D A V I D
Der steife Anzug liegt unangenehm auf meiner Haut. Er ist neu geschneidert worden, trotzdem sitzt das Sakko locker und da ist viel zu viel Raum für meine schmalen Schultern. Auch meine Schuhe, neu und glänzend, drücken. Ich ignoriere mein ungutes Gefühl und bemühe mich, die Geschehnisse um mich auszublenden, so gut es geht. Hier sind zu viele Menschen, lauter Männer der Gesellschaft. In kleinen Gruppen stehen sie plaudernd um die Stehtische herum, Weingläser in den Händen, die Stimmung bereits gehoben vom Alkohol. Sie sind laut und wie immer nehmen sie den gesamten Platz im Raum ein. Am anderen Ende des Salons drängen sich die Frauen zusammen, hübsch herausgeputzt in ihren prächtigen Kleidern. Doch sie werden nicht in das Geschehen miteinbezogen. Sie bleiben im Hintergrund, unter sich.
Der Mann an unserem Tisch lacht auf. Mein Vater hat einen weiteren Witz auf meine Kosten gemacht. Seitdem er versucht, mich wieder in die Gesellschaft einzugliedern, passiert das ständig. Begonnen hat das ganze vor zwei Wochen auf Silvans Verlobungsfeier. Es war das erste Mal, dass ich wieder unter Menschen kam. Und das erste Mal, dass ich Silvan wiedersah. Doch ich konnte ihn nur aus der Ferne betrachten und durfte auch gerade so eine Stunde auf der Feier bleiben. Nur so lange, wie die Zeremonie dauerte. Bevor das Buffet eröffnet wurde, verfrachtete mich Finn auf Kyles Befehl zurück in den Wagen und brachte mich zurück in die Villa meines Vaters. Seit rund einem Monat darf ich wieder dort leben, wenn auch mit strengen Auflagen.
Vor meinem Fenster hat Kyle ein Gitter angebracht und meine Türe wird rund um die Uhr bewacht. Ich kann meine Räume nur verlassen, wenn Kyle es anordnet und Finn oder ein anderer Wachmann mich abholt. Ich bin mir nicht sicher, ob ich dieses Luxusgefängnis der kalten Zelle vorziehe. Und ich bin mir auch nicht sicher, wie viel Zeit inzwischen seit meiner Rückkehr in die Stadt vergangen ist. Im Gefängnis behielt keiner mehr den Überblick. Meine Zellengenossen waren dafür schon zu lange eingesperrt. Ab und zu überlegte ich, Finn danach zu fragen, doch ich stellte ihm nie diese Frage. Denn was nutzt es mir? Die Tage sind noch immer kalt, aber der Jahreswechsel ist an uns vorübergezogen.
Meine Tage sind einsam, doch seitdem ich wieder in der Villa lebe, tragen sie einen kleinen Hoffnungsschimmer in sich. Denn wenn mein Vater mich wieder der Öffentlichkeit aussetzt, dann hat er zumindest weiterhin vor, mich zu seinem Erben zu erziehen. Mich nach seinem Belieben zu formen. Und solange ich mitspiele und mit Finn und den Rebellen Kontakt halte, ist in mir dieser winzige Funken der Hoffnung.
Ich spüre alle Blicke der Männer an unserem Tisch auf mir ruhen, sehe, wie sie hämisch über mich lächeln und auf einmal halte ich es nicht mehr aus. Dieser abschätzige Ausdruck in ihren Augen, die Stimme meines Vaters, der über mich spottet. Die Gedanken in meinem Kopf, dass ich einmal ein Teil davon sein muss, ein glaubhafter Befürworter dieses Systems. Ich atme ein, zittrig, und stelle mein Wasserglas ab. Ich muss mich zusammenreißen, um bedächtig den Kopf zu neigen.
„Dürfte ich mich kurz entschuldigen?", bringe ich gerade noch hervor, ehe ich mich schon durch die Menge drängle. Ich höre, wie Kyle etwas sagt und augenblicklich folgt Finn mir. Ich bemühe mich wirklich um einen angemessenen Schritt, nicht zu schnell, nicht zu hastig, und steuere auf den Seitenausgang des Salons zu.
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Freiheit - David & Rune
Sci-fi» „𝘋𝘰𝘤𝘩 ... 𝘦𝘴 𝘨𝘪𝘣𝘵 𝘦𝘵𝘸𝘢𝘴, 𝘥𝘢𝘴 𝘪𝘯 𝘥𝘦𝘳 𝘎𝘦𝘴𝘦𝘭𝘭𝘴𝘤𝘩𝘢𝘧𝘵 𝘯𝘪𝘤𝘩𝘵 𝘦𝘹𝘪𝘴𝘵𝘪𝘦𝘳𝘵." 𝘐𝘤𝘩 𝘴𝘦𝘩𝘦 𝘻𝘶 𝘙𝘶𝘯𝘦, 𝘧𝘢𝘯𝘨𝘦 𝘪𝘩𝘳𝘦𝘯 𝘦𝘧𝘦𝘶𝘨𝘳𝘶𝘦𝘯𝘦𝘯 𝘉𝘭𝘪𝘤𝘬. 𝘔𝘦𝘪𝘯𝘦 𝘚𝘵𝘪𝘮𝘮𝘦, 𝘦𝘪𝘯 𝘏𝘢𝘶𝘤𝘩...