Restart

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"Wo warst du so lange?"  Claudette sah mich vorwurfsvoll an, als ich die Tür ins Schloss knallen ließ.

"Strand." murmelte ich kurz angebunden und drängte mich an meiner Tante vorbei zu der weißen Mamortreppe, die ins Obergeschoss des Hauses führte. Sofort tappelte sie mir nach und versuchte näheres über meinen Nachmittag zu erfahren.

"Ich war da wo ich das ganze letzte Jahr war, wenn du mir nicht traust, dann frag doch die Kellner." ich rollte mit den Augen und legte meinen Block mit den Stiften auf meinen gigantischen Schreibtisch.

Seufzend drehte ich mich um und sah meiner Tante genervt in die Augen.
Sie atmete tief durch und schien zu überlegen, was sie sagen wollte. "Ms Williams hat angerufen, sie meinte du hast enorme Fortschritte gemacht." lobte sie mich und ließ mich mit den Augen rollen.

Durch eine Falschdiagnose mit Stockholm Syndrom musste, bis noch vor einer Woche, zwei mal pro Woche zu einer Einzeltherapiesitzung und einmal zu einer Gruppentherapie, beides fälschlicherweise Weise vom selben Richter angeordnet, der auch die Person lebenslänglich nach Thailand schickte, in die ich mich verliebt hatte.

Mehrfacher Mord und Raubüberfälle, brachten ihn zu seiner Strafe, in einem der schlimmsten Gefängnisse der Welt, wobei er eigentlich Menschen das Leben nahm, die ,meiner Meinung nach, eher eine solche Strafe verdient hätten als er.
Das Mord dennoch nichts gutes war, war trotz alldem klar.

BamBam, Kunpimook Bhuwakul sein eigentlicher Name, würde wohl nie ganz aus meinem Kopf verschwinden wollen.
Augen, die genauso glitzern konnten, wie ein Kind das verzweifelt und hoffnungsvoll nach Schokolade bettelte, Lippen, die weicher waren, als jeder Stoff, den ich je zu fassen bekam und eine Art und Weise als Mensch, die einen im richtigen Moment aufheitern oder trösten konnte.

Ich seufzte und zog meinen Drehstuhl hervor.
"Meint oder weis sie das?" ärgerte ich Claudette, die ihre Miene sofort verhärtete.

Sie ging fest davon aus, dass ich, als ich bei zwei Straßengangs gelebt habe, eine Gewisse Abhängigkeit gegenüber ihnen Entwickelt hatte, was der reinste Blödsinn war.

"Ich habe jetzt nicht die nötigen Nerven, um darüber zu diskutieren, du weißt dass das was dir widerfahren ist, nicht spaßig ist." wies sie mich zurecht.

Ich lachte auf.
Sie hatte ja keine Ahnung.
Sie hatte nicht die nötigen Nerven um über meine Probleme zu reden, aber ich musste jede Woche immer und immer wieder die gleiche Geschichte erzählen und mir so immer wieder vor Augen führen, dass ich BamBam nie wieder sehen würde.
Ich sollte keine Nerven mehr haben, im Gegensatz zu ihr.

"Wieso?" hielt ich dagegen. "Weil du nicht mit dem verkorksten Leben klarkommen willst, dass ich hatte? Ich sollte die jenige sein, die es satt haben sollte, dass jede Handlung und jede Denkweise, die ich auf den Straßen von Manhattan und Bronx an den Tag gelegt habe, auf ein dämliches Syndrom geschoben wurde, was ich verdammt nochmal nicht entwickelt habe!" stellte ich mit aufgebrachter Stimme klar.
Meine Tante sah mich entsetzt an, verließ aber dennoch endlich das Zimmer.

Ziellos ließ ich meinen Blick durch den Raum schweifen und suchte nach einem Punkt, den ich anvisieren konnte. Standhaft versuhte ich meine Gedanken zusammen zu behalten und sie nicht in eine, der längst vergangenen Einnerungen verlieren zu lassen.

Widerwillig hielt ich mich an den Tipp, den mir meine Therapeutin so oft schon gegeben hatte, um nicht in einen der unzähligen Heulkrämpfe zu fallen, die ich die ersten Wocher nach meiner Ankunft erlitten hatte

Ich sammelte meine Gedanken und schloss für wenige Sekunden die Augen, um ruhe zu bewahren, was einfacher gesagt war, als umgesetz. Meine Gedanken versuchte ich auf meine Zukunft zu lenken.

Never EverWo Geschichten leben. Entdecke jetzt