25. Du bist der Mann, in den ich mich verliebt habe (√)

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- Elenas POV -

In meinen Schlafklamotten am Esstisch sitzend, nippe ich an einer Tasse Tee. Meine Haare, welche noch nass sind, hinterlassen feuchte Flecken auf meinem T-Shirt, aber das macht nichts. Mir gegenüber sitzt Eric, welcher verbissen auf das Schachbrett zwischen uns starrt. Ich lächlel leicht. Keine Ahnung, warum wir erst jetzt drauf gekommen sind, dass wir beide gerne Schach spielen, aber besser zu spät als nie. Noch dazu sind wir beide ziemlich gut darin; Eric ist definitiv kein leichter Gegner, aber ich lasse mich genauso wenig austricksen.
„Heute noch, Anführer.", raune ich ihm provokant zu und er blitzt mich daraufhin gefährlich an. Amüsiert schmunzel ich in mich hinein. Er will unbedingt gewinnen und ich sehe ihm an, dass er ein schlechter Verlierer sein würde. Sekunden später macht der Ferox den nächsten Schachzug und genau wie erwartet tappt er in meine Falle. Höchstens noch drei Züge, dann werde ich ihn schachmatt setzen. Im Schachspielen hat mich noch nie jemand geschlagen, sorry Eric.
Kurze Zeit später bestätigt sich schließlich mein Plan und ich lache triumphierend auf.
„Na, was sagst du jetzt.", necke ich ihn und zeige auf seinen König, welchen ich soeben gestürzt habe.
„Glück.", meint mein Gegenüber mit zusammengebissenen Zähnen, während er die Figuren wieder in die Ausgangsposition bringt.
„Nochmal.", fordert er bestimmend und deutet mit der Hand, dass ich den ersten Zug machen soll.
„Ich mach dich auch gern nochmal fertig. Im Kämpfen bist du zwar besser als ich, aber im Schachspielen wirst du mich nie schlagen.", säusel ich vergnügt und genieße meine Überlegenheit.
„Halt die Klappe und spiel!", knurrt Eric, dem es offensichtlich gar nicht passt, dass ich ihm in einer Sache überlegen bin.
Nachdenklich beobachte ich ihn und denke an das gemeinsame Duschen vorhin. Ich hätte nie geglaubt, dass ich mich dazu überwinden würde. Aber ich habe es getan und es hat mir gefallen. Eric respektiert es, dass ich für Sex noch nicht bereit bin und meine Befürchtung, er würde die Situation ausnutzen, bewahrheitete sich nicht. Zu mehr als Küssen und gegenseitigem Abtasten ist es aber nicht gekommen. Zwar war es ab und zu schmerzhaft, denn er packt teilweise ziemlich fest zu, aber im Großen und Ganzen merke ich, dass er sehr darauf Acht gibt, mir nicht weh zu tun. Schließlich reiße ich mich von meinen Gedanken los und setzte den ersten Zug. Gerade als Eric seinen Bauern bewegen will, werden wir durch ein lautes Klopfen an der Tür unterbrochen.
„Ich geh schon.", seufze ich und will mich erheben, aber Erics ermahnende Stimme hält mich zurück. „Du bleibst hier."
Gelangweilt lege ich den Kopf auf meine Arme und warte darauf, dass Eric wiederkommt. Und das tut er nach einigen Minuten. Genervt lässt er sich wieder auf den Stuhl fallen. Irgendetwas scheint ihn aufgeregt zu haben
„Was ist los?", will ich wissen.
„Nichts.", gibt er knapp zurück und beginnt, die Schachfiguren zurück in die Packung zu räumen. „Ich dachte, wir spielen?", frage ich und sehe ihn verwirrt an. Kurz darauf ernte ich einen kalten Blick seinerseits.
„Heute nicht mehr. Ich hab noch Arbeit vor mir.", erklärt er und ich erkenne an seinem Tonfall, dass er wieder seine Anführermaske aufgesetzt hat. Resignierend stehe ich auf.
„Was für Arbeit?", hake ich nach und erkenne erst im Nachhinein, dass ich zu neugierig klinge. „Arbeit die dich nichts angeht."
„Was genau geht mich denn nichts an?", versuche ich es weiter und kassiere einen mahnenden Blick. Trotzig verschränke ich die Arme vor der Brust.
„Ich soll dir also immer schön brav alles erzählen, während du mir Dinge verheimlichst.", stelle ich verärgert fest. Eric sieht mich an.
„Ich muss mich vor dir nicht rechtfertigen.", lautet seine Antwort, mit der ich mich allerdings nicht zufrieden gebe.
„Doch, das musst du. Wir sind zusammen, Eric.", setze ich fort und merke, wie mich seine herrische Art auf die Palme bingt.
„Elena.", knurrt der Ferox und schlägt mit der flachen Hand auf den Tisch, sodass ich vor Schreck einen Schritt zurück weiche. Er sieht gefährlich wütend aus und ich wäge in Gedanken ab, wie weit ich noch gehen kann, ohne getötet zu werden. Ich entscheide mich, nicht klein beizugeben.
„Was ist denn so schlimm daran, wenn du mir von deiner Arbeit erzählst? Vertraust du mir nicht genug?", fahre ich fort und stelle ernüchternd fest, dass ich das Fass wohl gerade zum Überlaufen gebracht habe, denn Eric kam mit schnellen Schritten auf mich zu, sodass ich instinktiv zurück bis zur Wand hinter mir stolpere. Erschrocken sehe ich, wie er ausholt und neben meinem Kopf gegen die Wand schlägt.
„Meine Arbeit geht dich absolut nichts an, Elena, und wenn du nicht aufhörst, so neugierig zu sein, wird das negative Konsequenzen für dich haben. Und falls du es vergessen haben solltest, ich bin einer der Anführer, also kann ich machen was ich will. Wenn ich dir etwas nicht erzählen will, dann ist das so. Und wenn ich will, dass du mir alles erzählst, dann wirst du das auch."
Seine Stimme bebt vor Zorn und ich überlege fieberhaft, was der Auslöser dafür ist. Da muss doch mehr dahinter stecken.
„Schon mal was von Gleichberechtigung gehört?", frage ich vorwurfsvoll und verschränke trotzig die Arme vor der Brust. Er funkelt mich an.
„Komm mir nicht mit Gleichberechtigung. Ich treffe hier die Entscheidungen und du hast dich daran zu halten.", sagt er und zieht seine Hand zurück. Wie erstarrt schaue ich zu ihm hoch. Seine Worte verletzen mich auf so vielen Ebenen. Ich schlucke. Er hat es soeben indirekt gesagt. Ich bin nur eine herkömmliche Ferox, die nichts zu melden hat. Wie komme ich nur auf den Gedanken, mit Eric auf gleicher Ebene zu sein...
„Ist angekommen.", antworte ich mit erstickter Stimme und weiche seinem Blick aus. Eine Weile beobachtet er mich noch, ehe er sich abwendet, sich ein paar Unterlagen von seinem Schreibtisch heraus sucht und die Wohnung verlässt. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, in der ich reglos an der Wand verharre. Ich verstehe ihn nicht. Eben waren wir uns noch so nah und verstanden uns prima, und dann verhält er sich wieder so kalt und verschließt sich vor mir. Vertraut er mir nicht genug?

Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt