14. Gespräch (√)

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Lesenacht Teil: 1/4:

Es ist mein erster Kuss. Und dieser ist mit Eric. Es fühlt sich einfach nur...unbeschreiblich an. Obwohl er mich mit seinem festen Griff daran hindert, mich dem Kuss zu entziehen, ist er dennoch geradezu sanft und löst ein Gefühlschaos in mir aus. Ich bin unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen, während wir uns so nah sind. Das Einzige, an das ich denken kann, ist, dass es mir gefällt. Und dass ich mehr davon will. Es überrascht mich selbst, als ich mich aus meiner Starre löse und meine Arme um seinen Nacken lege. Sanft fahre ich ihm durch das kurz geschorene Haar und drücke mich näher an ihn heran. Als wir unsere Gesichter voneinander lösen, um wieder zu Atem zu kommen, kann ich die Hitze in meinen Wangen spüren, die mir klar macht dass ich nun aussehen muss, wie eine Tomate. Mein Herz schlägt wie verrückt und ich weiß nicht, ob ich glücklich oder wütend sein soll. Mein Körper nimmt meinem Verstand diese Entscheidung ab, denn kurz darauf ziehe ich seinen Kopf wieder zu mir herunter und küsse ihn erneut. Ich spüre, dass es Eric zuerst überrascht, doch dann lächelt er in den Kuss hinein und zieht mich noch näher -wenn das überhaupt noch möglich ist - zu sich heran.
Wieso hat mir niemand gesagt, dass sich Küssen so gut anfühlen kann?...entgegen meiner Vorstellungen ist Eric richtig rücksichtsvoll und vorsichtig. Ich bin ihm so nahe wie noch nie und er tut mir nicht weh...im Gegenteil...
Schwer atmend löse ich mich von ihm und weiche ein paar Centimeter zurück. Oh nein, oh nein nein nein...das alles geht in die falsche Richtung, Elena! Wie konntest du nur so schwach werden?!
Das müssen die Hormone sein. Ganz sicher. Mein Verstand ist es jedenfalls nicht, der gerade mit mir durchgegangen ist.
„Was...was fällt dir eigentlich ein, mich zu küssen.", presse ich hervor und versuche, mein Herzrasen unter Kontrolle zu bringen. Ich blicke hoch und sehe, wie Eric grinst.
„Wenn ich dich daran erinnern darf, du hast mich ebenfalls geküsst, Prinzessin.", erwiedert er belustigt. Empört starre ich ihn an und stammle: „J-Ja, aber nur weil du...du hast mich zuerst geküsst! Das ist alles deine Schuld!"
„Meine Schuld?", hakt er amüsiert nach und verschränkt die Arme vor der Brust.
„Ja, deine Schuld!", gebe ich zurück und streiche mir überfordert eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich drehe mich um, damit er mein Gesicht nicht sieht. Mittlerweile bin ich vom Regen bis auf die Haut durchnässt, aber das alles nehme ich nur am Rande wahr. Wieso kann jemand wie Eric nur so gut küssen?
Ich spüre, wie sich eine starke Hand auf meinen Rücken legt und mich Richtung Wagen lenkt. „Komm, wenn wir hier noch weiter im Regen rumstehen, erkälten wir uns noch.", sagt er fast schon besorgt und ich kann nicht anders, als widerstandslos neben ihm herzutrotten. Alles in mir sehnt sich danach, meine Hand auszustrecken und ihn zu berühren. Seine Lippen nochmal auf meinen zu spüren. Doch mein Verstand schüttelt nur enttäuscht den Kopf. Ich hätte Eric niemals gestehen dürfen, dass ich ihn mag. Ich hätte ihn sofort wegstoßen müssen. Ich hätte ihn niemals küssen dürfen. Ich hab alles falsch gemacht, was ich hatte falsch machen können. Jetzt bin ich in etwas hineingeraten, aus dem ich nicht wieder herauskommen würde. Aber will ich das überhaupt?

- Erics POV – kurze Zeit später:

Nachdenklich stehe ich in der Küche meiner Wohnung und warte darauf, dass die Kleine endlich fertig geduscht hat und aus dem Badezimmer kommt. Immerhin ist sie jetzt schon eine halbe Ewigkeit da drin und geduldig bin ich noch nie gewesen. Das, was sie mir im Wagen anvertraut hat, hatte mich schockiert, auch wenn ich es mir nicht anmerken lassen habe. Ich hatte keine Ahnung, dass ihre Eltern der Auslöser waren, dass sie so eine Angst davor hat, mit einem Mann zusammen zu sein. Und dann auch noch mit mir, wo mir mein Ruf auch nicht gerade in die Karten spielt. Jetzt ist mir auch klar, was ich von Anfang an falsch gemacht habe. Ich muss ihr irgendwie zeigen, dass sie mir vertrauen kann. In jeder Hinsicht. Aber so wie ich mich kenne, würde ich nicht über meinen Schatten springen können. Ich muss meinen Ruf bewahren. Wenn sich herumspricht, dass ich mich von einer Frau weichklopfen lasse, ist mein hart erarbeiteter Respekt dahin.
Das Geräusch des sich herumdrehenden Türschlosses reißt mich aus meinen Gedanken und ich blicke auf, als Elena aus dem Bad kommt. Sie tägt eine schwarze Hose, die ihr bis zur Mitte der Oberschenkel reicht und ein langes, dunkelgraues T-Shirt. Sie ist so hübsch. So natürlich, ohne irgendwelche Tattoos, Piercings oder kiloweise Schminke. Sie wirft einen kurzen Blick auf mich und zuckt zusammen, als sie bemerkt, dass ich sie ebenfalls anschaue. Unwillkürlich muss ich grinsen.
„Möchtest du ein Bier?", frage ich sie und halte eine Flasche in die Höhe.
„Nein.", kommt ihre knappe Antwort, ehe sie sich wegdreht und mit schnellen Schritten im Schlafzimmer verschwindet. Keine fünf Sekunden später marschiert sie jedoch wieder herein und kommt geradewegs auf mich zu.
„Nur damit eins klar ist, Eric: das vorhin ist nie passiert. Ich spiele dein Spielchen nicht mit, verstehst du? Du denkst, du bist ja so toll weil du Anführer bist und gut aussiehst, aber das bist du nicht! Mich kannst du nicht reinlegen. Nicht mich!" Elenas Gesicht ist mittlerweile rot angelaufen, vermutlich eine Mischung aus Wut und Scham und ihre Stimme bebt förmlich.
Ruhig stelle ich die Bierflasche auf der Theke ab und gehe ein paar Schritte auf sie zu. Genüsslich kann ich beobachten, wie nervös sie wird und herumzappelt. Sie empfindet eindeutig etwas für mich. Ihre Körpersprache verrät sie, auch wenn sie versucht, es abzustreiten. Oder sie hat schlicht und einfach keine Ahnung, immerhin hat sie ja in dieser Hinsicht keinerlei Erfahrung.
„Wieso denkst du, ich würde dich reinlegen?" Das will ich nun wirklich wissen.
Empört atmet sie aus und verschränkt die Arme vor der Brust, sodass sich ihr T-Shirt leicht spannt und man ihrer wohlgeformten Brüste erkennen kann. Doch davon sollte ich mich jetzt nicht ablenken lassen, also hebe ich meinen Blick um ihr wieder ins Gesicht zu sehen.
„Hältst du mich für komplett bescheuert? Du willst doch nur, dass ich mich in dich verliebe damit ich dich heirate und du hast was du willst!", entfährt es ihr und sie funkelt mich böse an.
Fragend zog ich eine Augenbraue nach oben.
„Und was ist daran jetzt so schlimm?", frage ich und mache noch einen Schritt auf sie zu. Elena sieht mich an, als wäre ich bescheuert. Sie macht den Mund auf, um etwas zu sagen, lässt es dann aber sein und sieht zur Seite.
„Du hast es anscheinend immer noch nicht verstanden.", sagt sie schließlich leise und klingt zum ersten Mal richtig traurig. Oder ist es Enttäuschung? Da ich schon ziemlich ungeduldig bin, überbrücke ich den letzten Abstand zwischen uns, halte mit einer Hand die Ihre fest und drücke mit der Anderen ihr Kinn nach oben, sodass sie mich ansehen muss. In ihren Augen schimmern Tränen, die mich für einen Moment innehalten lassen.
„Ich weiß schon, was dein eigentliches Problem ist.", spreche ich leise und suche nach den richtigen Worten. Früher oder später muss ich es ihr schließlich sagen.
„Ach ja?", fragt sie, klingt aber nicht wirklich überzeugt. Ich seufze und sehe sie ernst an.
„Hilft es dir, wenn ich dir sage, dass ich niemals ein Mädchen küssen würde, in das ich nicht schon längst verliebt bin?"

Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt