Offene Rechnung
„Fuck", murmle ich und starre die Wand intensiv und ohne Unterbrechung an, als könnte sie sich dadurch auflösen.
Natürlich wäre das ziemlich praktisch, allerdings passiert nichts dergleichen und ich stehe nach wie vor hier vor einer dämlichen Wand, die mich nicht weiter lässt.
„Woher zum Teufel kommt die überhaupt her und wo ist Jack?", frage ich und trete verwirrt näher.
Augenblicklich schaue ich auf meine Uhr und merke, dass wir nur noch 14 Minuten haben und werde mir bewusst, dass diese Mauer defintiv nicht binnen dieser Zeit einfach so verschwinden wird. Die Stirn runzelnd werde ich allmählich unruhig und berühre die kalte Wand, während ich mich umschaue und überlege, ob das denn auch wirklich die richtige Gasse ist, in die ich abgebogen bin. Als ich mir aber noch mal den Punkt, wo man hierher abbiegen muss, ansehe, bin ich mir sicher, dass Jack genau hier abgebogen ist und nirgendwo anders. Die Frage aber, wo er ist, kann ich aber bei besten Willen nicht beantworten. Es kann doch wohl kaum sein, dass er sich einfach so in Luft aufgelöst hat. Erneut schaue ich auf meine Uhr. 13 Minuten - ich muss schnell handeln und mir was einfallen lassen, die Zeit läuft davon. Ich trete einen Schritt zurück und schaue mich nochmal um. Diesmal mit Erfolg, denn zu meinem Glück entdecke ich einen violetten Stoff. Es ist aber kein violettes Tuch, das Jack die letzten Male fallen gelassen hat, sondern es ist ein abgerissenes Stück seines Sakkos, da bin ich mir zu hundert Prozent sicher. Ich trete näher und will das Stoffteil aufheben, da merke ich, wie ich ganz plötzlich den Boden unter meinen Füßen verliere und ins Leere stürze. Ich lasse erschrocken einen spitzen Schrei los, während ich in der Luft fliege und immer weiter in die dunkle Tiefe gezogen werde.
Durch das Unwissen, wann ich aufprallen werde, bereitet sich Panik in mir aus. Jeden Moment könnte ich auf dem Boden ankommen, sterben und das war es dann mit mir und meinem Leben.
Meine Sorge beweist sich aber als unbegründet, denn im nächsten Moment lande ich auf etwas Weichem, sodass ich mit aufgerissenen Augen laut ein und ausatme, während mein Herz vier mal so schnell schlägt, wie es eigentlich schlagen sollte.
Immer noch geschockt halte ich meine Hand an mein Herz und stehe mit wackeligen Beinen auf. Das Licht hier ist relativ dämmrig, sodass ich nur mit Mühe erkennen kann, dass ich auf einer ranzigen Matratze gelandet bin. „Holy", sage ich noch stotternd, ehe ich mich wieder umdrehe und nun einen Gang entlang gehe, der irgendwohin führen wird, von dem ich keine Ahnung habe. Fakt ist aber, dass das hier irgendeine Art Versteck von Edward sein muss. Ich hätte wissen müssen, dass dieser Grünschnabel irgendwo eine Falltür platzieren und er uns zu einem unterirdischen Ort führen wird - beziehungsweise Jack zu einem unterirdischen Ort führen wird, schließlich weiß er ja nicht, dass ich auch hier bin. Jedenfalls hoffen wir das mal. Meine Uhr sagt mir außerdem, dass wir nur noch 11 Minuten haben, sodass ich einen Zahn zulege und endlich am Ende des Ganges ankomme und für einen Moment lausche. Wenn ich mich nicht täusche höre ich Stimmen. Sofort fange ich an in die Richtung dieser zu laufen und komme anschließend zu einem Raum mit einer metallenen Tür, die aber offen ist. Bevor ich aber in diesen gehe, halte ich an, luge um die Ecke und bemerke erleichtert Yomo, wie er an einem Stuhl gefesselt sitzt und mit erhobenem Blick Edward anschaut, der auf einer Art Podium steht und seinen neuen Gast - kein geringerer als der Joker - anschaut. Yomos Blick ist wie immer neutral oder sogar desinteressiert, sodass ich nicht so ganz einschätzen kann, ob er denn Angst hat oder nicht. Was ich aber weiß und wobei mir ein Stein vom Herzen fällt ist, dass es ihm gut geht und er noch am Leben ist.
Die drei Männer mustern sich gegenseitig, während der Riddler in seinem grünen Anzug, der mit Fragezeichen übersehen ist, dort steht und freudig in die Hände klatscht. Zähneknirschend beobachte ich ihn und balle meine Fäuste. Am liebsten würde ich hervor kommen und ihn windelweich prügeln und dieses provokante Lächeln aus dem Gesicht wischen.
„Wie schön, dass du es hierher geschafft hast, mein Freund! Es freut mich, dass du meine Rätsel lösen konntest!"
Breit lächelnd starrt Edward meinen grünhaarigen Freund an, der sein Lächeln nur halbherzig erwidern kann und auf den Weißhaarigen zeigt.
„Deine Rätsel waren alles andere als schwer, man könnte schon meinen, dass ich etwas enttäuscht darüber war, du Trottel. Und jetzt binde ihn endlich los, damit wir abhauen können. Du hattest deinen Spaß, das Spiel ist gespielt und fertig."
Edwards Lächeln verschwindet, während er seinen Hut zurecht rückt und seinen Kopf etwas schief legt. Seine Arme breitet er aus, sodass ich den Gehstock in seiner rechten Hand bemerke.
„So schnell wollt ihr also schon gehen?"
Von hier aus sehe ich, wie Jack seine Augen verdreht und sein Messer zückt, obwohl das keinen Sinn macht, weil Edward für ihn unerreichbar ist aus dieser Höhe.
„Du hast gesagt, du wärst ein fairer Spieler. Ich hab die Spielregeln eingehalten und das Spiel gespielt. Wir wären jetzt fertig miteinander", beteuert Jack mit einem finsteren Blick.
Edward fängt schallend an zu lachen, wobei er mit seinem Gehstock hin und her fuchtelt. Als er sich wieder beruhigt hat, wischt er sich eine Träne aus den Augenwinkel und schüttelt seinen Kopf.
„Joker, mein Freund", fängt an, während Yomo und Jack aufmerksam zuhören, „normalerweise bin ich das ja auch - ich meine ein fairer Spieler. Ich halte stets die Spielregeln ein, während ich spiele und bin auch bereits zu verlieren."
Augenblicklich zückt er einen Revolver und schießt mich einer unglaublichen Präzision in Jacks Beine. Ein Schuss geht in sein linkes und der zweite in sein rechtes, sodass ich erschrocken nach Luft schnappe und mir die Hand vor den Mund halte. Das kam unerwartet. Extrem unerwartet sogar.
Sofort sinkt Jack zu Boden und schreit, während Yomo ihn geschockt anstarrt und dem Verletzten sein Messer aus der Hand gleitet.
„Du verdammter Bastard, was sollte das denn?", brüllt Jack ihn an und schaut ihn wütend an.
Am liebsten würde ich ja zu ihm gehen und ihm helfen, aber ich muss noch einen kurzen Moment warten und darf nichts überstürzen. Ich darf nichts falsch machen.
Allerdings greife ich schnell zu meinem Gürtel und nehme meine eigene Pistole in die Hand und entsichere sie. Dass Jack jetzt keinen einzigen Schritt mehr machen kann, ist ja wohl klar. Das heißt wohl, dass ich jetzt vollkommen auf mich alleine gestellt bin. Aber ich bin mir sicher, dass ich mit diesem Volltrottel auch alleine klar werde, ich darf mich einfach nicht all zu ungeschickt anstellen.
„Weißt du, Joker, dieses ganze Spiel war anders als sonst", fährt Edward derweil fort, während aus Jacks Beinen Blut fließt und er schmerzhaft diese Stelle festhält.
„Was war denn bitteschön anders an diesem Spiel? Es ist doch jedes mal das gleiche belanglose Spiel, das du dir Idiot immer wieder mit anderen spielst: Du stellst deinen Gegnern immer irgendwelche Rätsel und du vergnügst dich. Dieses mal war es genau so", sagt Jack, obwohl er eigentlich ganz genau weiß, dass es dieses tatsächlich eine andere Art von Spiel war.
Schließlich war Edwards Ziel hiermit nicht, Spaß zu haben und etwas zu spielen, sondern seinen Gegner zu töten und das nur wegen diesem dämlichen Auftrag, den er von Harvey Dent bekommen hat. Wieder lacht Edward und zückt ein kugelartiges Etwas, an dem sich ein Timer befindet. Erschrocken reiße ich meine Augen noch weiter auf und fluche leise. Ist das etwa eine Bombe?
„Scheiße, scheiße, scheiße", flüstere ich.
Der Riddler lächelt meine zwei Freunde an, ehe er noch einen Schuss los schickt und diesmal Jack in die Seite trifft, sodass er nun endgültig unfähig ist zum Gehen. Erneut lässt er einen Schrei los und kippt zur Seite.
„Was soll der Dreck? Lass uns endlich gehen", knurrt dieses mal Yomo und schaut Edward böse an.
Dieser heftet die Bombe an die Wand hinter ihm und dreht sich wieder zu den zwei Jungs.
„Wisst ihr, was heute anders war? Meine Intention war nicht, Spaß zu haben, sondern euch zwei an den selben Ort zu verfrachten", fängt der grüne Fragezeichen-Mann an zu erklären.
„Ich wollte euch zwei an einen Ort bringen, um euch dann umzubringen."
Jack und Yomo weiten ihre Augen, um überrascht und verwundert auszusehen.
„Warum das denn? Wir sind uns doch seit Jahren perfekt aus dem Weg gegangen, hatten unsere kleinen Konflikte und das war es dann auch. Niemand hat geplant sich gegenseitig umzubringen."
Jacks Stimme klingt ein wenig rau und gebrochen, was wahrscheinlich daran liegt, dass er unfassbare Schmerzen hat und keine Ahnung hat, was er machen soll.
„Das mag zwar sein, aber ich habe eine große Menge an Geld geboten bekommen, wenn ich euch drei umbringe."
Gespielt verwirrt schaut Yomo ihn an.
„Uns drei?"
Edward verdreht seine Augen.
„Euch zwei und Theodora natürlich."
„Kopfgeld also?", kichert Jack nun und verzieht sein vorher wütendes Gesicht jetzt zu einem amüsierten.
„Richtig. Und wisst ihr auch, wer mir diesen Auftrag gegeben hat und warum?"
Kurze Stille kehrt ein.
„Harvey Dent."
Yomo und Jack tun so, als wären sie irritiert und schauen Edward abwartend an.
„Er hat mir von seiner tragischen Auseinandersetzung mit euch erzählt und wie es scheint möchte er euch unbedingt aus dem Weg räumen. Warum er das will, weiß ich nicht, aber das ist mir auch herzlich egal, Hauptsache ich bekomme das Geld."
Er dreht sich zu der an die vorher an die Wand angepinnte Bombe und drückt den Knopf, der sich auf diesem befindet, sodass der Timer startet.
Von hier aus erkenne ich die Zahlen relativ gut.
00:05:00.
Ich hab also nur noch 300 Sekunden, um das Leben meiner zwei Kollegen zu retten. Ich schlucke und umfasse meine Pistole noch fester.
„Viel Spaß beim Sterben, ihr zwei. Macht euch keine Sorgen um Theodora. Ich hab mir vorgenommen sie als alleinstehende Person zu töten, das ist etwas einfacher. Ich werde schon mit ihr klar kommen, ihr drei werdet euch im Totenreich wieder treffen."
Laut lachend wirft Edward seine Pistole achtlos auf den Boden, was natürlich das beste ist, was mir passieren kann im Moment. Außerdem vermute ich, dass sie keine Patronen mehr hat, was bedeutet, dass Edward keine wirkliche Waffe bei sich trägt, jedenfalls keine, die eine richtige Bedrohung für mich darstellen sollte. Edward macht sich bereit zu gehen, da springe ich hervor und renne mit einem aggressiven Blick auf ihn zu, sodass er sich erschrocken und verwirrt umdreht.
„Du verdammter Trottel hättest dich nicht mit uns anlegen sollen. Mach dich auf etwas gefasst - ich hab noch eine Rechnung mit dir offen."
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Two Identities [Joker FF]
FanfictionIn der Nacht eine Mörderin, am Tag eine unschuldige Schülerin und gleichzeitig die Sitznachbarin eines Psychopathen - das ist das Leben von Caylin Peters alias Theodora, die sich nach einer zufälligen Begegnung mit dem Joker zusammentut.