Kapitel 23 • Wetten

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>You would not believe your eyes if ten million fireflies<


"DIE Mia?", fragte er erstaunt und sie sah mich fragend an. Genau so wie Tim uns beide. Er hatte es sich gemerkt. Er hatte dieses kleine große Detail aus meinem Leben nicht vergessen.

"Erstens: Ich denke. Und zweitens: woher kennst du mich?" Die Verwirrung stand ihr ins Gesicht geschrieben. Wie sollte sie es auch wissen?

"Mein bester Freund, Tim, kennt meine Lebensgeschichte und da du eine der wenigen positiven warst, muss sein, wenn auch sonst eingeschränkter Verstand, gemerkt haben, dass du das bist." Tim sah mich ein wenig böse ein, als ich meinte, dass sein Verstand eingeschränkt sei.

Aber ist er das nicht bei allen? Jeder ist in einem bestimmten Teil eingeschränkt. Egal wie klug eine Person auch ist. Davon war ich definitiv überzeugt.

"Der kleine, schüchterne Stegi tischt jemandem sofort seine ganze Lebensgeschichte auf? Soso!" Mia nahm ihre die Hände in ihre Seiten und sah mich abwartend an.

"Lange Geschichte und vielleicht auch ein bisschen unglaubwürdig." Gab ich zu aber ihr Blick wurde immer abwartender und ich seufzte.

"Wir haben beide schon dreimal den gleichen Traum gehabt. Immer am selben Tag. Tim geht an mein Grab, lässt eine rote Rose fallen und ich fliege ihm hinterher und lege ihm eine Hand auf die Schulter aber er kann mich nicht wahrnehmen, weil ich ein Engel bin. Ich hab ihn sofort im Krankenhaus erkannt und er mich, scheinbar, auch." Ich sah Tim fragend an und bekam ein Nicken.

Sie schien so, als ob sie mir nicht ganz glauben würde. Aber das war in dem Moment weniger wichtig.

Wir hatten ziemlich viel Spaß, bis Chris rein kam und Tim und Mia bat, die Kittel anzuziehen. Kurz bevor die Chemo angeschlossen wurde, kam meine Mutter, ebenfalls im Kittel, in den Raum gestürmt und begrüßte erst Tim stürmisch und mich dann mit einer langen Umarmung. Als sie sich aus dieser löste, blieb ihr Blick bei Mia hängen.

"Bist du es?", fragte sie ganz aus dem Häuschen und Mia nickte mit einem breiten Grinsen. Sofort umarmte meine Mutter Mia stürmisch.

"Du siehst gut aus. Bist ein hübsches Mädchen geworden." Sie freute sich sichtlich über Mia aber wurde von Chris unterbrochen, der die flüssige Hölle mit meinem Port verband.

Tim wusste schon, was auf ihn zukommen würde. Und auf mich. Am Anfang redeten wir viel, bis die Bauchschmerzen und die Übelkeit einsetzten.

Tim war sofort zur Stelle und brachte Beutel Nummer eins auch sofort in den Müll.

"Schon ein eingespieltes Team hier!", lobte meine Mutter uns. Mehr Tim als mich, weil ich nur kotzte und er es, wie durch ein Wunder, schon ahnte und alles auffing.

Mia kicherte und wenn Blicke töten könnten, sollte sie froh sein, dass sie hier im Krankenhaus war.

"Ihr seid schon süß. Sicher, dass da nicht mehr ist?", fragte sie kichernd und ich hätte ihr eine gescheuert, wenn ich nicht an der Infusion liegen würde und mir kotzübel wäre.

Stattdessen verdrehte ich einfach meine Augen und verschränkte meine Arme.

Alle, die um mein Bett herum saßen, fingen lauthals an zu lachen aber ich wollte mich zurück halten, um nicht über das Bett zu spucken.

Aber da gab es ja auch noch Tim, der das Unglück gerade noch so verhinderte.

"Mia, ich sag dir, in spätestens drei Wochen sind die zusammen. Ich wette um zwei Euro!", sagte meine Mutter an Mia gewand und diese bot mit drei Euro auf zwei Wochen.

"Aber uns fragt ihr nicht, oder?", fragte ich leicht empört und es kam von beiden Damen gleichzeitig ein "Nein!"

Sie prusteten los aber ich konnte mich, aber meinen Mageninnhalt auch nicht, mehr halten und prustete (und kotze) drauf los. Tim fing wieder alles auf.

"Ich setz' einen Euro auf Zweieinhalb Wochen!" Ich sah ihn mit einem verwirrten Blick an und er zuckte nur mit den Schultern.

Die Chemo war nicht unbedingt angenehmer gewesen als die letzte aber sie war, auf Grund der witzigen Gesellschaft, gut zu ertragen gewesen.

Als der Scheiß dann endlich durchgelaufen war atmete ich erleichtert auf und war froh, endlich diesen lästigen Tropf los zu sein.

"Ich hab morgen gleichzeitig mit dir Chemo. Vielleicht können wir ja die Bettten zusammenschieben?" Ich nickte Mia nur zu. Ich war müde und wollte schlafen. Meine Mutter verabscheidete sich schonmal, aber konnte nicht versprechen, dass sie morgen dabei sein würde, aber sie würde sich anstrengen. Sie durfte ihren Job einfach nicht verlieren.

Es war erst achtzehn Uhr als meine Mutter das Krankenhaus verließ.

Als ich mich soweit bettfertig gemacht hatte, legte Tim sich ohne Aufforderung zu mir und strich mir meine, leicht verschwitzten, Haare aus der Stirn.

Vom anderen Bett hörte ich nur ein hohes und quietschieges "Nawww!"

Ich zeigte Mia, ohne sie anzuschauen, den Mittelfiger und sie kicherte leise.

"Ich glaube, ich gewinne die Wette." Sie klang sehr siegessicher aber ich konnte nur den Kopf schütteln und mich an Tim herankuscheln.

"Ich sags ja!"

"Kannst du nicht einfach mal deine Fresse halten?", maulte ich sie an und augenblicklich war sie ruhig. Ich konnte mir bildlich vorstellen, wie sie ihre Augen verdrehte und musste leicht schmunzeln.

Ich suchte mir eine gemütliche Position in Tims Armen und schlief wenige Minuten später ein.

Ich lief durch einen Wald. Die grünen Blätter an den Bäumen hoch über mir raschelten in der leichten, warmen Briese.

Links neben mir flitzte ein Eichhörnchen wieselflink einen Baumstamm hoch. Ich lächelte.

Und dann fiel mir die Wärme auf, die von meiner Hand ausging und den leichten Druck, der daraus ausgeübt wurde.

Ich wagte einen Blick auf meine Hand und sah, dass sie in einer größeren lag. Mein Blick wanderte den muskolösen arm zu der breiten Schulter hoch und dann über den Hals zu seinem Gesicht, dass von einem Lächeln geziehrt wurde.

Tim.

"Was schaust du mich so an? Ist irgendwas?", neckte er mich.

"Warum grinst du so doof? Ist irgendwas?", konterte ich.

"Er hielt an und drehte mich an der Hüfte zu ihm. Sein Gesicht war meinem ganz nahe. "Weil du hier bist und wenn du hier bist, kann ich nur grinsen", beantwortete er meine Frage und drückte seine rauen Lippen auf meine.

Ich schlug die Augen auf. Nur ein Traum. Ich strich mir über die Lippen, denn das Kribbeln war das Einzige, was mir aus meinem Traum in der reale Welt geblieben war.

Es hatte sich verdammt richtig angefühlt und ich fing dümmlich an zu grinsen.

Liedzeile: -Firelies by Owl City-

*Ps: song oben eingefügt*


Angels can fly • stexpertWo Geschichten leben. Entdecke jetzt