13. Meine Wahl war schon die Richtige (√)

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,,Halte dich heute noch etwas zurück. Ich mach das schon.", redet Drew auf mich ein, als wir kurz vor Sonnenuntergang unseren Nachtdienst antreten. Zwar hätte ich mich krankschreiben lassen können, aber ich halte die Langeweile nicht mehr aus. Ich brauche etwas mehr Action.
„Ich packe das schon, Drew. Keine Sorge.", versichere ich ihm und boxe ihm spielerisch in die Schulter. So beginnen wir, die Straßen zu überwachen, wo noch ein paar Altruan herumlaufen, die den Fraktionslosen Essen gebracht haben. Schweigend betrachte ich sie. Mir wäre so ein Leben definitiv zu langweilig. Immer brav sein...nee.
In den ersten paar Stunden verläuft alles ziemlich ruhig und Drew und ich albern ein wenig herum, dann jedoch erkennen wir zwei weitere Ferox, welche ebenfalls heute zur Bewachung der Straßen eingeteilt sind. Wir müssen wohl in ihr Gebiet gekommen sein, als wir geredet haben. Gerade als wir uns wieder umdrehen wollen, sehe ich, wie einer der beiden Wachen einen am Boden sitzenden Fraktionslosen tritt. Augenblicklich halte ich inne und meine Augen verengen sich. Wie ich es hasse, wenn sich manche Ferox herausnehmen, unbegründet Gewalt gegen Fraktionslose anzuwenden. Schließlich können diese Leute ja nichts dafür, dass das System keine Fraktion für sie hat.

„Drew, warte mal.", murmle ich und zupfe an seinem Ärmel, sodass er sich umsieht und nun ebenfalls das Geschehen beäugt. Wütend schnaubt er auf und schultert sein Gewehr.
„Ich geh da mal rüber. Du bleibst hier.", befiehlt Drew mir und marschiert auf die zwei Ferox zu. Abwartend bleibe ich an meinem Platz und beobachte das Geschehen. Als ich jedoch sehe, dass sich das Ganze in ein Herumgeschubse verwandelt, laufe ich zu ihnen.
„Mischt euch nicht in unsere Art ein, wie wir mit diesem Gesindel umgehen!", zischt der Größere der beiden und sieht uns abwertend an.
„Macht einfach euren Job ohne eure Position zu missbrauchen! Wir handeln nicht mit Gewalt bei hilflosen Leuten!", fauche ich zurück.
„Ich mach das schon, Elena.", raunt Drew und schiebt mich etwas zurück. Empört sehe ich ihn an. Nun lachen die anderen Ferox.
„Ah, jetzt weiß ich es wieder. Eric's Verlobte.", beginnt nun der Andere und sieht mich spöttisch an. „Du denkst jetzt wohl, du bist was Besseres als wir, huh? Nur weil du dich von einem der Anführer vögeln lässt?", säuselt er provokant und kommt auf mich zu.
Ich atme tief durch und versuche, nicht auf diese Sticheleien einzugehen.
„Naja, wenn du auf Schmerzen stehst, immerhin ist Eric alles andere als ein Softie. Manche Weiber tun echt alles für den gesellschaftlichen Aufstieg, was?", fährt er fort und stößt seinen Partner mit dem Ellbogen an, sodass dieser mit einstimmt und auflacht.
Ruhig, Elena. Lass dich nicht darauf ein. Zähl bis 10 dann geht's dir besser.
Mit zusammengebissenen Zähnen funkle ich die beiden an und sage mit bemüht ruhiger Stimme: „Auf euer Niveau lasse ich mich nicht herab. Denkt doch was ihr wollt."
„Haltet einfach eure Fresse!", knurrt nun auch Drew und zieht mich zu sich.
„Wir gehen. Ihr seid Ferox, also verhaltet euch auch wie welche." Mit diesen Worten zieht er mich von ihnen weg und wir marschieren in die Richtung, aus der wir gekommen sind. Zwar rufen uns die beiden noch einige bescheuerte Sprüche nach, doch diese ignorieren wir gekonnt.
Das dachten die Leute also von mir? Dass ich mich einfach „hochschlafen" wollte?! Wütend trete ich gegen einen Mülleimer.
„Hey.", sagt Drew und legt mir eine Hand auf die Schulter.
„Als ob das meine Idee gewesen wäre!", zische ich und fahre mir durch die Haare.
„Lass sie doch reden. Das sind Idioten und jeder weiß das.", meint er aufmunternd und legt einen Arm um mich. Ohne Gegenwehr lasse ich mich in eine Umarmung ziehen und vergrabe mein Gesicht in seiner Jacke. „Manchmal frage ich mich, wie mein Leben verlaufen wäre, wenn Alec und meine Eltern mich einfach in Ruhe gelassen hätten.", murmle ich leise, mehr zu mir selbst als zu Drew.
In den nächsten Minuten schweigen wir einfach, bis wir das Geräusch eines Geländewagens vernehmen. Ich löse mich ein wenig aus der Umarmung, um zu sehen, was los ist. Ein paar Meter von uns entfernt hält ein großer schwarzer Wagen und tief in mir drinnen habe ich schon eine Vermutung, die sich auch bestätigt, als die Tür aufgerissen wurde und ein gewisser Feroxanführer aussteigt. Oh Mann, was habe ich jetzt schon wieder verbrochen wenn er mich sogar schon während der Arbeit aufsucht?
„Gar nicht so einfach, euch zu finden wenn ihr nicht in dem Gebiet seid, in dem ihr eigentlich sein solltet!" Seine zornige Stimme lässt mich zusammenzucken. Eric marschiert auf uns zu und sieht zuerst mich, dann Drew, und dann Drews Arm an, der noch immer auf mir liegt. Als Drew Eric's schneidenden Blick bemerkt, nimmt er seinen Arm langsam von meinen Schultern und tritt einen Schritt zur Seite. Innerlich verdrehe ich die Augen. Einfach lächerlich.
Eric kommt näher und bleibt knapp vor Drew stehen, auf den er mit verengten Augen herunterschaut. „Wenn ich deine Arme noch einmal da sehe, wo sie nicht hingehören, dann breche ich sie dir. Hast du das verstanden?" Fassungslos starre ich die beiden an und bemerke Drews völlig überfordertes Gesicht.
„Eric er hat mich doch nur -", beginne ich Drew zu verteidigen, doch er unterbricht mich.
„Zu dir komme ich noch! Und misch dich hier nicht ein!", knurrt er. Was zum Teufel ist denn in den gefahren?!
„Verstanden. Es war mein Fehler, tut mir leid.", stammelt Drew, aber ich höre heraus, dass er es nicht ernst meint. Er sagt Eric einfach das, was er hören will, so wie es jeder Ferox macht, dem etwas an seinem Leben liegt. Die beiden funkeln sich noch eine Weile an, bis Eric vonDrew ablässt und mich ins Visier nimmt. Ich schlucke und trete unwillkürlich einen Schritt zurück.
„Wir haben nicht bemerkt, dass wir zu weit gelaufen sind. Tut uns leid.", erkläre ich und sehe ihn entschuldigend an.
„Euer Dienst endet ohnehin bald. Dein Partner wird bis dahin allein zurechtkommen müssen, du steigst in den Wagen.", befiehlt er und macht eine Handbewegung, dass ich mich beeilen soll. Verwirrt sehe ich ihn an. „Wieso?", frage ich.
„Weil ich es sage!" Die letzten Worte schreit er fast und ich gehe eingeschüchtert zum Wagen. Still kauere ich mich auf den Beifahrersitz, kurz darauf startet er den Motor und wir fahren davon.

Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt