Fünf Jahre später
„Ariel! Na warte, das kriegst du zurück!"
Lachend wischt sich die rothaarige Frau den dunklen Matschfleck von ihrer Hose. Der Schlamm des Seeufers spritzt hoch durch die Luft und landet nun auch im Gesicht des kleinen Mädchens, welches kichernd versucht, wegzulaufen. Mit entsetzten Schreien ergreift das Mädchen die Flucht. Doch die junge Frau ist schneller. Nach wenigen Schritten hat Rune die Kleine eingeholt und packt sie stürmisch an den Hüften, um sie hochzuheben. Inzwischen ist Ariel beinahe zu schwer, um richtig auf den Arm genommen zu werden. Dennoch hievt Rune das sich windende Mädchen hinauf.
„Tante Rune!", ruft die Kleine lachend. „Lass mich hinunter!" Sie kichert und bronzefarbenen Augen mustern Rune belustigt. „Du siehst ja aus wie eine Moorleiche!"
„Und wem habe ich das zu verdanken?", erwidert die rothaarige Frau, die Augenbrauen gespielt verärgert hochgezogen. Das blonde Mädchen in ihren Armen bricht in Gekicher aus. „Ich glaube, du brauchst auch noch etwas davon. Ich habe gehört, das soll schöne Haut machen."
Umständlich erwischt Rune etwas von dem Matsch in ihrem Gesicht und streckt sich zu dem kleinen Mädchen, welches versucht, der kalten Masse zu entkommen. Doch es ist zu langsam. Im nächsten Augenblick klebt der Gatsch schon auf Ariels' Wange. Das Mädchen schreit auf und strampelt sich aus dem Griff der rothaarigen Frau frei.„Rune, was stellst du schon wieder mit meiner Tochter an?" Hinter den beiden ist die ehemalige Stammesführerin aufgetaucht. Freudig drückt sich Ariel gegen ihre Beine und schmiert dabei den Schlamm auch in Toris' Hose.
„Gar nichts, ich bin vollkommen unschuldig!", erwidert Rune und zwinkert dem kleinen Mädchen zu. „Eigentlich wollten wir nur schwimmen gehen ..." Toris seufzt und fährt ihrer Tochter durch das blonde Haar.
Das kleine Mädchen ist mit der größte Grund, warum Rune ihr Leben bei den Lihai liebt. Das weiß ich ganz genau.
Damals, vor mittlerweile fünf Jahren, kehrten Rune und ich zurück unter die Bäume. Zurück zu den Lihai. Der Anfang war schwer. Für mich war es nicht einfach, die Stadt und die neue Gesellschaft hinter mir zu lassen. Und Rune fiel es nicht leicht, das Vertrauen ihres Stammes wieder zu erlangen.
Nach dem, was vorgefallen war, dauerte es viele viele Monde, bis Rune und auch ich als Mitglieder der Lihai akzeptiert wurden. Nicht jeder kam mit Runes abrupten Aufbruch klar und damit, dass die Stadt nun eine andere ist. Veränderungen sind nur schwer hinzunehmen. Vor allem, wenn sie so schwerwiegend sind. Trotzdem offenbarten sich von da an neue Möglichkeiten. Manche der Lihai beschlossen, ihr Leben in der Stadt weiterzuführen und ab und zu finden Bewohner der Stadt den Weg in die Wildnis. Mit der Zeit kehrte Normalität in unser Leben ein und als Toris Rune erzählte, dass sie schwanger ist, fand das rothaarige Mädchen ihr ganzes Glück an einem Ort.
Die Stammesführerin wollte ihre Tochter im Gedenken an Runes Mutter Isabelle nennen. Jeddoch war sie vom Namen meiner Mutter so begeistert, dass Rune ihr schließlich Tag für Tag versichern musste, dass es ihr wirklich nichts ausmacht, wenn sie ihre Tochter Ariel nennt.
Mit Ariels Geburt brach ein neuer Abschnitt der Lihai an. Mit der Begründung, sie braucht von nun an mehr Zeit für ihre Tochter, gab Toris ihr Amt als Stammesführerin an Rune weiter. Die Lihai vertrauen Toris. Und Toris vertraut Rune. Das wichtigste ist jedoch, dass sie auch mich akzeptieren. Und zwar an der Seite der neuen Stammesführerin.
Von meinem Platz am Ufer sehe ich, wie Rune auf mich zukommt. Grinsend mustere ich ihr vor Dreck starrendes Gesicht. Sie verdreht nur die Augen. „Denk dir gar nichts dabei", murmelt sie mir zu und umarmt mich flüchtig, darauf bedacht, mich nicht auch noch schmutzig zu machen.
„Ich sage ja nichts", erwidere ich mit erhobenen Armen. „Mir ist es ganz gleich wie du aussiehst, solange du glücklich bist." Rune drückt sich an meine Seite und ich schlinge meinen Arm um sie. An meinem Hals spüre ich ihr Lächeln. „Ich liebe dich", wispert sie gegen meine Haut.
Meine Lippen berühren ihr Haar. „Ich dich auch."
Von innerer Glückseligkeit erfüllt sehen wir gemeinsam über den See und beobachten, wie der Wind das Wasser gegen das Ufer treibt.
Auf einmal trifft mich etwas Kaltes schwer im Nacken. Nasse Tropfen rinnen meinen Rücken hinunter.
„Erwischt!", ruft das honigblonde Mädchen vergnügt, als ich mich erschrocken umdrehe. In ihren Augen glitzert die Belustigung und in ihren kindlichen Händen wartet schon die nächste Ladung Schlamm. Rune hebt die Augenbrauen und lacht laut, ein freudiges, freies Lachen.
Hand in Hand stehen wir auf, um die Verfolgung des kleinen Mädchens aufzunehmen.
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Freiheit - David & Rune
Science-Fiction» „𝘋𝘰𝘤𝘩 ... 𝘦𝘴 𝘨𝘪𝘣𝘵 𝘦𝘵𝘸𝘢𝘴, 𝘥𝘢𝘴 𝘪𝘯 𝘥𝘦𝘳 𝘎𝘦𝘴𝘦𝘭𝘭𝘴𝘤𝘩𝘢𝘧𝘵 𝘯𝘪𝘤𝘩𝘵 𝘦𝘹𝘪𝘴𝘵𝘪𝘦𝘳𝘵." 𝘐𝘤𝘩 𝘴𝘦𝘩𝘦 𝘻𝘶 𝘙𝘶𝘯𝘦, 𝘧𝘢𝘯𝘨𝘦 𝘪𝘩𝘳𝘦𝘯 𝘦𝘧𝘦𝘶𝘨𝘳𝘶𝘦𝘯𝘦𝘯 𝘉𝘭𝘪𝘤𝘬. 𝘔𝘦𝘪𝘯𝘦 𝘚𝘵𝘪𝘮𝘮𝘦, 𝘦𝘪𝘯 𝘏𝘢𝘶𝘤𝘩...