Kapitel 75-Das Blut meiner Familie

715 39 27
                                    

@beawatti22 gewidmet :)

Finnick P.o.V.

Der kleine Zettel wiegt schwer in meiner Hand. Ich setze mich auf den Sessel am Schreibtisch und starre auf das blendend weiße Papier. Dann schließe ich die Augen. Will ich das überhaupt wissen? Wäre es nicht besser, sich auch solchen Dachen heraus zu halten? Einfach mein Leben zu leben? Wie eine Schachfigur des Kapitols. Nein, ich hätte einfach nur endlich meinen Frieden.
Ich atme tief durch und lege den Zettel in keine Schublade. Noch bevor ich sie schließen kann, nehme ich den Zettel wieder heraus und entfalte ihn.
Die Büste auf der anderen Seite meines Zimmers starrt mich von rechts mit den weißen Augen an. Ich starre zurück. Als Dalorea mir erzählt hatte, dass mein Vater schuld an dem Tod ihrer Familie sei, hatte ich die Büßte umgestoßen und sie war zerbrochen. Trotzdem steht hier eine exakte Kopie der vorherigen Büste, ohne jeglichen Kratzer. Ich schnaube. Absurde Perfektion.
Dann fasse ich mich wieder und mustere den kleinen Zettel zwischen meinen zitternden Händen.
Die Buchstaben sind sauber aufs Papier geschrieben.

Ich bin noch nicht lange ein Avox. Etwa seit zwei Jahren. Eigentlich komme ich aus Distrikt sieben. Dort habe ich mit meiner Familie gelebt, bis ich 13 war. Wir hatten nicht viel Geld und deshalb haben sich meine zwei Geschwister und ich oft für Tesserasteine eintragen lassen.

Von Tesserasteinen habe ich oft gehört, allerdings hat das in Distrikt vier niemand nötig. Hier trägt sich niemand für ein zusätzliches Los bei den Hungerspielen ein, nur um mehr Essen zu bekommen. Jeder hat hier genug. Allerdings ist es vor allem in den ärmeren Distrikten normal, weshalb das Schicksal vieler Kinder aus ärmeren Verhältnissen schon vorbestimmt ist.
Ich starre erneut auf die Büste mit den perfekten Gesichtszügen und lese schließlich weiter.

Dalorea P.o.V
Drei Jahre zuvor.

Tag der Ernte. Der Tag, an dem der gesamte Distrikt still ist. Es gibt keine spielenden Kinder in den Straßen, niemand geht zur Arbeit. Niemand traut sich, ein Wort zu sagen. Gefeiert wird abends, wenn die Ernte vorbei ist. Vorausgesetzt, man wird nicht ausgelost.
Cierras Atmung ist laut und schnell. Sie dreht ohne Pause zittrig an dem Ring an ihrem Finger. Ich hingegen sitze ruhig neben ihr, meinen Blick auf die abblätternde Tapete gerichtet. Sie war mal grün, denke ich. Jetzt hat sie die Farbe der Gesichter der Menschen aus Distrikt sieben. Grau, blass, mit einem aschfahlen Schimmer.
Cierra tippt hektisch mit ihrem Fuß auf den Boden, was mich nervös macht.

„Cierra, bitte."
Sie sieht mich von der Seite an, tippt aber weiterhin auf den Boden.

„Beruhig dich. Es wird nichts passieren. So wie die letzten Jahre."
Ich spreche von ihren letzten Jahren. Sie ist jetzt sechzehn, also ist die Zahl ihrer Lose höher, aber ich bin zuversichtlich.
Mein Name steht erst seit letztem Jahr auf einem Zettel. Mittlerweile sind es mehr als sieben, aufgrund der Tesserasteine. Cierra hat wahrscheinlich über zwölf.

Brand kommt aus dem Badezimmer und lächelt. Ich frage mich, wie er so gut drauf sein kann. Cierras Trippeln hört auf.
Er setzt sich wortlos neben sie und nimmt ihre Hand. Er riecht nach Rasierseife. Nach der teuren, die er nur für die Ernte und Geburtstage verwendet.

„Dreiundzwanzig.", sagt Brand plötzlich und strahlt uns an.
„Dreiundzwanzig Lose und trotzdem lebe ich noch."
Cierra lässt ihren Kopf gegen die harte, kaputte Sofalehne hinter uns fallen und ihre Atmung wird wieder lauter und zittriger.

„Hör einfach auf darüber zu reden", sagt sie leise und lässt Brands Hand los. Die beiden hatten immer eine engere Beziehung als Cierra und ich, aber ich nehme es ihr nicht übel. Sie ist eher ruhiger und er weiß eben genau, wie er unsere Schwester aufmuntern kann.

Du hast das Ende der veröffentlichten Teile erreicht.

⏰ Letzte Aktualisierung: Nov 08, 2018 ⏰

Füge diese Geschichte zu deiner Bibliothek hinzu, um über neue Kapitel informiert zu werden!

Die Tribute von Panem-Dunkele LügenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt