lege mich auf den Boden und ziehe mich mit meinen Armen nach vorne.
Als ich aufstehe und den Dreck von meiner Kleidung klopfe, spüre ich etwas Nasses an meinem Shirt. Angewidert sehe ich in trüben Schein der Sterne, dass es Blut ist.
Ich reiße die Augen auf und hätte fast geschrien, als ich realisiere, dass es Finnicks Blut ist.
Er liegt reglos auf dem Boden mitten in seinem eigenen Blut.
Ich nähere mich ihm langsam und lege mein Ohr auf seine Brust. Zerreißende Stille liegt in der Luft.
Auf einmal ist es so leise, dass ich glaube, meinen eigenen Herzschlag zu hören. Ganz langsam höre ich das Klopfen. Das kann nicht sein. Mein eigenes Herz rast vor Aufregung und Hysterie.
Ich hätte fast einen Luftsprung gemacht. Es ist Finnicks Herz. Er lebt!
Wahrscheinlich kommt das ganze Blut aus seinem Arm, wo er den Käferbiss hatte.
Ich beuge mich über seinen Arm und versuche, im matten Licht etwas zu sehen. Sein ganzer Arm ist voller glitschigem warmen Blut, weshalb ich die Wunde nicht finde.
Der Blutfluss muss gestoppt werden, sonst verblutet er.
Ich lasse meinen Rucksack vom Rücken gleiten und reiße ihn auf. Schnell krame ich meinen Anteil des Verbandskastens hervor.
Ich durchsuche die Verbände, Pflaster und Tabletten mach etwas Nützlichem.
So gut es geht, versuche ich die Schrift auf den Packungen zu entziffern, bis ich auf drei Packungen mit Verbänden stoße, auf denen ,,Blut stoppen" steht.
Ich reiße das Plastik auf und lasse die Verbände in meine Hand fallen. Hektisch beginne ich ganz oben an seinem Arm, die Verbände nacheinander nach unten abzuwickeln, sicher ist sicher.
Erst als sein ganzer Arm mit mehreren Schichten bedeckt ist, atme ich aus und lasse mich auf den Boden fallen.
Dabei rollt das Glasröhrchen mit den kleinen Kugeln aus meiner Tasche.
Ich hebe es auf und sehe es mir genauer an. Auf dem Deckel ist ein kleiner schwarzer Blitz gemalt.
Ich kenne diese Kugeln. Es gab sie schon einmal in vorherigen Hunegrspielen.
Sie betäuben einen leicht und geben Energie.
Deshalb wurden sie mir geschickt. Damit es mir leichter fällt, die anderen Tribute zu töten. Ich soll nicht mehr ganz bei mir sein, damit es mir leichter fällt und mehr Kraft haben.
Wütend balle ich die Hände zu Fäusten.
Aber vielleicht helfen sie Finnick. Ich öffne das Röhrchen und kippe eine Kugel auf meine Hand.
Vorsichtig öffne ich Finnicks Mund und lasse sie hinein fallen.
Ich habe absolut keine Ahnung, wann die Kugel wirkt und ob sie bei ihm überhaupt wirkt, aber ich hoffe einfach, dass es ihm in ein paar Minuten besser geht.
Ich ziehe meine Knie an meinen Bauch und schlinge meine Arme darum. Starr blicke ich auf Finnick. Seine Messer hängen immer noch an dem Gürtel, zusammen mit dem letzten Netz. Wo sind die anderen Netze? Hat er sie vielleicht verloren?
Ich sehe in der Höhle herum. Vielleicht sind sie hier irgendwo. Auf einmal richtet sich mein Blick auf etwas Glänzendes.
Finnicks DreizackDreieck liegt neben ihm und an einer der Zacken glitzert etwas.
Ich ziehe den Dreizack zu mir, der nur einen Meter neben mir entfernt liegt. Der Griff ist noch warm von Finnick. Anscheinend hatte er ihn erst vor ein paar Minuten in der Hand gehabt. Ich mustere die drei Zacken und fahre leicht mit dem Daumen darüber, da es ziemlich dunkel ist. Ich spüre Gravierungen auf der Zacke. Einmal auf der Akademie hatten wir gelernt, bestimmte Sachen bei Dunkelheit erfühlen zu können.
Langsam taste ich die geschwungene Schrift ab. Buchstabe nach Buchstabe ertaste ich, bis ich das Wort, besser den Namen herausgefunden habe. Wer ist dieses Mädchen? Ist es seine Freundin?
Mein Herz zerbricht in tausend Stücke, als Finnick plötzlich tief aufatmet und benommen murmelt:,,Annie."

Die Tribute von Panem-Dunkele LügenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt