Kapitel 14 • Wiederholung

505 32 10
                                    

>Brave enough to love you<

Nach einiger Zeit ließ meine Mutter mich los und flüsterte mir zu :"Ich lass euch mal alleine. Um sieben gibt es Essen. Vielleicht will Tim ja mit essen." Ich würde heute Abend noch mit mir reden.

Sie ging runter und ich schloss die Tür hinter ihr. Meine Mutter vergaß immer meine Tür zu schließen.

"Willst du nachher mitessen?", fragte ich Tim einfach, als ich mich wieder neben ihn fallengelassen hatte.

"Ich hab um achtzehn Uhr Training. Ich würde aber gerne." Ich fand es schade.

Dann schwiegen wir uns wieder an. Schweigen. Dieses Schweigen war nicht angenehm, aber auch nicht unangenehm. Es ließ sich schwer beschreiben.

Ich rutschte wieder an ihn ran und wieder fand mein Kopf den Weg auf seine Schulter.Es sah vielleicht etwas komisch aus, da er um Einiges größer war, aber es störte mich nicht. Uns konnte ja niemand sehen. Und sofort war es ein angenehmes, ruhiges Schweigen.

Um circa halb sechs brach der das Schweigen.  "Ich muss los, damit ich rechtzeitig beim Training bin. Aber duschreibst mir morgen sofort, was gemacht wird.", befahl er mir. Als er aufstand wuschelte er mir einmal durch meine Haare.

Gerade als er durch die Tür gehen wollte, sprang ich auf und zog ihn in eine flüchtige Umarmung.Ich wollte ihm einfach irgendwie danken. Ob er das jetzt so gut fand, keine Ahnung. Aber ich hatte das gerade gebraucht.

"Danke, dass du heute bei mir warst.", murmelte ich ihm zu. Und es kam nicht mal halb so dankbar rüber, wie ich tatsächlich war. Aber in sowas war ich noch nie gut. Er sagte nur "Kein Ding. Bis Morgen." Etwas ernüchternd, aber vielleicht konnte er sowas auch einfach nicht, so vie ich.

Zum Abschied wuschelte er mir noch einmal durch meine Haare.

Meine schönen Haare. Ich liebte meine Haare. Und sehr helles Blond, ja fast ein Wasserstoffblond. Sie waren etwas länger und ich hatte sehr viele, dicke Haare. Sie waren irgedwie besonders. Ich hatte sie von meiner Mutter geerbt. So wie meine Schwester.

Lange werde ich sie nicht mehr haben.Die Chemo wird mir meine Haare rauben. Das,was mich irgendwie besonders macht.

Immer noch etwas niedergeschlagen ging ich runter zu meiner Mutter. Sie saß im Wohnzimmer und zappte durch die Fernsehsender.Es war einfach zu früh für gute Serien.

Ich ließ mich neben sie fallen und sofort zog sie mich an sich ran.

"Du schaffst das! Du darfst nicht aufgeben, hörst du?" Zum Ende hin wurde ihre Stimme immer brüchiger und ich spürte die erste Träne auf meiner Haut. Ich war ruhig, hatte schon geweint, aber nun musste ich sie beruhigen. Ich strich ihr sanft über den Rücken und drückte sie so fest wie möglich an mich. Sie hatte alles verloren. Ihre gesamte Familie. Ich war ihr geblieben. Und dann?

Irgendwann waren ihre Tränen versiegt und sie setzte sich wieder normal neben mich.

"Ich schaffe das. Ich gebe nicht auf." Ich lächelte ihr bei diesen Worten ermutigend zu. Ich musste für sie kämpfen. Was anderes blieb mir doch gar nicht über.

Sie lächelte ebenfalls. "Was ist das zwischen dir und Tim?" Ich wollte nicht darüber reden. Weil ich nicht wollte, dass das alles so schnell ging.

"Boar, Mama. Ganz ehrlich, ich kenne ihn seit Freitag. Ich find' er ist echt nett und halt. Wir sind, würde ich sagen, befreundet. Er ist mein einziger und damit vielleicht auch bester Freund, aber da läuft nichts!" Ich hatte, trotz meiner  Naivität, ein wenig Angst, dass er von heute auf morgen verschwand, weil ihm alles zu viel wurde. Wir kannten uns kaum und schon erfuhr ich von einer Krankheit, an der ich wahrscheinlich sterben würde.

Sie sah mich nur 'wissend' an und ich verdrehte die Augen. "Also, er ist nicht schwul oder so?"

Meine Mutter war einfach dirket. "Er is Pan."

Wieder ein wissendes nicken. Und dann ließ sie dieses Thema ruhen.

"Was willst du essen?", fragte ich sie, um die Stille zu brechen und um ihr eine Freude zu machen.

"Gemüse mit Reis und Sauce?" Das hätte ich mir eigentlich denken können. Es war ihr lieblings Essen.

Also stellte ich mich in die Küche und begann das Gemüse zu dünsten und den Reis zu kochen. Als beides fertig war, bereitete ich nun auch noch mit hilfe vom Sud des Dünstens die Sauce zu und knapp fünfzig Minuten später rief ich meine Mutter dann auch zum Essen. Ich kochte ab und zu für meine Mutter, wenn sie einen schlechten Tag gehabt hatte.

Sie genoss es sichtlich.

"Wir sollen morgen früh nochmal zu Doktor Blühmer, um die Chemotherapie und so zu planen. Wir stehen das durch, Mama." Ich lächelte sie wähenddessen ich redete aufmunternt an und sie lächelte zurück.

"Ja, das tun wir. Mit Tim." Als sie Tims Namen erwähnte zog sie anzüglich ihre Augenbrauen hoch und runter.

Ich verdrehte die Augen.

"Ja, ich habs verstanden. Aber wenn ihr dann zusammen seid, erinner ich dich daran!"

Ich musste lachen und sie stimme ein.

Wir saßen nach dem Essen noch einige Zeit gemeinsam auf dem Sofa und schauten The Flash die dritte Staffel.

Diese Serie war momentan unser Lebenselexier und die ersten beiden Staffeln hatten wir innherhalb von zwei Wochen geschaut. Und wenn man nun bedenkt, dass meine Mutter erst um kurz nach fünf nach Hause kam war das schon eine Leistung. Jede Staffel hatte um die zwanzig Folgen die jewals vierzig Minuten gingen. Wir waren dieser Serie schon verfallen.

Spät Abends machten wir dann die Flimmerkiste aus und begaben uns in unsere Betten.

Mir ging die ganze Zeit durch den Kopf, wie es wohl werden würde. Im Krankenhaus, bei der Chemo und bei allem. Meine Mutter würde definitiv bei mir bleiben aber bei Tim war ich mir nicht sicher. Ich konnte ihn einfach noch icht gut genug einschätzen.

Er war mein einziger Freund. Die einzige Vertrauensperson neben meiner Mutter. Vielleicht kam das Vetrauen auch Teils, weil ich ihn in meinem Traum gesehen hatte.

Ich schief schnell ein.

Da stand er. Stumm. Weinen. Vor meinem Grab. Eine Träne nach der anderen fand ihren Weg auf den Boden. Gerade Wegs auf mein Grab.

Die Blumen, die gerade noch in seiner starken Hand waren, fielen zu Boden, als er diese einfach öffnete.

Er machte auf dem Absatz kehrt und ging. Er ging aus dem alten Tor des Friedhofes.

Er machte kaum Geräusche. Er war groß und muskolös aber er war so ruhig. Und so leise. Er war immer so sanft zu mir.

Nur mein Grab war belebt. Der Rest wirkte verlassen.

Auf dem Weg zum Parkplatz verließen ihn immer mehr Tränen und er war wütend. Das sah man ihm an.

Ich liebte diesen Jungen doch so sehr, wieso hatte ich ihn so enttäuscht.

Ich ging neben ihm. Legte ihm eine Hand auf seine Schulter.

"Er wird es niemals spüren, nie wieder", dachte ich mir.

Meine Füße berührten den Boden nicht und trotzdem war er immer noch größer als ich. Zumindest machten mich meine Flügel breiter als ihn.

Ich schreckte hoch. Es war der gleiche Traum, den ich hatte, als ich Tim das erste mal traf.

Als ich auf meinen Wecker auf dem schwarzen, verschnörkelten Nachttisch sah, hatten wir 3:45 Uhr.

Und wieder fragte ich mich, was das war. Und es kam auch eine neue Frage auf. Wieso träumte ich das nochmal. Wieso? Was sollte mir das sagen. Aber darüber konnte ich mir ja auch am nächsten Tag Gedanken machen.

Ich schlief wieder ein.

Liedzeile: -Brave enough by Lindsey Stirling -

*Ps: Song oben eingefügt*

Angels can fly • stexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt