Kapitel 10 - Aus den Augen verloren

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Nach dem Gespräch mit Harry auf der Party, hatte ich Lydia im Garten entdeckt, welche mich nur widerwillig nach Hause gebracht hatte. Danach hatte sich Lydia nicht mehr gemeldet. Zwar war es erst ein paar Stunden her, dass sie mich nach Hause gebracht hatte, aber wenigstens hatte ich gerade meine Ruhe. Ich hatte genug Stoff, um das ich mich kümmern konnte.


Oder eher nachdenken konnte.

Eigentlich hatte Harry ziemlich recht. Ich konnte nicht erwarten, dass alle Leute mich mochten.

Selbst jetzt, während ich versuche mich Lydia anzupassen, wird es Leute geben, die mich wegen dem nicht mögen könnten. Harry scheint Menschen wie Lydia auch nicht wirklich zu mögen, wenn man mal beachtete, wie er über Lydia gesprochen hatte.

Ich fragte mich, woher er wissen wollte, dass man nicht wirklich mit Lydia befreundet war. Ich meine, man verbrachte Zeit mit ihr, dann ist man doch mit ihr befreundet oder nicht?

Lucy und ich hatte schließlich auch Zeit miteinander verbracht und waren richtige Freunde.

Zumindest glaubte ich, dass wir richtig befreundet waren.

Seufzend rieb ich mir mit meinen Handflächen übers Gesicht und schlug die Decke zurück.

Ich sollte aufhören darüber nachzudenken, was Harry gesagt hatte. Es brachte mich dazu Lucys und meine Freundschaft in Frage zu stellen.

Nachdem ich einmal tief durchgeatmet hatte, stand ich auf und ging nach unten in die Küche. Ich erwartete eigentlich, dass dort Dad mit Kaffee und Zeitung sitzen würde, doch die Küche war leer.

Jetzt war er selbst an einem Sonntag um 11 Uhr morgens im Verlag?

Ich seufzte einmal und schaltete die Kaffeemaschine an, damit sie mir einen Kakao machte.

Da niemand hier war, um mich in irgendeinerweise abzulenken, drifteten meine Gedanken wieder zu gestern Abend.

Laut Harry sollte ich mir Freunde suchen, die mich so mochten, wie ich war.

Wie sollte man aber solche Freunde finden?

Ich meine, selbst vor Lucy war ich nicht komplett ich gewesen. Zumindest glaubte ich das.

Trotzdem sah ich sie als meine einzige richitge Freundin.

Oder war es nur eine Illusion gewesen, die ich selbst erschaffen hatte?

Das Piepen der Kaffeemaschine riss mich aus meinen Gedanken. Vorsichtig nahm ich die heiße Tasse und stellte sie auf den Küchentisch.

Der Kakao war jetzt sowieso viel zu heiß, um ihn sofort zu trinken. Also würde ich einfach einen Moment warten.

Ich ließ mich wieder in meine Gedanken driften, während ich mich auf einen der Stühle sinken ließ.

Wer war ich eigentlich?

Ich war Robin Amilia Adams und 16 Jahre alt. Ich wurde in New York geboren und meine Mutter ist gestorben, als ich 12 Jahre alt war. Ich liebe die Lasagne nach Mums Rezept und Game of Thrones. Und ich liebe es zu tanzen, aber das Cheerleader-Team ist nichts für mich.

Mehr fiel mir nicht wirklich ein. Und das war nicht wirklich viel, was ich auflisten konnte. Lucy hatte so viele Hobbys und Interessen, denen ich allen einfach gefolgt bin, aber nie wirklich tun wollte.

Ich war schon so lange darauf konzentriert gewesen, mich anzupassen, damit man mich mochte, dass ich aus dem Augen verloren hatte, was ich tun wollte. Ich wusste nicht mal, in welchem Kurs lieber belegt hätte, wenn ich nicht mit Lucy zu ihrem Schauspiel-Kurs gegangen wäre.

Wer genau war ich? Ich wusste es nicht.

Ich kannte mich nicht.

Ich wusste nicht, ob ich zum Beispiel ehrgeizig oder stur war.

Stattdessen war ich einfach nur die Person, die andere Leute in mir sehen wollten. Und jetzt hatte ich mich selbst aus den Augen verloren.

Zwischen all' den Momenten, indenen ich nicht ich selbst gewesen war... War da irgendwo Teile von mir?

Wieder seufzte ich und griff nach meiner lauwarmen Tasse.

Harry war an all dem schuld. Er hatte mich verwirrt mit seinem Farbenspruch, den er bestimmt irgendwo mal im Internet gelesen hatte und der Tatsache, dass er verdammt nochmal recht hatte, dass ich nicht ich selbst war.


Und wieder stellte ich mir die Frage, wer ich wirklich war.

Oder, wie Harry es angedeutet hatte, welche Farbe ich war.

Wenn man es genau betrachtete, war das mit den Farben garnicht so dämlich, wie es mir am Anfang erschien.

Die Charaktereigenschaften eines Menschen könnten alle eine eigene Farbe haben. Und zusammen würden sie eine einige Farbe bilden. Unsere Farbe.

Gott, jetzt hatte Harry mich sogar dazu gebracht darüber zu philosophieren, was uns Menschen eigentlich ausmacht und wie man sie mit Farben in Verbindung bringen konnte.

Ich trank den letzten Schluck von meinem Kakao und stand schließlich auf, um die Tasse in die Spühle zu stellen.


Leise, obwohl ja sowieso niemand da war, schloss ich meine Zimmertür hinter mir und betrachtete die Einrichtung.

Frustriert stöhnte ich auf und schloss die Augen für einen kurzen Moment, als ich mich wieder fragte, ob diese Einrichtung wirklich mein Geschmack war.

Ich übertrieb es langsam.

Mir gefiel die Einrichtung so. Niemand hatte seine Finger im Spiel gehabt, als ich die Möbel mit Dad ausgesucht hatte. Es war gemütlich hier.

Vorallem das kleine Sofa, das in der Ecke stand. Lucy hatte ein ähnliches in ihrem Zimmer gehabt.

Ich stockte.

Hatte ich mir dieses Sofa nur gekauft, weil Lucy auch eins hatte?

Gott, ich war so verwirrt.

Ich wusste nicht, was ich getan habe, weil ich es wollte oder weil ich jemand anderes gewesen bin.

Langsam ließ ich mich an der Tür runter rutschen und blieb einfach auf dem Boden sitzen, während ich weiterhin einfach mein Zimmer betrachtete.

Ich hatte mich selbst komplett aus den Augen verloren.

Ich hatte meine Farben übermalt.


Ich bin so unzufrieden mit diesem (Übergangs-)Kapitel, eww.

COLORS » Harry Styles | #Wattys2016Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt