21. Hausfrauchen Elena (√)

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- Elenas POV -  

Es ist nicht mal sieben Uhr Früh, als ich entschlossen zu Drews Apartment marschiere und mich neben seiner Wohnungstür an die Wand lehne. Er ist Frühaufsteher und auch wenn er heute frei hat, würde er demnächst in die Grube frühstücken gehen. Nach etwa fünfzehn Minuten des Wartens bestätigt sich meine Vermutung und er tritt heraus. 
„Elena!", stößt er überrascht hervor und grinst. 
„Lauerst du mir jetzt schon auf oder was?", lacht er und umarmt mich flüchtig. 
„Kann man so sagen.", meine ich grinsend und tätschle seine Schulter. 
„Also, was gibt's?", fragt er und meine Miene wird sofort ernst. 
„Können wir das drinnen bereden?", frage ich und sehe mich misstrauisch um. Er nickt und lässt mich rein. 
„Es geht um Mia.", beginne ich, sobald er die Tür ins Schloss fallen lässt. Ich beobachte, wie er sich versteift und mich fast schon böse ansieht. 
„Du hast es die ganze Zeit über gewusst?", knurrt er und ich schlucke. Dass er so wütend werden würde, damit habe ich nicht gerechnet. 
„Sie ist meine beste Freundin. Natürlich.", gebe ich zurück und sehe ihn aufmerksam an. 
„Sie hat Angst, dass du sie verrätst, Drew. Bitte sag mir, dass du das nicht tust. Ich meine, du liebst sie!", sage ich ruhig aber mit Nachdruck. 
Drew schnaubt. „Sie ist eine Gefahr für das System, kapierst du das nicht, Elena? Und ich werde mich an die Regeln halten müssen und sie melden.", erwidert er und ich erstarre für einen Moment. Bitte was?!! Ich spüre, wie sich eine unglaubliche Wut in mir ausbreitet. 
„Was ist eigentlich los mit dir? So kenne ich dich gar nicht!", fahre ich ihn an und stemme die Hände in die Hüften. 
„Glaub mir, es fällt mir schwer das zu tun. Aber ich kenne meine Pflicht. Ich dachte wirklich, Mia wäre die Richtige für mich.", murmelt er und blickt zur Seite. Und da verliere ich meine Beherrschung und schlage ihm mitten ins Gesicht. 
„Sie IST die Richtige für dich, du Idiot!", schreie ich fast und packe ihn an seinem T-Shirt.  
„Hör mir zu, Drew: Unbestimmte existieren nicht. Mia ist ein wundervoller Mensch und ich hätte echt mehr Urteilsvermögen von dir erwartet!", zische ich und stoße ihn weg. Kyle starrt mich an, als würde er gleich auf mich losgehen. Doch anstatt etwas zu sagen, dreht er sich um und verlässt die Wohnung. Hastig folge ich ihm und versperre ihm draußen den Weg. 
„Du gehst nicht, bevor ich nicht dein Wort habe, dass du dichthältst.", sage ich und funkle ihn an. „Geh mir aus dem Weg. Ich will dir nicht wehtun, Elena, aber ich werde es tun, wenn du mich dazu bringst.", knurrt er und schubst mich gegen die Wand. 
„Oh, du willst dich also prügeln?", frage ich provokant und ziehe spöttisch eine Augenbraue nach oben. 
„Ich bin stärker als du, also lass es.", giftet er weiter, will dann aber weitergehen, aber ich trete ihm in den Rücken und stelle mich kampfbereit hin, während ich darauf warte, dass er sich umdreht. 
„Du willst also unsere Freundschaft für eine Unbestimmte  aufs Spiel setzen, ja?!", zischt er und kommt auf mich zu. 
„Und du willst das Mädchen, das du liebst, töten?", gebe ich leise zurück. 
„Ich will es nicht, Elena. Ich will es wirklich nicht. Aber sie ist nicht wie wir. Sie ist nicht normal, sie ist kein richtiger Mensch, verstehst du? Hast du im Unterricht etwa nie aufgepasst?" 
Seine Worte treffen mich mehr als gedacht. Kein richtiger Mensch. 
„Du wirst keine Bessere finden, Drew. Ein Mädchen wie Mia gibt es nur einmal. Und ihr Blut wird an deinen Händen kleben.", sage ich kalt und sehe, wie er etwas weicher wird. 
„Hör auf dein Bauchgefühl und dein Herz, nicht auf das Gesetz. Oder willst du mir etwa weismachen, du hast noch nie gegen das Gesetz verstoßen? Komm schon, Kyle.", fahre ich fort und trete auf ihn zu. Kurz denke ich, er würde nachgeben. Aber auch nur kurz, denn schnell ändern sich seine Gesichtszüge und er macht eine entschuldigende Geste. 
„Sorry, aber nein." 
Dies reicht mir und ich packe ihn am Ellenbogen. 
„Ich warne dich, Kyle. Sie ist meine beste Freundin, tust du ihr weh, tu ich dir weh. Stirbt sie, stirbst du!", fauche ich, ehe er mich an den Handgelenken packt, umdreht und schmerzhaft gegen die Wand drückt, sodass mein Rücken ihm zugewandt ist und mein Gesicht gegen die Mauer gedrückt wird. 
„Du drohst mir?!", faucht er und sein Gesicht läuft rot an. 
„Wenn du mir keine Wahl lässt! Mia-" Ich werde unterbrochen, als neben uns ein lautes Räuspern ertönt. Wir beide zucken zusammen, denn weder Drew noch ich haben bemerkt, dass sich jemand genähert hat. Vor uns stehen genau die Personen, deren Timing nicht ungünstiger hätte sein können: sämtliche Ferox-Anführer sowie die Ausbilder. 
„Gibt es ein Problem?", fragt Max barsch und sieht zwischen mir und Drew hin und her. Als ich zu Eric blicke, sieht er ziemlich angespannt aus und er fixiert Drew, welcher mich noch immer gegen die Wand drückt. Sekunden verstreichen und keiner von uns weiß, was er sagen soll. 
„Nur eine kleine...Meinungsverschiedenheit.", murrt schließlich Drew und lässt mich endlich los. Unbewusst reibe ich mir meine geröteten Handgelenke. Er hat einen ziemlich festen Griff, das muss man ihm lassen. 
„Dann klärt das woanders.", antwortet einer der anderen Anführer desinteressiert und sieht ungeduldig auf seine Uhr. Wir nicken langsam und auch ohne hinzusehen kann ich Erics durchbohrenden Blick spüren, ehe die Truppe an uns vorbeimarschiert. 
„Ich dachte, du wärst meine Freundin!", sagt Drew kalt. Ich seufze, denn ich will mich nicht mit ihm streiten. Alles, was ich ihm androhe, ist reine Improvisation. Natürlich habe ich nicht vor, ihm wehzutun.  
„Das bin ich auch. Mia hat dir vertraut, Drew. Ich vertraue dir. Wir drei sind ein Team, mach das nicht kaputt.", flüstere ich und sehe ihn eindringlich an. Er starrt zurück, sagt aber nichts. Sekunden verstreichen.
„Schön, ich werde sie nicht melden. Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich mit euch noch ein Team sein kann.", antwortet er, dreht sich auf dem Absatz um und geht schnellen Schrittes davon. Fassungslos starre ich ihm hinterher. War das gerade wirklich der Drew, den ich kenne?

- Erics POV - 

Ungeduldig warte ich darauf, dass das Treffen endlich zu Ende ist. Anführer zu sein kann eine ziemlich lästige Angelegenheit sein, wenn man bei jeder noch so kleinen Besprechung anwesend sein muss. Ich will unbedingt wissen, was da vorhin zwischen Drew und Elena war. Sie haben sich angesehen, als wollten sie sich umbringen. Nachdem sich die Truppe nach geschlagenen fünf Stunden endlich auflöst, schlendere ich durch die Gänge und kann nicht anders, als immer wieder in meine rechte Jackentasche zu greifen. Als ich sicher sein kann, dass niemand kommt, stelle ich mich in eine dunkle Ecke und hole die kleine Schachtel hervor, in der sich ein Ring befindet. Elenas Verlobungsring. Diese ganze Nummer mit der Zwangshochzeit dient dazu, meinem Ruf nicht zu schaden. Natürlich würde ich Elena nicht heiraten, ohne ihr vorher einen richtigen Antrag gemacht zu haben und ihr diesen unverschämt teuren Ring anzustecken. Allerdings darf ich nichts überstürzen, sie ist noch nicht soweit. Kurz nachdem ich die Schachtel wieder in meiner Jackentasche verschwinden lasse, treteich aus dem Schatten heraus und gehe in die Grube, um etwas zu essen. 

- Elenas POV - 

Nachdem ich Tess noch etwa eine Stunde lang beim Trainieren geholfen habe, gehe ich zum Mittagessen in die Grube. Es sind mäßig viele Leute da und nachdem ich mich bedient habe, beschließe ich, mich zu Eric zu setzen, welcher mir schon von Weitem ins Auge sticht, da er ganz alleine an einem Tisch sitzt. Ich stelle mein Tablett ab und setze mich. Er beäugt mich skeptisch. 
„Mir ist langweilig.", seufze ich frustriert. Doch dann fällt mir ein, dass Eric ja Anführer ist und mir irgendeine Aufgabe geben kann. 
„Kannst du mich nicht für irgendeinen Dienst einteilen?", frage ich zuckersüß und sehe ihn flehend an. Kauend mustert er mich, ehe er den Kopf schüttelt. 
„Gewöhne dich am besten daran. Du wirst in nächster Zeit nicht oft raus kommen.", gibt er zurück und nimmt einen Schluck von seinem Getränk. Ich spüre, wie mir die Gesichtszüge entgleiten. 
Bitte was?!
„Was wieso?", frage ich misstrauisch. 
„Ich habe deinen Dienstplan etwas geändert. Du wirst in nächster Zeit nicht mehr im Außendienst eingesetzt werden.", erklärt er und blickt mich ernst an. 
„Und was mache ich dann?", frage ich entgeistert. Das kann er doch nicht machen. 
„Du kannst Hausfrau spielen und auf die lang ersehnte Rückkehr deines Verlobten warten.", raunt er mir zu. Ich zeige ihm darauf den Mittelfinger. Eric lacht. 
„Winken tut man mit der ganzen Hand, Elena. Nicht mit dem Finger. Aber zurück zum Thema entweder das oder du erhältst hier drinnen irgendeinen Wachposten. Das überlege ich mir noch.", fügt er hinzu. Daraufhin funkle ich ihn böse an. 
„Du kannst mich nicht einfach aus dem Dienst nehmen!", beschwere ich mich empört. Er blickt mich nur an und entgegnet: „Ich kann so einiges." 
Als ich seinen Blick sehe, weiß ich, dass diese Bemerkung einen zweideutig Sinn hatte und ich spüre, wie mir das Blut in den Kopf steigt. 
„Nein im Ernst, ich will arbeiten. Ich bin eine Ferox, das ist mein Beruf.", sage ich trotzig. Eric grinst mich an. 
„Du willst arbeiten? Schon mal einen Blick in die Wohnung geworfen? Die Wäsche wäscht sich nicht von allein und wenn ich heute Abend heimkomme, will ich eine warme Mahlzeit auf dem Tisch.", sagt er rotzfrech und fixiert mich mit seinen Augen.
Das.War.Nicht.Sein.Ernst. Ich fühle, wie mein linkes Auge anfängt, gefährlich zu zucken. Es fällt mir im Moment echt schwer, ihn nicht zu schlagen. Doch dann lache ich. 
„Sehr witzig, Eric. Fast hätte ich es dir abgekauft.", erwidere ich und lachte erneut, doch er lacht nicht. Eric grinst nur und legt seine Hand auf meine. 
„Ich bin hier der Anführer. Du wolltest Arbeit, ich hab dir welche gegeben. Widerstand ist mit Befehlsverweigerung gleichzusetzen.", erklärt er mir. Ich verdrehe die Augen. 
„Ich werde sicher nicht dein Hausfrauchen spielen. Träum weiter.", knurre ich und stehe auf. Er ebenfalls. 
„Elena, wenn du meine Befehle nicht befolgst, muss ich dich bestrafen. Das ist dir doch klar oder?", sagt er und ich kann die Belustigung in seinen Augen nur zu deutlich sehen. Wütend stemmte ich die Hände in die Hüfte und fauche: „Und dir sollte klar sein, dass ich mir das von dir nicht gefallen lassen werde. Du legst dich echt mit der Falschen an!", fauche ich, doch er sieht nur unbeeindruckt auf mich herab. Er denkt wirklich, ich lasse mich derartig von ihm verarschen? Was denkt er, wer er ist?!
„Sieh zu, dass das Essen um acht fertig ist." Mit diesen Worten lässt er mich stehen. Spöttisch sehe ich ihm hinterher. Eins ist sicher, diesen Abend wird er so schnell sicher nicht vergessen. Dafür werde ich sorgen.

Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt