Ausflug ins ungewisse Teil2

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Vor uns Liegt ein See. Er ist ziemlich groß, dafür, dass er mitten im Wald versteckt liegt. Die Sonne wirft glitzernde schatten auf die glatte Oberfläche. Am Ufer entlang ist fast überall Schilf bis dicht an den Rand, nur hier und da kann man direkt ans Wasser heran.
Von unserem erhöhten Standpunkt aus kann ich die Nähere Umgebung überblicken, was in diesem dichten Wald schon was heißen will.

Die Lichtung mit dem Waldsee ist ganz schön groß. Trotzdem habe ich sie erst jetzt gesehen, wo wir auf dem Hügel angehalten haben. Luke fährt ein Stück auf dem Bergrücken entlang, bis er zu einer seichter abfallenden Stelle kommt, an der er sein Motorrad langsam den Berg hinunter gleiten lässt. 

Mike will ihm gerade hinterher, da klopfe ich ihm leicht mit der Hand auf seinen festen Bauch, der sich unter meinen Fingen, noch ein wenig mehr anspannt, als er das Bein zum weiterfahren anheben will. Er setzt das Bein wieder ab und dreht sich fragend nach mir um.

"Was denn los?"
"Können wir noch kurz hier bleiben?" ich rucke mit dem Kopf in Richtung der malerischen Landschaft vor uns.
Verwirrt schaut Mike zu mir Zurück und folgt dann meinem Blick.
"Wie du willst." spottet er, "Wirst auf deine alten Tage doch wohl nicht sentimental oder?"
"Ach halt die klappe!" schnauze ich ihn an und haue ihm mit der flachen Hand auf den Bauch. Er lacht.
Für Romantik hat Mike nichts übrig, das wusste ich schon, aber für mich erträgt er die Untätigkeit für einen Augenblick, bevor er das Gaspedal auffordernd aufheulen lässt.
mein Zeichen, mich von diesem Ort zu verabschieden. Ohnehin hat sein Spott meine verträumte Stimmung zerstört.

"Ja, Ja, schon gut. Wir können weiter." sage ich laut, damit er es über die Motorengeräusche hinweg verstehen kann. Noch einmal lässt er den Motor aufheulen, dann setzt sich die Maschine in Bewegung. Mike fährt den gleichen Weg, den Luke genommen hat. Es ist ganz schön steil und wir müssen umgefallen Bäumen ausweichen, über Wurzeln hinweg und dann fährt er einfach durch ein Dornengestrüpp, das sich relativ flach auf dem Waldboden ausbreitet. Trotzdem verfängt sich meine Jeans an einem der Äste. Eines meiner kunstvoll hineingeschnittenen Löcher reißt noch ein Stückchen weiter auf, so dass nicht mehr viel fehlt, bis es einmal ganz herum geht. Ist auch egal, die Hose habe ich eh von meiner Mutter. Sie sitzt gut, war ohne mein Umstyling aber nicht zum aushalten.
Wenigstens ist sie schwarz, so brauchte ich sie immerhin nicht gleich in die Mülltonne werfen. Schwarz ist meine Farbe. Ich trage nur schwarz. Meine Haare sind schwarz. Rabenschwarz. Ich habe sie so gefärbt, aber mir gefallen sie so besser. Normalerweise habe ich braunes Haar, Kastanienbraun die rötlich schimmern wenn die Sonne darauf fällt.
Ich kann mich kaum mehr daran erinnern, wie lange ich meine natürliche Haarfarbe schon nicht mehr gesehen habe.
Sicherlich war es, bevor ich den Wisch von der Adoptionsgesellschaft, auf dem Schreibtisch meines Vaters gefunden habe und bevor ich herausfand, das meine Eltern gar nicht meine Eltern sind. Das meine leiblichen Eltern keinen Bock auf mich gehabt hatten und mich wie ein stück Dreck in irgend so ein beschissenes Waisenhaus gesteckt haben. Bis dahin war ich eigentlich ganz normal. Und noch heute frage ich mich, wann mir "meine Eltern" eigentlich mal sagen wollen, das ich nicht ihr Kind bin. Denn das haben sie bis heute nicht getan.

 Ich muss so dreizehn oder vierzehn gewesen sein, als ich eines Nachmittags gelangweilt durchs Haus getigert bin auf der suche nach einer Ablenkung. "Meine Mutter" wollte nur schnell noch etwas einkaufen, bevor "mein Vater" von der Arbeit nach hause kam. Und ich hatte noch Schulaufgabe zu erledigen, zumindest hatte  ich das meiner Mutter gesagt, weil ich keine Lust hatte mit ihr zum einkaufen zu gehen.

Eine Zeit lang lag ich auf meinem Bett und hörte Musik, doch irgendwie konnte mich das an diesem Nachmittag nicht so recht begeistern. Also schlenderte ich durchs Haus, warf einen Blick in den Garten und vor die Haustür und suchte nach Sandmann unserem Kater, doch der war wohl irgendwo in der Nachbarschaft unterwegs und tat, was Katzen halt so tun, wenn sie nicht gerade schlafen.
Auf dem Weg in die Küche, wo ich mir einen Apfel holen wollte kam ich am Arbeitszimmer meines Vaters vorbei. Die Tür war nur angelehnt. Ich warf einen Blick hinein, obwohl mein Vater es nicht so gern hatte, wenn ich in sein Büro ging, wenn er nicht da war.
Er hatte den Pc nicht ausgeschaltet und ich wollte nur schnell meine E-Mails checken - ich hatte damals noch keinen eigenen Computer-, als ein Schriftzug, auf einem der Papiere auf seinem Schreibtisch, meine Aufmerksamkeit erregte.

✔All I want is... YouWo Geschichten leben. Entdecke jetzt