Kapitel 61-,,Ich wollte einfach nur ein gutes Ende"

793 59 27
                                    

@Xemerius gewidmet ♥

Beigelegte Musik hören↑
13.Tag

Finnick P.o.V.

Wie ein verängstigtes Tier geht sie immer weiter rückwärts und ihre Augen sind vor Furcht geweitet. Sie weint bitterlich, da sie weiß, dass einer von uns sterben muss.
Wahrscheinlich rechnet sie damit, dass ich sie jetzt jage und unbringe, aber so soll es nicht enden.
Ich befestige den blutigen Dreizack an meinem Gürtel und breite die Arme nach Laze aus.
Misstrauisch sieht sie mich an, aber ihre Sehnsucht ist größer und sie rennt auf mich zu und wirft sich mir in die Arme.
Eine Ewigkeit lang weint sie nur und ihr Körper zuckt hilflos in meinen Armen.
Ich streiche ihr über den Rücken und flüstere ihr zu, dass alles gut wird.
Aber wir beiden wissen, dass das eine Lüge ist.
Der Himmel hat sich rot gefärbt und wird immer dunkler.
Irgendwann blickt sie zu mir auf und ihre Augen sind vom Weinen rot.
,,Weißt du, wieso ich mich im Kapitol umbringen wollte?", schluchzt sie und ich schüttele den Kopf.
,,Ich wusste, dass es so enden würde."
Mehr sagt sie nicht, sondern wischt sich die Tränen aus dem Gesicht.
Jetzt muss ich es beenden.
Distrikt vier ist nicht mehr weit entfernt. Distrikt vier und Annie. Ich schließe Laze noch einmal in meine Arme und löse dabei unbemerkt ein Messer von meinem Gürtel.
,,Es tut mir leid", flüstere ich.
Dann steche ich ihr mein Messer in den Brustkorb.
Laze zieht scharf die Luft ein, dann wird ihr Körper schwer. Ich halte sie am Rücken fest und lege sie sanft auf meinen Schoß.
Der Stein unter mir ist kalt, über mir Lazes wärmer Körper.
Sanft streiche ich ihr durch die Haare.
,,Bleib bei mir", wispert sie ruhig.
Still rollt eine Träne über ihre Wange und auch mir schnürt sich die Kehle zu, aber ich versuche stark zu bleiben.
All das, was wir zusammen erlebt haben, ist jetzt vorbei.
Laze wird nicht mehr zurück kommen.
,,Es tut mir leid", sage ich noch ein mal und meine Stimme bricht ab.
,,Ich wollte nicht, dass es so endet."
Laze liegt still auf dem Steinboden und ihre Augen flimmern. Schwach deutet sie mit dem Finger nach oben. Dort leuchten Lazes Sterne am Himmel und jetzt rollt auch mir eine Träne über die Wange.
Ich sitze einfach nur da und warte darauf, dass irgendetwas passiert, streiche ihr durch die Haare und blicke in ihre grünen Augen.
,,Es tut mir leid", wiederhole ich immer und immer wieder verzweifelt, während mir die Tränen übers Gesicht rollen.
,,Finnick" Lazes Stimme bebt.
,,Es ist alles gut." Tränen rollen über ihre Wangen und ihr Brustkorb hebt und senkt sich schnell.
,,Ich bin bei dir, meiner ersten großen Liebe."
Besorgt sehe ich sie an. Sie wird sterben.
,,Als ich dich das erste Mal gesehen habe, wusste ich, dass es nicht so enden sollte", schluchzt sie.
,,Ich wollte einfach nur ein gutes Ende."
Ich bin ihr ein gutes Ende schuldig.
Ich beuge mich zu ihr hinunter und küsse sie.
Es ist ein Kuss voller Tränen, Blut und Trauer.
,,Geh nach Hause", flüstert sie mit zitternder Stimme.
,,Annie braucht dich."
Dann atmet sie langsam aus und flüstert etwas, dass wie ,,Mum" klingt. Sie ist angekommen.
Ihre Augen blicken starr in den Himmel, hinauf zu den Sternen.
Die Kanone knallt.
Die letzte Kanone der vierundsiebzigsten Hungerspiele. Vorsichtig schließe ich Lazes Augen. Sie sind immer noch nass vom Weinen und eine letzte Träne rollt über ihre kalte Wange.
Ich löse den Verschluss der Kette, an der meine Taschenuhr hängt und lege sie Laze um den Hals.
Langsam entferne ich mich von Laze und blicke nach oben.

,,Ladies und Gentlemen", schallt Claudius' Stimme feierlich durch die leere Arena.
,,Ich präsentiere ihnen den Gewinner der vierundsiebzigsten Hungerspiele. Finnick Odair aus Distrikt vier."
Der Applaus des Kapitols wird live übertragen und ein Lächeln umspielt meine Lippen.
Es ist vorbei.
Ich strecke meinen Dreizack in den Himmel und der Applaus wird lauter.
Ein Hovercraft kommt angeflogen und hält als erstes ein Stück entfernt, wo es Pauls Leiche nach oben holt. Dann wird Laze vorsichtig von der Metallklaue gegriffen und nach oben gezogen. Ihre Haare hängen nach unten und fliegen im Wind.
Dann wird die Treppe ausgefahren und ich steige von der Welle des Applauses begleitet auf die erste Stufe.
Der Strom der Treppe hält mich fest und ich werde langsam mach oben gezogen.
Ich blicke ein letztes Mal in die Arena, in der so viel passiert ist und denke an die dreiundzwanzig toten Tribute. Ihre Gesichter fliegen vor meinem inneren Auge vorbei und ich schließe für einen Moment die Augen.
Jetzt ist es vorbei.
Ich kann nach Hause.

Die erste Person, die mich empfängt, ist zu meinem Ärger Cleophy.
Hysterisch mit den Händen wedelnd, stöckelt sie so schnell es geht auf mich zu und umarmt mich fest.
,,Herzlichen Glückwunsch, Finnick", kreischt sie freudig und ich lächele.
Als nächstes empfängt mich Waleco, der mir nur die Hand schüttelt. Er sieht ein bisschen mürrisch aus. Jetzt werde ich nämlich Mentor sein. Er ist nicht mehr länger unter der Aufmerksamkeit des Kapitols.
Als Letzte kommt Mags. Still umarmt sie mich und klopft mir anerkennend auf die Schulter.
,,Ich bewundere deine Opfer sehr. Das hätte nicht jeder getan", flüstert sie mir ins Ohr, sodass nur ich es höre.
Ich nicke kurz.
Ich habe gewonnen.
Ich werde von einem Avox durch einen weißen Flur gebracht und schließlich auf eine Liege in einem ebenfalls weißen Raum gelegt.
Ein Sanitäter und führt eine Infusion in meinen Arm. Langsam werden meine Augenlider schwer.
Irgendwo hier im Hovercraft liegt Lazes Leiche ebenfalls auf einer Liege, wird gesäubert und anschließend in in einer Holzkiste nach Distrikt vier geschickt.
Wegen mir ist sie tot. Sie hätte an meiner Stelle hier liegen können. Lebendig.

Als ich aufwache, bin ich alleine.
Ich liege immer noch auf der Liege, allerdings trage ich jetzt einen weißen Kittel. Meine Arme sind frei und ich blicke als erstes auf meinen linken Arm.
Die entzündete Wunde ist nicht mehr zu sehen. Nicht einmal eine Narbe bleibt zurück.
Ich streiche über die glatte Haut, die sich anfühlt wie die Haut eines Neugeborenen. Aus Neugier taste ich auch nach der Wunde an meiner Schulter. Sie ist ebenfalls verschwunden.
So wie alle Narben, die ich jemals hatte, selbst die aus meiner Kindheit.
Alles ist verschwunden und mein ganzer Körper ist makellos.
Auf einmal öffnet sich die Tür und meine Stylistin Zaelynn kommt lächelnd herein und schiebt eine Kleiderpuppe vor sich her, die ein feines weißes Hemd, eine meeresfarbene Hose und ein ebenfalls meeresfarbenes Jackett trägt. Der Stoff ist leicht gewellt und glänzt wie Samt.
Über dem Jackett hängt ein Umhang in Form von einem Netz, der bis zum Boden geht und mich an den Mantel eines Königs erinnert.
Sie lässt die Puppe stehen und umarmt mich.
,,Herzlichen Glückwunsch", sagt sie feierlich.
,,Das hier ist ein Outfit fürs Interview. Es ist schick und spiegelt deinen Distrikt wieder.
Du sollst schließlich wie ein stolzer Gewinner aus Distrikt vier aussehen."
Sie lächelt.
,,Zieh dich schnell um. Dann gehen wir essen. Xill, Cleophy, Waleco, Mags und ein besonderer Gast sind da." Sie zwinkert mir verschwörerisch zu.
Mein Magen dreht sich um. Haben sie wirklich Annie eingeladen? Woher wissen sie das überhaupt?

Als ich den Anzug angezogen habe, schiebt mit Zaelynn einen Spiegel direkt vor mich und ich musterte mich.
Meine Haut ist sauber und schimmert sanft, meine Haare sind frisch geschnitten und locken sich munter.
Der Anzug leuchtet mit meinen Haaren um die Wette.
Ich meine, das Meer schon riechen zu können.
Distrikt vier ist nahe.
Allerdings ist es ein anderer Distrikt vier als vorher.
Die gleiche Wiese, die gleichen Wellen, die gleiche Sonne.

Es ist ein Distrikt vier ohne Laze.

Die Tribute von Panem-Dunkele LügenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt