Allein zu Hause

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Aber eigentlich wurde gar nichts besser. Eher schlechter.

Auch wenn ich mich oft mit Mel traf, wir Eis essen und ins Kino gingen, durchs Shoppingcenter tingelten und sie auf jede erdenkliche Art versuchte mich aufzumuntern, trieb mich Mikes schweigen in den Wahnsinn.

Inzwischen hatte ich ihm unzählige Nachrichten geschrieben und ich weiß nicht, wie oft versucht ihn anzurufen. Aber nichts! Niente! Narda! Nicht eine Reaktion kam von ihm.

Und irgendwie wusste ich nicht, was ich machen sollte.

Mir blieben nur noch ein paar Tage, dann musste ich ins Internat zurück.

Soviel zu dem Thema "Dinge klären"

In den ein eineinhalb Wochen Ferien, die ich bereits hinter mir habe, konnte ich gar nichts klären.

Nur das Verhältnis zu meinen Eltern besserte sich immer mehr.

Pascal wurde mit jedem Tag, den ich zu Hause war freundlicher und er war auch nicht mehr so gereizt, wenn ich mit Mel weg ging.

Scheinbar fing er langsam wieder an mir zu vertrauen. Ich gab ihm aber auch keinen Grund es nicht zu tun.

Ich war immer pünktlich zu Hause, stellte nichts Dummes an spielte oft Klavier und kam auch nie betrunken nach Hause, wenn ich mal wegging. Und da Mel oft bei mir war, konnte er sich auch davon überzeugen, dass sie ein wirklich toller Mensch war.

Ehrlich, zuverlässig und nett und überhaupt nicht kriminell, denn dafür hielt er meine Freunde ja bekanntlich.

Ich würde zwar nicht so weit gehen zu sagen, das er sie gern hatte, aber immerhin akzeptierte er, das ich es tat und das war schon ein großer Schritt.

Aber um so weiter die Ferien fortschritten, desto trauriger wurde ich. Langsam zog ich mich in mein Schneckenhaus zurück, aus dem mich Mike vor zwei Jahren und Ian vor zwei Monaten gelockt hatte, doch ohne sie, war ich verloren.

Da konnte nicht einmal Mel etwas dran ändern.

Ich vermisste meine "Jungs" einfach viel zu sehr.

Mikes Lachen. Seine unbeschwerte Art, seine Unbekümmertheit. Seinen Charme und seine breiten Schultern, in denen ich mich immer so wohl gefühlt hatte.

Doch mit jedem Tag, der verging vermisste ich auch Ian immer mehr. Vor allem da ich von Mike kein Lebenszeichen erhielt.

Nachts träumte ich von ihm und wünschte mir er wäre hier. Könnte mich in den Arm nehmen und mir versichern, das alles gut werden würde. Seine Ruhige Art, wie er meine Entscheidungen akzeptiert, sein Vertrauen in mich und das ich das richtige tue, auch wenn es bedeuten würde von mir getrennt zu sein, erwecken in mir den Wunsch genau das nicht zu sein. Getrennt von Ian.

Ich wünschte fast er wäre hier.

Heute ist Mittwoch. Nur noch vier Tage, die ich überstehen muss. Vier Tage, bis ich ins Internat zurück muss.

Vier Tage, bis ich all dem hier, was mich an Mike erinnert endlich entfliehen kann!

Antriebslos liege ich in meinem Bett und starre an die Decke.

Mel hat keine Zeit, Mara und Pascal sind zur Arbeit. Nur ich liege hier und tue gar nichts.

Ich male nicht, ich spiele nicht Klavier, ich laufe auch nicht, ich lese nicht einmal und höre auch nicht Musik.

Ich tu gar nichts.

Nur an die Decke starren, wenn man das denn etwas "Tun" nennen kann.

Eigentlich habe ich Durst und auf die Toilette muss ich auch schon seit einer gefühlten Ewigkeit, aber mir fehlt die Kraft mich aufzurichten.

✔All I want is... YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt