Kapitel 48

547 48 3
                                    

Das Video

Bei unserer Bedingung reißt Harvey seine Augen noch weiter auf, ehe er heftig mit den Kopf schüttelt. Jack verzieht sein Gesicht und schaut den Mann vor ihm auf den Boden traurig an. Als er seine Meinung dadurch immer noch nicht ändert, seufzt Jack und lässt die Kamera sinken. Währenddessen zieht er sein Messer aus der Hosentasche und drückt mir das elektronische Gerät in die Hand.
„Ich wollte ja nett sein, aber wie es aussieht, wird nicht einmal das gewürdigt", murmelt Jack kaum hörbar.
Mit dem Messer in der Hand kommt er Harvey näher, bis er sich vor ihm hinkniet. Der Gefesselte starrt ihn eindringlich an und versucht seine Angst zu verstecken, indem er Jack böse anschaut.
„Entweder behandelst du jetzt gleich die Kamera wie deinen Psychologen, erzählt ihr alles oder du stirbst hier und jetzt - du hast die Wahl Und glaub mir: es wird kein schneller und schmerzloser Tod. Oh nein, es wird ein langer, langer und furchtbarer Tod mit viel Blut und Schmerzen, mein Freund", sagt Jack gleichgültig, „es ist ganz allein deine Entscheidung."
Harvey schluckt und scheint ernsthaft zu überlegen, ob er sich für das Leben oder den Tod entscheiden soll.
„Wenn ihr diese Aufnahmen veröffentlicht, dann werde ich doch sowieso aus der Gesellschaft ausgestoßen. Da bringt mein Leben doch auch nichts mehr", erwidert er plötzlich.
„Wenn du es aber der Kamera erzählst, wirst du hier lebend wieder rauszukommen, was wiederum bedeutet, dass du deine Sachen packen, abhauen und ein neues Leben beginnen kannst. Irgendwo im Nichts, wo dich sowieso keiner kennt. Also - Leben oder Tod?", werfe ich dazwischen und schaue ihn fragend an, auf seine Antwort wartend.
Der Blonde senkt seinen Kopf und holt tief Luft, bevor er seinen Kopf wieder hebt und uns abwechselnd wütend anfunkelt.
„Von mir aus. Danach aber will ich, dass ihr mich gehen lasst und aus meinem Leben verschwindet."
Lächelnd wechseln Jack und ich einen Blick aus und nicken gleichzeitig. Bingo.
„Einverstanden."
Eine Lüge.
Fröhlich setzt sich Jack direkt vor Harvey hin und schnappt sich wieder die Kamera.
„Theodora, Liebes, möchtest du nicht mit in das Video?", fragt mich Jack und schaut zu mir rüber.
Auch Harvey blickt nun zu mir und funkelt mich böse an. Lachend schüttle ich meinen Kopf.
„Nein, danke. Es gibt nur jeweils eine Haupt- und eine Nebenrolle. Weitere Schauspieler brauchen wir nicht", meine ich, sodass der Grünhaarige mit den Achseln zuckt.
„Wie du meinst."
Er drückt auf einen Knopf, sodass die Aufnahme startet. Yomo und ich ziehen uns zur Seite, während wir die beiden anderen beobachten. Zuerst hält Jack die Kamera auf sich selber und fängt an breit zu lächeln. Jetzt schon stelle ich mir vor, wie die Menschen aus Gotham reagieren werden, wenn sie dieses Video zu sehen bekommen. Ein Joker in Nahaufnahme ist nämlich nicht wirklich etwas Schönes.
„Guten Abend, meine Damen und Herren", beginnt er ganz höflich, während wir anderen still sind, „wissen Sie, Ihr geliebter Staatsanwalt namens Harvey Dent ist gar nicht so unschuldig, wie Sie glauben."
Er schmatzt in die Kamera und zieht seine Mundwinkel mit den unechten Narben noch weiter nach oben.
„Das, was ich Ihnen jetzt erzählen und zeigen werde, ist keine Lüge, da können Sie mir ruhig glauben. Fall Sie doch einen Beweis brauchen, suchen Sie einfach mal nach der Person, um die es heute gehen wird. Sie werden diese nicht finden können und das zeigt, dass das hier alles die Wahrheit ist."
Die Kamera dreht er nun zu Harvey, der beschämt auf den Boden schaut.
„Harvey, mein Lieber. Ich werde dir jetzt Fragen stellen und du wirst sie beantworten, einverstanden? Und bleib nach wie vor bei der Wahrheit."
Jack räuspert sich, während der Blonde seufzt und nickt.
„Du bist doch der weiße Ritter von Gotham, richtig?"
Harvey nickt wieder.
„Schau gefälligst in die Kamera", zischt Jack, sodass der Verhörte langsam den Kopf hebt und böse in die Kamera schaut.
„Und jetzt antworte."
Er knirscht mit den Zähnen und holt tief Luft.
„Ja, der bin ich."
Er weiß ganz genau, worauf Jack hinaus will.
„Und gegen was kämpfst du? Gegen wen oder was?"
„Gegen das Böse."
„Gegen das Böse? Wer sind denn böse Menschen, deiner Meinung nach? Und nenne jetzt nicht meine Wenigkeit, ja? Das wäre viel zu einfallslos."
„Böse Menschen sind Leute, die gegen das Gesetz verstoßen und der Menschheit schaden."
„Ach ja? Du verkörperst also das Gute und kämpfst gegen diese sogenannten Bösen? Dann ist es doch urkomisch, dass du auch zu den Bösen gehörst, oder?"
Von hier aus sehe ich wie sich Tränen in Harveys Augen bilden, obwohl er versucht, sich zusammenzureißen. Er jedoch bleibt still, sodass Jack genervt aufstöhnt.
„Jetzt antworte doch endlich, ich hab nicht den ganzen Tag Zeit."
Harvey schluckt.
„Ja, das ist es."
Zufrieden lächelt der Grünhaarige.
„Du gehörst also zu den Bösen. Meine Damen und Herren, das stimmt. Und möchtest du uns auch erklären, warum du zu den Bösen gehörst? Was für schlimme Sachen hast du gemacht, um zur dunklen Seite zu gehören? Erzähl es uns."
„Ich ... Ich habe ...", stottert er, während eine Träne seine Wange runterfließt.
„Du hast was?", fragt Jack laut und deutlich.
„Ich ... Ich habe meine ehemalige Freundin vergewaltigt und in den Tod getrieben", bringt er mit erstickter Stimme hervor und bricht zusammen, sodass er laut anfängt zu schluchzen. Das ging schnell. Ich ziehe meine Augenbrauen nach oben und staune darüber, wie schnell Harvey diesmal zusammengebrochen ist. Vermutlich liegt seine Unsicherheit und das schnelle Weinen auch an Rachels Tod.
„Hör auf zu weinen und erzähl weiter. Du hast sie also sexuell missbraucht. Das heißt also, dass du ein Vergewaltiger bist, richtig? Und so einer soll ein Staatsanwalt sein? Das ist ziemlich ironisch, mein Freund."
Harvey kann gar nicht mehr aufhören zu weinen und fängt auch noch an zu zittern. Jack dreht die Kamera zu sich und schüttelt den Kopf.
„Ladies and Gentlemen, wie Sie gehört haben, ist unser lieber Staatsanwalt nicht so unschuldig, wie wir immer gedacht haben. Er hatte damals starke Alkoholprobleme und hat seine Freundin vergewaltigt, die anschließend psychische Probleme bekam, sogar in Behandlung kam und sich schließlich umbrachte und das nur wegen Harvey Dent. Er ist ein schrecklicher Mensch. Wenn Sie mir keinen Glauben schenken, dann beauftragen Sie doch ein paar Polizei-Beamte, Sicherheitsleute oder sonst wen, die nach einer Person namens Kizu Amane fahnden sollen. Dies ist der Name der Frau, die Harvey Dent verdorben hat. Sie werden sie nicht finden, da sie tot ist. Harvey hat rumerzählt, sie sei umgezogen, was aber eine glatte Lüge war. Er wollte bloß nicht, dass man sie sucht, da man so herausfinden würde, was er getan hat. Dent hat eine Straftat begangen und sie auch noch vertuscht. Und ich - meine Damen und Herren - habe diese Straftat aufgedeckt und so etwas Gutes getan. Das ist doch ziemlich witzig, nicht?"
Jack fängt laut an zu lachen und richtet das Gerät in seiner Hand wieder auf den weinenden Harvey.
„Harvey, stimmst du mir zu? Oder möchtest du irgendetwas von dem, was ich gerade eben gesagt habe, abstreiten?"
Abwartend blickt er ihn an und wartet auf seine Antwort. Dieser hebt langsam seinen Kopf und schaut verheult in die Kamera.
„Nein, ich möchte nichts abstreiten. Es stimmt alles, was der Joker gesagt hat. Es ... Es tut mir leid."
Und wieder entfährt ihm ein Schluchzer, sodass Jack zufrieden in die Kamera grinst und dabei seine Zähne entblößt.
„Es war mir eine Freude, etwas Gutes zu tun. Hier haben Sie die Wahrheit, meine Damen und Herren."
Und mit diesen Worten stoppt er die Aufnahme und stellt sich vor Harvey hin.
„Das war eine wundervolle Vorstellung", lobe ich die beiden und hebe schmunzelnd meine Daumen in die Höhe, sodass sich Jack dankbar verbeugt und Harvey bloß seinen Blick senkt.
„Nachdem das erledigt ist, kommen wir jetzt zum Höhepunkt des Abends", sagt der Verrückte, legt die Kamera beiseite und zückt sein Messer, ehe Harvey innehält und geschockt seine Augen aufreißt. Damit hat er wohl nicht gerechnet.

Two Identities [Joker FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt