Überfall
„Bist du fertig, Caylin?", höre ich Jack außerhalb des Zimmers fragen, bevor ich mein Tuch umbinde und meine Kapuze überstreife. Er betritt den Raum und schaut mich abwartend an.
„Yes, Sir, einen Moment noch", antworte ich schmunzelnd und stecke mein Messer in meine Hosentasche. Auch meine Pistole verstaue ich noch unter meiner Lederjacke.
Jack lehnt sich gegen den Türrahmen und verschränkt seine Arme vor der Brust, während er mich still beobachtet.
„Wo genau werden wir Harvey denn nochmal überfallen und mit was für einer Strategie?", frage ich ihn, während ich meine Stiefel schnell zuschnüre.
Kurz überlegt er und holt tief Luft.
„Kurz vor dem Restaurant gibt es eine ganz schmale Gasse und in diese werden wir ihn unauffällig reinziehen. Ich denke ein kleiner Schlag auf den Hinterkopf wird reichen, um ihn kurzzeitig in das Land der Träume zu schicken. Yomo wird mit dem Auto kommen und uns abholen. Wir schmeißen Harvey in den Wagen und fahren in unser zweites Versteck. Dort werden wir ein Video von ihm drehen, in dem er alles zugibt, wirklich alles. Er wird seine ganze Vergangenheit auspacken und zugeben, was für ein schrecklicher Mensch er in Wahrheit ist. Nachdem das erledigt ist, bringen wir ihn so schnell es geht um und liefern ihn der Mafia aus. Wir kassieren das ganze Geld und anschließend ist diese ganze Sache endlich erledigt und wir können uns auch mal mit anderen Dingen beschäftigen, als mit Harvey Dent."
Freudig klatscht er in die Hände, während er erklärt. Als ich mich wieder aufrichte, puste ich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht und hebe eine Augenbraue. Dabei setze ich einen eher skeptischen Blick auf.
„Glaubst du wirklich, dass es so einfach laufen wird? Nichts für Ungut, Jack. Ich schätze es wirklich, dass du dir wenigstens die Mühe gibst einen Plan zu entwerfen, damit wir uns sicher sein können, dass immerhin nicht alles schief läuft, aber bis jetzt ist nichts so gelaufen, wie wir es uns vorgestellt haben. Ich bin mir ziemlich sicher, dass wir auch diesmal Probleme von Außen bekommen werden. Was für Probleme es diesmal sein werden, weiß ich nicht, aber es wird welche geben, glaub mir", beteuere ich und schaue ihn warnend an, während wir gemeinsam den Raum verlassen. Jack seufzt und knufft mich in die Seite, sodass ich erschrocken aufjaule.
„Jetzt sei mal nicht so pessimistisch, Liebste. Seit Tagen nun läuft diese Sache mit Harvey, langsam reicht es mal wirklich. Heute ist das Finale, das verspreche ich dir. Ich muss dir allerdings zustimmen, tatsächlich hatten wir ständig Komplikationen und es ist nicht so gelaufen, wie wir es wollten, aber heute ziehen wir endlich den Schlussstrich und töten Harvey. Das ganze hat sich extrem in die Länge gezogen, was nicht einmal gewollt war", beteuert Jack, als wir das Versteck verlassen und auf Yomo stoßen, der angelehnt an dem schwarzen Wagen steht.
„Ich bringe euch ein Stück. Die letzten Meter müsst ihr selber laufen. Wenn alles nach Plan läuft, müsste ich genau dann an der Gasse vorbeifahren, wenn ihr ihn bereits zur Bewusstlosigkeit gebracht habt. Ich werde so vorbeifahren, dass ihr ihn schnell reinschmeißen werdet, okay? Verzögerungen führen nur zu Ungenauigkeiten und Fehlern, also vermasselt es nicht", sagt dieser und winkt uns in das Auto hinein, ehe er sich auf dem Fahrersitz niederlässt.
Jack und ich tauschen einen schnellen Blick aus, bevor wir zwei zur Beifahrertür rennen und gleichzeitig dort ankommen.
„Ich sitze vorne!", rufe ich und schiebe ihn zur Seite.
„Nur über meine Leiche!"
Als ich mich schon fast freue, dass ich die Tür aufmachen und mich auf den Beifahrersitz pflanzen kann, spüre ich wie Jack mich wieder wegdrückt. Von hier aus sehe ich, wie Yomo seine Augen verdreht und sich nach hinten fallen lässt.
„Du durftest schon das letzte mal dort sitzen", beteuert Jack, sodass ich ihn empört anschaue.
„Und du durftest fahren, also bitte! Und jetzt verzieh dich!"
Jack aber denkt nicht einmal dran, während wir angestrengt versuchen uns gegenseitig wegzudrücken. Plötzlich aber kommt mir eine Idee, sodass ich mich grinsend zu dem Grünhaarigen drehe und mein Tuch runterziehe. Ich drücke ihm einen kleinen Kuss auf den Mund, sodass er für einen kurzen Moment die Fassung verliert und in seiner Bewegung innehält. Diese wenigen Sekunden nutze ich natürlich, schubse ihn beiseite und steige schnell neben Yomo ein, ehe ich die Tür zuschlage. Durch die Scheibe sehe ich, wie der Joker dort verdattert dasteht.
„Jetzt steig doch endlich mal ein, wir dürfen keine Zeit verlieren", ermahnt der Weißhaarige ihn, sodass Jack fluchend hinten einsteigt und die Autotür unsanft zuzieht.
„Das war mehr als nur unfair", sagt er und ich sehe im Rückspiegel wie er schmollend dasitzt, sodass ich mir mein Grinsen nicht verkneifen kann und mein Tuch wieder hochziehe.
„Und ich tu mal so, als hätte ich nichts gesehen", murmelt Yomo, während er seinen Blick nicht von der Straße abnimmt und Gas gibt. Kichernd richte ich meinen Blick ebenfalls nach vorne.
„Ihr seid witzig", meine ich bloß und ernte ein Schnauben von Jacks Seite und ein Seufzen von Yomos Seite.
Ohne weitere Komplikationen fahren wir also weiter. Ich checke die Uhrzeit und bemerke, dass wir nur noch zehn Minuten haben, um zu dem Restaurant zu kommen.
„Fahr mal schneller, ich schlaf gleich ein", höre ich Jack sagen, als hätte er meine Gedanken gelesen. Yomo sagt nichts und beschleunigt ein wenig. Als wir dann endlich die Hauptstraße erreichen, fahren wir diese runter, bis wir abbiegen und Yomo in einer Nebenstraße anhält.
„Das Restaurant ist zwei Minuten von hier entfernt. Beeilt euch. Wir sehen uns gleich."
Mit diesen Worten schmeißt uns Yomo aus dem Wagen, bevor Jack und ich uns Bewegung setzen.
„Hier lang", sagt er und deutet auf eine Seitengasse, auf die wir nun zusteuern.
„Wenn wir am Ende dieser Gasse ankommen, befinden wir uns direkt neben dem Restaurant. Harvey müsste von links kommen, sodass wir ihn ganz einfach zu uns ziehen werden, verstanden?"
Ich nicke, während wir nebeneinander her laufen. Mein Tuch ziehe ich etwas weiter nach oben und atme durch dieses die kalte Nachtluft ein.
„Und was ist, wenn uns irgendwelche Leute entdecken?", frage ich und schaue Jack fragend an, der mein Gesicht aber bestimmt wegen der Dunkelheit nicht sehen kann.
„Es ist spät am Abend, es laufen prinzipiell nicht so viele Leute mehr hier rum. Na ja, falls uns jemand sehen sollte, ist es mir herzlich egal, denn Harvey wird schneller tot sein, als dass uns diese Leute verpfeifen könnten", winkt er jedoch ab, ohne zu mir zu schauen, sodass ich ein wenig lachen muss.
„Na, das hoffen wir mal. Ich habe keine Lust auf eine Konfrontation mit irgendwelchem Vollidioten, besonders nicht mit der Polizei."
Ich verdrehe meine Augen, als wir endlich das Ende der Gasse entdecken und höre, wie Jack kichert.
„Ich auch nicht, da kannst du dir sicher sein. Ich habe dir aber bereits gesagt, dass heute nichts schief laufen wird."
„Ich weiß immer noch nicht so genau, was dich da so sicher macht, Liebster", kommentiere ich.
Wir kommen am Ende an und bleiben stehen.
„Weil ich es eben weiß. Vertrau mir einfach mal, Schätzchen", sagt Jack und lugt währenddessen um die Ecke.
Grinsend zieht er sich wieder zurück und reibt sich die Hände.
„Er kommt!", sagt er mit einem breiten Lächeln, sodass seine geschminkten Lippen besonders zur Geltung kommen.
Auch ich schaue nach und sehe tatsächlich den Staatsanwalt. Im ersten Moment erkenne ich ihn kaum, da er nicht wie sonst einen schicken Anzug trägt, sondern ganz normale Straßenklamotten, die ihn wie einen ganz normalen Bürger wirken lassen. Wahrscheinlich war das auch sein Plan, da es schließlich wichtig für ihn ist, nicht entdeckt zu werden und unauffällig zu bleiben. Dass er seinen Kopf gesenkt hält und eine Kapuze übergezogen hat, unterstreicht meine Vermutung noch.
„Komm doch endlich", flüstert Jack ungeduldig.
Ein paar Sekunden noch stehen wir beide leise und eingefroren da. Als Harvey endlich an der Gasse vorbeiläuft, wirft er einen kurzen Blick in diese, was wahrscheinlich ein Reflex ist, wenn er an Straßen und Gassen vorbeigeht. Er möchte seinen Blick wieder nach vorne richten, da realisiert er, wen er gesehen hat und weitet augenblicklich seine Augen. Bevor er aber anfangen kann zu schreien oder wegzulaufen, schnappe ich mir seinen Arm und zerre ihn zu uns.
„Guten Abend, Harvey", begrüße ich ihn grinsend und drücke ihn zu Boden.
„Aber was zum ...?"
Weiter kommt er nicht, weil Jack ihm einen ordentlichen Schlag verpasst. Ein dumpfes Geräusch ertönt, ehe der Staatsanwalt das Bewusstsein verliert und seine Augen schließt. Plötzlich hören wir, wie ein Auto hinter uns anhält, sodass ich mich umdrehe und zu unserem Glück feststelle, dass es Yomo ist, der nun die mittlere Tür aufreißt.
„Rein mit ihm!", ruft er, sodass Jack und ich Harvey mit vereinten Kräften hochstemmen. Seine Arme legen wir uns um die Schultern, während wir ihn ächzend zum Wagen tragen.
„Warum ist der Typ denn so schwer", zische ich schnaufend, als wir ihn in den Wagen schmeißen und wir hinterher springen. Die Tür ziehe ich hinter mir zu, nachdem ich mich kurz umgeschaut habe und festgestellt habe, dass uns niemand gesehen hat.
„Weiß ich nicht, aber was ich weiß, ist, dass wir Harvey endlich für uns ganz alleine haben, ohne dass uns jemand stören könnte", kichert Jack und begutachtet den Herren, sodass ich lachen muss.
„Das klang jetzt gerade aber ziemlich verstörend", sage ich und ernte einen komischen, aber gleichzeitig amüsanten Blick von dem Grünhaarigen.
„Lasst uns endlich diese Sache mit Harvey beenden", sagt Yomo nun entschlossen von vorne und drückt auf das Gas, um uns auf dem Weg zu dem zweiten Versteck zu machen.
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Two Identities [Joker FF]
FanfictionIn der Nacht eine Mörderin, am Tag eine unschuldige Schülerin und gleichzeitig die Sitznachbarin eines Psychopathen - das ist das Leben von Caylin Peters alias Theodora, die sich nach einer zufälligen Begegnung mit dem Joker zusammentut.