Kapitel 1

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Neuer Schüler

Caylin POV

Seufzend betrete ich das große Schulgebäude und drängle mich an den unzähligen Schülern vorbei, um in mein eigenes Klassenzimmer zu gelangen. Der bekannte Geruch von Schule steigt in meine Nase und um ehrlich zu sein hab ich ihn nicht vermisst. Nicht einmal ansatzweise.
Von meiner Seite aus, hätten die Ferien noch viel länger gehen können. Ein Problem hätte ich damit nicht gehabt. Unterwegs begrüße ich ein paar Leute, die ich kenne und freue mich schon auf die nächsten Ferien. Gut, das ist ziemlich erbärmlich bereits am ersten Schultag über so was nachzudenken, aber es ist nun mal die Wahrheit. Als ich bei meiner Klasse angekommen bin, gehe ich in den Raum hinein und schaue mich um. Ich halte nach einem Platz Ausschau, bis ich an einem Tisch angekommen bin, der frei ist. Meinen Rucksack lasse ich neben diesen fallen und setze mich.
"Hey, Caylin. Ist da noch frei?"
Überrascht von der Stimme meiner besten Freundin Yvana, spitze ich meine Ohren. Ich drehe mich um und schaue in ihr schmunzelndes Gesicht.
„Natürlich", antworte ich grinsend und deute ihr, sich hinzusetzen. Das tut sie auch, während sie Luft holt, um etwas zu sagen.
„Wusstest du, dass wir einen neuen Schüler bekommen?"
Fragend schaue ich sie an und lache kurz.
„Freut mich auch dich zu sehen, Yvana. Ach und danke für die Nachfrage, wie meine Ferien waren. Sie waren super, danke. Und deine? Und übrigens: mir geht es gut", sage ich ironisch und beantworte ihre nichtgestellten Fragen. Sie war noch nie der Fan von Standartgesprächen oder Smalltalk. Sie grinst und hebt eine Augenbraue.
„Meine Ferien waren auch cool und mir geht es auch gut. Tut mir ja leid, aber es gibt wesentlich wichtigere Dinge, als so was", verteidigt sie sich. Ich hebe meine Hände und knuffe sie in die Seite.
„Danke, aber auch."
Sie boxt mich spielerisch in den Arm und schaut mich warnend an.
„Also, wie gesagt: Wir bekommen einen neuen Klassenkameraden."
„Einen neuen Schüler?"
„Ja, und zwar einen Jungen."
Sie wackelt vielsagend mit den Augenbrauen und ich verdrehe stöhnend meine Augen.
Na, das sind ja tolle Neuigkeiten.
Ich weiß schon ganz genau, worauf sie hinaus will.
„Ich sag das noch ein und auch das letzte mal: ich bin ein glücklicher Single und brauche keinen Partner um glücklich zu sein."
Yvana schaut mich ungläubig an und schüttelt den Kopf.
„Mir war klar, dass du das sagen wirst, aber du weißt ganz genau, dass ich dir das nicht glaube."
Ich nicke genervt und fahre mir durch die Haare.
„Und hast du ihn schon gesehen?", frage ich darauf hin.
„Oh, ja. Er hat zwar grüne Haare, aber sieht unglaublich süß aus. Außerdem hat er ein wunderschönes Lächeln", fängt sie an zu schwärmen, „wenn du ihn siehst, wirst du dahin schmelzen."
Ich lache kurz und versuche mir einen gut aussehenden Typen mit grünen Haaren vorzustellen.
Irgendwie unmöglich.
„Hat er knallig grüne oder nur dezent grüne Haare?"
Erwartungsvoll schaue ich sie an. Sie hievt ihren Kopf hin und her.
„Es ist eher ein dezentes grün. Es ist eher ein braun-grün. Sein Ansatz ist schon ein wenig rausgewachsen. Warum interessiert dich das so plötzlich?"
Ich zucke mit den Schultern.
„Keine Ahnung, darf ich etwa nicht fragen? Ich konnte und kann mir immer noch nicht wirklich vorstellen, wie das aussehen soll", schmunzle ich und verschränke meine Arme. Bisher ist mir noch nicht aufgefallen, wie voll unser Klassenraum ist und wie unsere Klassenlehrerin im Schlepptau mit einem Jungen herein kommt.
„Musst du auch nicht mehr. Denn er ist schon da", flüstert Yvana lächelnd und deutet auf den Jungen.
Ein knuffiger Typ, der in Zukunft auf jeden Fall der Mädchenschwarm sein wird, der aber leider nicht ganz mein Typ ist.
„Und damit du endlich mal einen Jungen abbekommst, setze ich mich zu Luise, damit hier neben dir der einzig freie Platz im gesamten Raum sein wird."
Kaum haben diese Wörter Yvanas Mund verlassen, steht sie auf und geht zu einem anderen Tisch, und zwar zu Luise. Entsetzt starre ich ihr hinterher und kann vor Überraschung gar nichts erwidern. Bis ich aber dazu wieder in der Lage bin und meinen Mund öffne, fängt unsere Lehrerin an zu reden, sodass ich nur noch Yvana mit einem wütenden Ausdruck im Gesicht anschauen kann.
„Hallo, ihr Lieben. Ein neues Schuljahr hat begonnen und für euch auch das letzte. Wir werden gleich alle organisatorischen Dinge klären, aber vorher möchte ich euren neuen Klassenkameraden Jack vorstellen."
Sie deutet auf den Jungen, auch Jack, der schmunzelnd die Hand hebt.
Er hat tatsächlich ein schönes Lächeln. Ich schaue mich im Klassenzimmer um und Yvana hatte Recht. Es gibt wirklich keinen einzigen freien Platz, außer neben mir.
„Hey, ich bin Jack und ich bin neunzehn. Warum ich mein letztes Jahr in meinem Schulleben an einer neuen Schule mache liegt daran, dass meine Eltern und ich umziehen mussten. Und, ja. Jetzt bin ich hier", stellt er sich kurz vor, während sein Blick in der Klasse herumschweift.
„Interessant. Was machst du denn so in deiner Freizeit?", fragt unsere Lehrerin gespannt.
„Ich mache gerne Sport", antwortet Jack knapp und lächelt kurz.
Unsere Lehrerin gibt sich mit seiner knappen Antwort zufrieden.
„Nun, gut. Ich hoffe du wirst dich bei uns wohl fühlen. Setz dich doch bitte auf einen freien Platz. Neben Caylin ist noch einer frei."
Er nickt, während Ms Smith auf mich zeigt.
Jacks Augen treffen meine, während er mich lange mustert.
Einen kurzen Augenblick weiten sich seine Augen, was aber auch nur Einbildung sein kann.
Langsam aber sicher kommt er auf mich zu. Unauffällig spicke ich zu Yvana rüber, die über beide Ohren grinst.
„Fangen wir nun mit ein paar wichtigen Dingen an, die ihr für dieses Schuljahr wissen solltet", beginnt unsere Klassenlehrerin und fängt an, etwas an die Tafel zu schreiben.
„Hi", flüstert Jack und setzt sich. Lächelnd schaut er mich an, sodass ich zurück lächle.
„Hi. Jack also, hm?"
Er nickt.
„Ja. Und du bist Caylin?"
Ich nicke bestätigend.
„Schöner Name."
Ich lächle dankend.
„Leise, da hinten, wer auch immer da spricht!", ermahnt Ms Smith uns, während sie aber noch an die Tafel schaut.
Den Rest der Stunde reden wir nicht sehr viel, da unsere Lehrerin ziemlich streng ist. Als dann aber endlich die Pause beginnt, seufzt er erleichtert.
„Hier fühlt man sich ja wie beim Militär."
Ich lache kurz und nicke.
„So in etwa ist es hier auch."
„Hast du vielleicht Lust mir die Schule zu zeigen, mir wurde zwar ein Plan in die Hand gedrückt, aber verständlich ist er nicht", fragt Jack mich entschuldigend.
Ich schultere meinen Rucksack und nicke.
„Kann ich gerne machen. Allerdings haben wir nur zwanzig Minuten, also los."
Als ich mich nach Yvana umschaue, entdecke ich sie nicht, weshalb ich annehme, dass sie bereits absichtlich aus dem Klassenzimmer abgehauen ist. Wahrscheinlich gehört das zu ihrem Plan, mich mit Jack zu verkuppeln.
„Hast du mir überhaupt zugehört?"
Jack lacht und schaut mich fragend an, als wir aus dem Raum gehen. Ich blinzle ein paar Mal und mustere entschuldigend sein Gesicht und seine Mimik.
„Tut mir leid, aber nein. Ich war grad in Gedanken."
Lachend gehen wir den Gang entlang.
„Ich hab gefragt, wie alt du bist."
„Achtzehn", antworte ich.
„Achtzehn? Also irgendwie siehst du älter aus", lacht Jack.
„Älter? Genau so was wollen Frauen nicht hören, Jack. Ganz toll."
Er knufft mich in die Seite und ich schnaufe amüsiert.
„So war das natürlich nicht gemeint."
„Du siehst aber auch nicht wirklich aus, wie neunzehn", gebe ich zurück und betrachte sein Gesicht.
„Na, danke", sagt er gespielt beleidigt, sodass ich lachen muss.
So geht es weiter, bis ich ihm die ganze Schule gezeigt habe und wir nach der Pause wieder in unser Klassenzimmer gehen. Yvana kann ich erst in der zweiten Pause auf den neuesten Stand bringen, nachdem Jack mit ein paar anderen Jungs zum Sport abgehauen ist. Natürlich interpretiert sie viel zu viel da rein und ich kann nicht aufhören meine Augen zu verdrehen und genervt durch die Gegend zu blicken, während sie von Jack und mir schwärmt. Nach der letzten Stunde steckt mir mein neuer Sitznachbar einen kleinen Zettel in die Hand, dessen Besitzer aber nur mit einem Lächeln davonläuft. Perplex öffne ich ihn, als ich vor dem Schulgebäude an der frische Luft stehe.
„Was ist das denn?", höre ich eine bekannte Stimme, noch bevor ich ihn überhaupt lesen kann. Yvana reißt mir den Zettel aus der Hand und liest ihn selber.
„Was steht da drauf?", frage ich und versuche über ihre Schulter zu gucken. Sie grinst von einem Ohr zum anderen und drückt ihn mir wieder zurück in die Hand.
„Viele, viele Zahlen, hinter denen sich jemand Wichtiges verbirgt", meint sie und wackelt mit den Augenbrauen. Auch ich entdecke nun eine Handynummer, die offensichtlich Jack gehört.
„Uh, er hat dir seine Nummer gegeben, das muss was bedeuten", sagt Yvana, während wir zur Bushaltestelle laufen.
Ich knülle den Zettel zusammen und stecke ihn in meine Hosentasche.
„Es muss was bedeuten? Wahrscheinlich hat er sie bereits hundert anderen Mädchen gegeben."
Wir beide steigen in den Bus ein, der bereits an der Station steht und setzen uns auf zwei freie Plätze.
„Ach was. Nach seinem Blick zu urteilen warst du das einzige Mädchen, das er überhaupt bemerkt hat. Und gleichzeitig das einzige, das er interessant findet."
Ich nicke ironisch und nehme den Zettel wieder aus meiner Hosentasche. Yvana zieht gleichzeitig mein Handy aus der Hosentasche und legt es mir in die Hand.
„Komm schon. Schreib ihn an."
Bevor ich was erwidern kann, schnappt sie mein Handy und den Zettel. Sie tippt auf dem Ding ein wenig herum, bis sie es mir wieder gibt. Den Zettel verstaut sie wieder in meiner Hosentasche. Kurz blicke ich sie Kopf schüttelnd an und checke anschließend meine Kontakte. Wie erwartet entdecke ich Jacks Namen bei dem Buchstaben "J". Ich lache und schnipse ihr an den Kopf.
„Überleg ich mir noch."
Sie hebt aber drohend den Finger.
„Überleg aber nicht zu lange, denn wenn doch, schnappt sich irgendeine Schlampe ihn."
Sie hebe fragend eine Hand.
„Und dann? Soll sie doch. Er ist nicht wirklich mein Typ, Yvana."
„Er soll nicht dein Typ sein? Witzig."
Bis zum Ende der Fahrt unterhalten wir uns noch über ein paar andere Dinge, bis ich aussteigen muss und mich von ihr verabschiede.
„Schreib ihn an!", schreit sie mir noch hinterher. Bevor ich ihr aber etwas antworten kann, schließen sich die Türen und der Bus fährt davon.
Ein Blick auf meine Handyuhr verrät mir, dass wir bereits sechs Uhr abends haben, sodass ich schnell nach Hause gehe.

Two Identities [Joker FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt