Schicksale

321 32 10
                                    

Diegos Umarmung tut mir verdammt gut. Ich kann mich langsam entspannen und normal atmen. Die ganze Last fällt von mir ab, denn Diego weiß jetzt warum ich mich so verhalte. Ich löse mich von ihm und schaue in seine wunderschönen Haselnussbraunen Augen, in die ich mich so verliebt habe.
'Alles wieder gut?' fragt Diego leise nach und ich nicke selbstbewusst.
'Du bist dran' sage ich ebenso leise wie er und Diego schaut mich ängstlich an.
'Ich kann das nicht' murmelt er und schaut nach unten.
'Natürlich kannst du das. Diego ich werde nichts dazu sagen, wenn du willst. Ich möchte dich einfach nur besser kennenlernen, genau wie du mich jetzt besser kennst'
'Na schön' sagt er, nachdem er nochmal tief durchgeatmet hat. Er schaut nach oben und seine Augen signalisieren mir Angst und Nervosität. Ich lege meine Arme um seinen Körper und streichel sanft seinen unteren Rücken. Ich merke wie er sich ein bisschen entspant und mache weiter damit.
'Alles hat angefangen als meine Mama ihren Job verloren hat..ich war 12 oder so. Meine Eltern hatten Louis ein Auslandsjahr finanziert, da er sein Englisch verbessern wollte und er generell immer gern reiste. Durch den Verlust der Arbeit war das Geld eben knapp. Mein Vater war nur Angestellter in einem Getränkemarkt. Ich konnte viele Schulausflüge nicht mehr mit machen, da das Geld nicht gereicht hatte. Meine Mutter hatte sich überall beworben, wurde aber immer abgelehnt. Die Ehe meiner Eltern hat begonnen zu bröckeln. Während meine Mama und ich jeden Penny dreimal umgedreht haben, hat mein Vater sein ganzes verdientes Geld für Glücksspiel und Alkohol rausgehauen. Ich hab darunter wirklich gelitten, war im Unterricht nur noch körperlich anwesend. Ein paar Mitschüler hatten mich immer wieder gemobbt, da ich dreckige oder kaputte Sachen getragen habe. Ich hab mich gewehrt und fast täglich in der Schule mit irgendwem geprügelt. Auf die Lehrer habe ich nicht mehr gehört. Meine Noten waren unterirdisch, da ich mich einfach auf nichts konzentrieren konnte...eines Nachmittags bin ich von der Schule gekommen. Meine Mutter war bei einem Vorstellungsgespräch und mein Vater hatte drei Tage frei, dass heißt nur er war zu Hause. Ich bin in mein Zimmer, habe meinen Rucksack weggeschafft und bin in die Küche, wo mein Vater saß. Ich hatte ihn begrüßt und wollte mir Essen auffüllen. Dann meinte er, ich solle mit ihm in den Keller, er hat dort eine kleine Überraschung für mich. Ich hab mich total gefreut und bin mit ihm runter. Dort hat er angefangen mich anzuschreien, meine Lehrerin hätte schon öfters angerufen und ihn über mein schlechtes benehmen informiert. Außerdem sei ich ein dummes Stück Mist, was ein Ausrutscher war. Ich stand nur regungslos da und ließ die Worte auf mich niederprasseln, bis er seinen Gürtel aus der Hose machte. Ehe ich mich versah, flog die Gürtelschnalle in mein Gesicht. Ich fing an zu wimmern, wollte das er aufhört, doch er schrie mich weiter an und schlug immer und immer wieder zu, bis oben die Haustür aufging. Er drohte mir, wenn ich Mama was sagen würde, dann würde es sowohl für sie als auch für mich übel ausgehen...sie hat all die Monate nichts gemerkt...wenn ich ein komplett rotes, blutunterlaufendes Gesicht hatte durch meinen Vater hab ich immer wieder neue Ausreden erfinden müssen, die sie geglaubt hatte...Sieben Monate lang ging das so, bis man ihn tot aus einem Fluss zerrte...er hatte schon die ganze Zeit ein Alkoholproblem und an einem Abend ist er betrunken von einer Brücke gefallen, direkt ins Wasser. Man hatte ihn erst am morgen danach gefunden wo er schon tot war...'
Während Diego alles so kühl und monoton erzählt sitze ich mit Tränen in den Augen da. Wie kann man einem Menschen sowas antun? Mein armer Diego, verprügelt vom eigenen Vater. So schnell ich kann kuschel ich mich an Diego und drücke ihn so fest ich kann...

1:0 Für Die LiebeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt