2.Ich will nicht! (√)

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Kaum zwei Sekunden später schnellt er nach vorne, packt mich grob an den Haaren und zerrt mich einige Schritte den Gang entlang. Daraufhin schlage ich ihm so heftig zwischen die Rippen, dass er mich loslassen muss. Ohne weiter Zeit zu verlieren, gehe ich auf ihn los und schaffte es, Eric drei Schläge ins Gesicht und in die Seiten zu verpassen, ehe er mich packt, hochhebt und gegen die Wand presst. Ich stöhnte bei dem Aufprall schmerzerfüllt auf und greife mir an den Kopf. Blut klebt an meinen Fingerspitzen. Mein Schädel brummt und vor meinen Augen dreht sich alles. Eric beugt sich zu meinem Ohr hinab und zischt leise „Reicht dir das oder muss ich dir erst noch was brechen, Prinzessin?" Daraufhin reißt er mich von der Wand weg und gibt mir einen Schubs in die gewünschte Richtung.
„Denkst du ernsthaft, du hättest eine Chance gegen mich, du Zwerg?", fragt er kalt und sieht mich ausdruckslos an.
Ich schnaube. „Ich sage es dir zum letzten Mal: Ich will nicht! Und wenn du und mein Vater das nicht akzeptiert, schneide ich dir im Schlaf die Kehle durch." zische ich in seine Richtung. Gut, das war jetzt etwas übertrieben, aber ich wollte ihm einfach meinen Standpunkt klarmachen. Ich lasse mir sicher nicht vorschreiben, wie ich mein Leben zu leben hatte. Doch anstatt mich ernst zu nehmen, lacht der Ferox nur und sieht amüsiert auf mich herab.
„Jetzt weiß ich was dein Vater mit 'Jetzt ist sie dein Problem' gemeint hat. Und jetzt komm." Mit diesen Worten packt er mich fest am Arm und will mich mitschleifen, doch ich wehre mich und versuche mich loszureißen, sodass ich ins Straucheln komme und ziemlich nah an den Rand der Schlucht gerate. Ein paar Zentimeter mehr und ich wäre gefallen.
„Hör auf hier lebensmüde herum zu hüpfen." knurrt Eric und zieht mich zu sich. Da ich wusste, dass ich gegen ihn nicht ankam, ließ mein Widerstand nach und ich starre stur zur Seite.
„Ich kann dich nicht leiden.", ist das Einzige, was ich unter zusammengebissenen Zähnen hervorbringen konnte. Ich hätte am liebsten noch mehr gesagt, aber die Tatsache, wie nah ich ihm in diesem Moment war, brachte mich durcheinander. Keine Ahnung warum, aber es machte mich nervös.
Er antwortet nicht darauf. Stattdessen lockert er nur seinen Griff um mein Handgelenk, legt seine zweite Hand unten an meinen Rücken und drückte mich näher an seine Brust. Ich erstarre, als er sich zu mir herabbeugt. „Das glaube ich dir nicht.", raunt er mir ins Ohr.
Blinzelnd starre ich auf seinen durchtrainierten Oberkörper und war für einen Augenblick wie gelähmt, bis ich sein Spiel durchschaue. Er wollte spielen, na das kann er haben. Aber ich spiele besser! Langsam richte ich meinen Blick nach oben, sodass ich ihm in die Augen sehen kann, welche mich mustern. Ich lächle und beginne, mit einem Finger auf seinem Oberkörper zu kreisen.
„Eric.", sagte ich leise und konzentriere mich, nicht zu lachen. Er verstärkt seinen Griff um meine Hüfte und ich stelle mich auf die Zehenspitzen, sodass ich seinem Gesicht so nah wie möglich war. Mein Plan ging auf, denn nun beugt er seinen Kopf noch tiefer zu meinem, bis unsere Gesichter sich fast berühren. Wechselt mein Ausdruck und ich starre ich ihn kalt an.
„Wenn du ernsthaft denkst, ich würde jemanden, den ich nicht mal richtig kenne küssen, geschweige denn, mit ihm zusammenleben und mich mit ihm verloben, dann irrst du dich. Such dir jemand anderes für deine Spielchen, Eric! Denn es geht mir echt am Arsch vorbei, was du mit meinem Vater vereinbart hast, ich bin eine selbstständige Frau und werde mir von keinem Mann etwas vorschreiben lassen, verstanden? Es gibt genug Frauen bei den Ferox die dich anhimmeln, wie wär's wenn du's mal bei denen versuchst, oder fehlen dir dazu vielleicht die Eier?"
Ich stoße mich von ihm weg und spüre, wie mich das süße Gefühl der Genugtuung durchströmt. Ja, ich wusste, dass man so nicht mit einem Ferox wie Eric reden sollte, aber ich hatte schon immer Probleme damit, jemanden zu respektieren, der mir keinerlei Respekt entgegen brachte.
Provokant verschränke ich meine Arme vor der Brust und warte darauf, dass er ausrasten würde. Oder mich anschreit. Oder beides. Aber stattdessen...lacht er auf?
„Ich bin mir nicht sicher ob das gerade mutig, oder lebensmüde war. Niemand wagt es, so mit mir zu sprechen. ", sagt er und fährt sich mit einer Hand durch die Haare.
Ich versuche, einen klaren Kopf zu kriegen. Denn auch wenn ich es vor ihm niemals zugeben würde, finde ich den Ferox-Ausbilder tatsächlich attraktiv und so nah an seinem muskulösen Körper zu stehen, macht mich doch ziemlich nervös. Tja, ich war eben auch nur eine Frau.
„Wenn du nicht freiwillig gehst, dann eben so." Mit diesen Worten macht er abermals einen Schritt auf mich zu, packt mich an den Hüften und noch bevor ich realisieren konnte, was er da tat, hatte er mich über seine Schulter geworfen und marschiert mit mir davon. Ich denke es ist überflüssig zu erwähnen, dass jeglicher Widerstand zwecklos war.
Kurze Zeit später schmiss er mich wortwörtlich in seine Wohnung und ich war wieder kurz davor, auf ihn loszugehen. Vom unsanften Aufprall tun mir alle Knochen weh und ich sehe nur angewidert und etwas hilflos zu ihm auf. Ihn sollte ich heiraten? Wirklich? Ich bezweifele, dass ich bis zur Hochzeit überhaupt überleben würde!
Während ich mich aufraffe, erhasche ich einen Einblick von seiner Wohnung und staune nicht schlecht. Sie ist...groß. Sehr groß. Und auch noch...sauber und ordentlich? Ich schiele zu Eric und überlege, ob er wirklich so ein ordentlicher Mensch war oder ob jemand Anderes für ihn aufräumt. Eins steht jedenfalls fest, wenn ich tatsächlich hier wohnen sollte, dann wird es hier gewaltig anders aussehen. Ganz nach dem Motto 'nur das Genie beherrscht das Chaos'. Das würde mein 'Verlobter' dann schon lernen. Selber schuld.
„Wie es aussieht, haben dir deine Eltern deinen ganzen Kram schon vorbeigebracht.", stellt der gepiercte Ferox fest und deutet auf die Kartons vor seiner Tür. Ich verdrehe die Augen. Danke, die können es auch gar nicht erwarten, mich endlich loszuwerden.
„Hast du hier vielleicht irgendwo Klebestreifen?", frage ich Eric und versuchte, neutral dreinzuschauen. Verwirrt sieht er mich an.
„Wofür brauchst du die?", fragt er ziemlich misstrauisch.
„Hast du welches oder nicht?", fahre ich unbeirrt fort und sehe ihn durchdringend an.
„In der Küche, im linken Schrank. Die zweite Schublade von oben. Und wenn du deine Kartons nicht bis heute Abend ausgeräumt hast, schmeiß ich sie samt Inhalt weg.", droht er und verschwindet durch eine Tür, die sich als Badezimmertür entpuppt.
Nachdem ich mich ein paar Minuten überfordert im Kreis gedreht habe, sehe ich ein, dass ich wohl oder übel hiermit leben muss. Zumindest vorerst. Aus diesem Grund hole ich die Kartons herein und beginne, meinen Kram auszupacken, denn ich traue es dem missmutigen Anführer wirklich zu, mein ganzes Zeug wegzuschmeißen.
Es war ziemlich praktisch, dass Eric nicht so viel Zeug angesammelt hatte, denn so blieb mehr Platz für meinen Kram. Ich las unglaublich gerne und besaß um die 60 Bücher, die nun alle auf die verschiedenen Regale der Wohnung platziert waren. Meine Kleidung schmeisse ich einfach in ein freies Fach in dem großen Schrank der rechts neben der Tür vom Schlafzimmer steht. Zögerlich beäuge ich dieses und das sich darin befindende Bett. Wenn dieser Eisklotz tatsächlich annimmt, dass ich mit ihm in einem Bett schlafen würde, dann hatte er sich getäuscht. In einem Nachtschränkchen neben dem Bett finde ich eine große, kuschelige Decke und richte mir so auf der Couch meinen Schlafplatz ein. Sie war Gott sei Dank nicht zu klein, sodass ich bequem darauf liegen kann. Genervt lasse ich mich darauf fallen.
Was tue ich hier eigentlich?
Schweigend sitze ich also noch eine Weile da und habe wohl meinen emotionalen Tiefpunkt erreicht. Mein Mut war auf einmal verflogen. Ich kann nicht zurück nach Hause, war in Erics Wohnung und nicht bereit mir vorzustellen, was in den nächsten Tagen auf mich zukommen würde. Ich habe Angst, abends mit ihm allein zu sein. Wenn er Sex wollte, würde ich mich nicht gegen ihn wehren können. Er würde mir weh tun. So wie mein Vater meiner Mutter weh getan hat. Viel zu oft hatte ich mitbekommen, wie er sie vergewaltigt hat, als sie keinen Sex mit ihm wollte. Die Wände zu Hause waren dünn, und ihr schmerzerfülltes Wimmern werde ich nie vergessen können. Da ich selbst noch Jungfrau bin, habe ich zwar keine Ahnung was Sex und alles was damit zusammen hängt angeht, aber es muss für Frauen sehr schmerzhaft sein...
Warum denke ich da über Sex nach?! Verärgert springe ich auf und laufe hin und her. Nein, so weit würde es nicht kommen. Das lasse ich nicht zu! Und das muss auch ein Feroxanführer namens Eric respektieren.
Ich bemerke nicht, dass besagter Ferox schon längst wieder im Raum steht und mich beobachtete. Doch offenbar sieht er ein, dass ich erst einmal Zeit für mich brauche und lässt mich in Ruhe. Vorerst...

Himmel und HölleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt