Kapitel 7 • Naiv

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>A thousand miles seems pretty far but they've got plains an trains and cars.<

Ich war schon echt naiv. Ich meine, Ich hatte gerade einem fast unbekannten meine gesamte, herzzerreißende Lebensgeschichte aufgetischt. An diesem Tag waren meine Ideen einfach nicht die besten. Es war so dumm. So unendlich dumm. Wieso hatte ich das getan? Wieso? Wieso? Wieso?

Soviel wusste noch niemand von mir mit Ausnahme meiner Mutter. Aber nun gut, sie war halt meine Mutter.

"Wieso sollte ich dich jetzt schlagen? Oh, du verliebst dich in Jungs oder Männer. Ich muss dich jetzt hassen! Ne, ma ernsthaft, alles ok. Und ich bin doch gerade erst in dein Leben gekommen, wieso sollte ich jetzt gehen? Is' doch gemütlich hier?", antwortete er einfach auf meine Aussagen und Befürchtungen.

"Es wird noch ungemütlich, verlass dich drauf!", versicherte ich ihm.

Daraufhin schmunzelte er leicht.

Die letzten Meter zum Café liefen wir schweigend.

Ich zog an der Tür zum Café aber diese wollte sich einfach nicht öffnen.

Dann drückte ich einmal probeweise und nun schwang die Tür auf.

"Da steht dick und fett drücken an der Tür.", informierte Tim mich grinsend, als wir den Laden betraten.

"Hättest du auch mal früher sagen können.", gab ich genervt zurück und begann, den Raum zu analysieren.

Ja, ich analysierte immer erst alles. Naja, nicht alles. Aber vieles. Und vor allem Dinge, die mir neu erschienen. Dieses Cafe war nicht neu für mich, aber es könnte sich ja verändert haben

Es roch etwas abgestanden, aber keinesfalls unangenehm. Die Tische waren aus einem einfachen, dunklen Holz. Ganz ohne Schnörkel oder ähnliches. Die Stühle passten sich den Tischen an. Es war recht klein, grade mal fünf Tische standen im Raum. Rechts von der Eingangstür war eine einfache Eistheke, wie es sie in jedem Eissalon gab. Es hatte sich nichts geändert.

Dahinter stand ein Herr mittleren Alters mit braunen Haaren, welche sich langsam aber sicher zu lichten begannen. Er war relativ groß und nicht besonders auffällig jedoch lächelte er fröhlich und einladend. Aber einen neuen Angestellten hatten sie.

Die Erinnerungen kamen hoch, aber ich drängte sie runter. Diesen Ort hier verband ich mit Mia. Ich wollte nicht, dass es weh tat. Ich war hier mit einem potentiellem neuen Kumpel.

"Lass uns an den Tisch da hinten in der Ecke gehen. Ich mags nicht, wenn andere meine Gespräche belauschen.", sagte Tim und deutete auf einen Tisch in der linken, hinteren Ecke. Dort hatte ich noch nie gesessen. 

Ich nickte einfach und wir ließen uns auf die Stühle fallen.

"Jetzt erzähl auch mal was über dich. Du kennst nun meine Geschichte und ich will jetzt deine kennen, werter Tim." Zum Ende hin wurde ich immer übertriebener und poetischer.

Er konnte das nur belächeln, was mir ebenfalls ein Grinsen entlockte, und fing an zu erzählen: "Ich wurde nicht hier geboren. In meiner alten Stadt hatte ich gute Freunde. Wir haben uns geschworen, niemals den Kontakt zu verlieren. Hat nicht geklappt. Wir haben uns einmal getroffen nach meinem Umzug und das wars. Ich bin nach der 4. Klasse hier her gezogen, weil meine Eltern es gut fanden, da man sich in der 5. Klasse eh erst neu kennen lernen musste. So sollte mir der Abschied nicht ganz so sehr wehtun. Und ich bin ebenfalls froh drüber. Mein Leben ist voll uninteressant. Mir is' nie was schlimmes, erwähnenswertes oder außergewöhnliches passiert."

Angels can fly • stexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt