Telefonat mit Jack
Kaum bin ich Zuhause und habe die Wohnungstür hinter mir geschlossen, atme ich ein wenig erleichtert auf. Nach so einem langen Abenteuer und der neu gewonnen Information auch kein Wunder.
Der Riddler alias Edward ist mir nicht gefolgt und hat mich auch nicht entdeckt, was ich natürlich sehr gut finde - auf eine Konfrontation mit ihm hätte ich heute keine Lust mehr. Na ja, warum auch hätte er mich entdeckt, schließlich war ich schnell weg, nachdem Harvey und er ihr Gespräch beendet haben. Sie wussten ja nicht, dass ich sie belauscht habe. Meine Aufgabe ist jetzt natürlich Jack und Yomo bescheid zu sagen und ihnen von der indirekten Begegnung mit dem Riddler zu erzählen.
Zuerst beschließe ich, dass ich die beiden morgen sowieso treffen werde, aber das wäre vielleicht schon zu spät. Das heißt also, dass ich Jack anrufen und ihn warnen muss. Yomos Handynummer habe ich leider nicht, weshalb Jack ihm meine Nachricht weiterleiten muss.
Sie sollten es so schnell wie möglich erfahren, damit die beiden nicht aus dem Nichts von dem Riddler angegriffen oder sogar umgebracht werden. Augenblicklich greife ich nach meinem Handy, wähle Jacks Nummer und lasse mich auf das weiche Sofa fallen. Dass es in meiner Wohnung stockdunkel ist, interessiert mich herzlich wenig. Um ehrlich zu sein, finde ich das sogar äußerst angenehm und entspannend.
Während ich also drauf warte, dass Jack meinen Anruf entgegen nimmt, seufze erschöpft und schließe meine Augen.
Schließlich war meine Nacht ziemlich anstrengend, da ich ein paar Leute getötet habe, anstatt schön in meinem warmen Bett zu liegen, wie es normale Menschen bei dieser Uhrzeit tun.
Aber gut - was man nicht alles für die Gerechtigkeit macht. Und ich selber würde mich auch nicht als wirklich normal bezeichnen und andere wahrscheinlich auch nicht.
„Caylin? Wie schön, dass du mich anrufst."
Als mein grünhaariger Kumpel endlich abnimmt und aufhört mich warten zu lassen, höre ich seinen belustigten Unterton und muss selber ein wenig schmunzeln. Währenddessen klemme ich mir mein Handy zwischen die Schulter und meinem Ohr, um die Hände freizubekommen.
„Die Freude ist ganz meinerseits", erwidere ich.
Ich entferne mein schwarzes Tuch, schlüpfe aus meinen Stiefeln und ziehe auch anschließend meine Lederjacke aus. Am anderen Ende höre ich Jack ein wenig kichern, ehe er sich räuspert.
„Darf ich fragen, warum du mich mitten in der Nacht anrufst? Hast du jemanden umgebracht und steckst jetzt in der Klemme? Muss der Joker vorbeikommen und dir helfen?"
Ich verdrehe meine Augen und lache kurz.
„Es wäre viel zu schön, wenn es nur das wäre, aber nein. Wir haben da ein kleines Problem."
„Problem? Was denn für ein Problem?"
Ich lasse einen kleinen Seufzer los, während ich mich auf meinem Sofa breit mache. Wie kann ich es Jack am besten sagen?
„Wie kann man die Zahl 666 um die Hälfte vergrößern, ohne sie durch eine Rechenoperation zu verändern?"
Zuerst ist es still an der anderen Leitung, ehe Jack anfängt verwirrt zu lachen. Anscheinend versteht er nicht ganz, warum ich das Thema wechsle und ich ihn so was Unnötiges frage.
„Wie bitte?"
„Löse einfach das Rätsel."
„Indem man die Zahl einfach umdreht, das war viel zu einfach. Warum zum Teufel stellst du mir genau jetzt ein Rätsel?"
„Drei Mal darfst du raten, warum ich mit einem Rätsel angekrochen komme. Das war ein Tipp bezüglich unseres Problems, mein Lieber."
Kurzes Schweigen trifft ein, was aber schnell beendet wird, als Jack versteht anfängt zu fluchen.
„Das ist nicht dein ernst."
Er zieht scharf die Luft ein, lacht kurz, ehe er wieder ein Schimpfwort loslässt.
„Doch, das ist es."
„Der Riddler ist also wieder aufgetaucht?"
Ich nicke, merke, aber schnell, dass Jack mich gar nicht sieht und murmle ein „Ja" in mein Handy.
„Warum denn genau jetzt? Hätte er nicht noch eine Weile warten können, bis die Sache mit Harvey geklärt ist? Wir haben jetzt echt keine Zeit für seine albernen Rätsel."
Ich kann mir förmlich vorstellen, wie er seine Augen verdreht und mache genau dasselbe.
„Nein, hätte er nicht, denn der Zeitpunkt uns mit seinen Rätseln zu nerven, ist kein Zufall."
„Du meinst, er hat es auf uns abgesehen? Wegen der Sache mit Rachel und Harvey?"
„Es ist exakt wegen Harvey, richtig geraten."
Jack seufzt und murmelt ein „Oh man" in den Hörer.
„Jetzt erzähl schon, was die zwei Deppen miteinander zu tun haben und mit was sie uns stören wollen."
Kurz gehe ich das vorher belauschte Gespräch durch und versuche einen Satz zu konstruieren, in dem ich alles Wichtige zusammenfassen und Jack unser kleines Problem erklären kann.
„Als ich auf dem Weg nach hause war, hab ich Harvey und Edward getroffen und belauscht. Anfangs habe ich nicht verstanden, was der Staatsanwalt mit dem Riddler zu tun, aber nachdem ich eine Weile ihrem Gespräch zugehört habe, hat sich herausgestellt, dass der liebe Harvey Dent schmutzige Geschäfte mit einem Kriminellen macht. Er hat den Riddler angeheuert Yomo, dich und mich umzubringen. Ich vermute natürlich, dass er das als einzigen Ausweg sieht, schließlich weiß er, dass wir planen ihn umzubringen und sein Geheimnis auszuplappern werden. Wie es aussieht hat er das große Zittern nicht mehr ausgehalten und hielt es für schlau, uns aus dem Weg zu räumen, aber dass wir ihm ein Schritt voraus sein werden, konnte der arme Kerl natürlich nicht wissen. In vier Tagen spätestens will er unsere Leichen sehen."
Jack fängt hysterisch an zu lachen, sodass ich ein bisschen grinsen muss und geduldig drauf warte, bis er meine Geschichte verdaut hat und wir weiter reden können.
Irgendwann aber fängt er sich aber wieder und räuspert sich.
„Dieser Idiot hat den Riddler beauftragt uns umzubringen?"
„Richtig."
„Für wie viel?"
„3,4 Millionen Dollar."
Jack stößt einen Haufen Luft aus und scheint beeindruckt zu sein.
„Das ist eine ganze Menge für drei wertlose Menschenleben."
„In der Tat. Dent hat ihm anfangs zehntausend geboten, aber als er selber gemerkt hat, dass das unfassbar wenig ist, haben die beiden sich auf 3,4 Millionen geeinigt. Schließlich ist es nicht so einfach, drei Kriminelle umzubringen, die selber Mörder sind."
Jack stimmt mir zu und kichert kurz.
„Er hat keine Ahnung, was für einen großen Fehler er damit begeht."
Ich hieve nachdenklich meinen Kopf hin und her, während ich meine Augen wieder aufklappe und mich ächzend aufsetze. Anschließend stehe ich auf und laufe zu meinem Fenster, um mich auf die Fensterbank fallen zu lassen und den Nachthimmel anzustarren.
„Na ja, er ist ziemlich dämlich, das stimmt. Dass er sich mit uns auf diese Weise anlegt ist schlichtweg dumm, aber unser eigentlicher Plan wird sich nicht ändern. Wir werden ihm unsere Bedingungen stellen, so eine Art Erpressung, ihn anschließend entführen, umbringen und der Mafia ausliefern. Der Riddler ist im Grunde genommen nur ein kleiner Störenfried am Rande, wodurch unser Plan sich lediglich verschieben wird, oder etwa nicht?"
„Jetzt, wo du es sagst, kann ich dir nur zustimmen. Wir werden Edward beseitigen, bevor er es bei uns machen wird und somit Harvey seine letzte Hoffnung zerstören. Wenn er erfährt, dass wir uns nicht aufhalten lassen und den Riddler getötet haben, wird er noch panischer, als er eigentlich schon ist", meint Jack.
„Denkst du er wird dann noch irgendetwas Unüberlegtes machen? Vielleicht zwanzig weitere Mörder beauftragen?"
Bei meiner Frage lacht Jack kurz.
„Nein, das glaube ich nicht. Wir werden ihm ein deutliches Zeichen geben, dass er es lieber lassen sollte, sich mit uns anzulegen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er sich unglaublich überwinden musste, überhaupt diesen Entschluss gefasst zu haben, die Sache in die Hand zu nehmen und uns umbringen zu lassen. Dann auch noch den Kontakt zu dem Riddler zu suchen, war bestimmt nicht das schönste und einfachste für ihn. Bereits bei dieser Aktion hatte er große Angst. Wenn er dann noch merkt, dass sich seine Bemühungen und Angst nicht gelohnt hat, wird er definitiv keinen zweiten Versuch starten, denn er wird denken, dass auch dieser scheitern wird."
Da hat Jack auf jeden Fall Recht, wir müssen uns also keine Sorgen um weitere Gefahren von Harveys Seite aus machen.
„Wir müssen Edward so schnell wie möglich töten", beteuere ich und stehe wieder von der Fensterbank auf, nur um dann in die Küche zu laufen.
„Ja, das müssen wir. Ich werde Yomo jetzt gleich anrufen und ihm bescheid sagen. Morgen treffen wir uns wieder in meinem Versteck und werden gemeinsam überlegen, wie und wann wir uns diesem dämlichen Riddler stellen. Ich hab so was von keine Lust auf seine belanglosen Rätsel."
Am anderen Ende der Leitung höre ich ein genervtes Stöhnen, was wieder von einem Fluchen begleitet wird. Ich kann es ihm nicht wirklich verübeln, ich hab ja selber kein Bock auf ihn und seine seltsamen Fragen.
„Ich ja auch nicht. Aber sieh es doch positiv, wir haben endlich mal wieder einen ehrwürdigen Gegner und werden etwas Spaß haben. Ich hätte ja selber nicht gedacht, dass es mal so weit kommen wird, dass wir Edward tatsächlich umbringen müssen, aber wenn er sich mit uns anlegen will, hat er nun den Salat und muss mit uns fertig werden."
Etwas müde öffne ich meinen Kühlschrank und ziehe eine kleine Schachtel heraus, in der sich mein gestriges Abendessen befindet, beziehungsweise die Reste. Ich schließe die Kühlschranktür wieder und stelle die Schachtel auf die Küchentheke.
„Hast du schon eine grobe Idee, wie wir genau an die Sache ran gehen sollen?", fragt mich Jack.
„Vielleicht sollten wir versuchen, ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen. Diese Taktik funktioniert immer."
Ich öffne die Papierschachtel und ziehe ein Stück Pizza heraus, in das ich auch anschließend reinbeiße. Über meinen Vorschlag aber lacht Jack nur.
„Ihn mit seinen eigenen Waffen schlagen? Du erwartest doch nicht ernsthaft von mir, dass ich ihm ein Rätsel nach dem anderen an den Kopf werfe und warte, bis er es löst, nur um dann freudig in die Luft zu springen?"
Die Augen verdrehend lache ich kurz.
„Na ja, so hab ich das nicht direkt gemeint, aber es wäre vielleicht nicht ganz so dumm, über ein paar Rätsel nachzudenken und selber zu knobeln, damit wir wenigstens ein wenig vorbereitet sind. Außerdem war das nur ein Vorschlag."
„Ich soll also jetzt wirklich rätseln?"
„Richtig geraten, Sherlock."
„Na super. Könntest du mir nicht eine kleine Starthilfe geben und mir ein Rätsel stellen, das ich bis morgen lösen muss?"
Schmunzelnd überlege ich kurz und durchforste mein Gehirn nach einem Rätsel, das ich Jack stellen könnte.
„Du musst mir aber schwören, dass du nicht im Internet danach suchen wirst und irgendeine andere Art von Hilfe aufsuchst, verstanden?"
„Ai ai, captain."
„Okay, dann pass mal auf. Ein Mann schwimmt tot in einem Fluss. Neben ihm schwimmt ein Seil. Wie ist er gestorben?"
Ich kann förmlich sehen, wie sich Jack an seinem stoppeligen Bart kratzt und er angestrengt nachdenkt.
„Du hast bis morgen Zeit. Ich gehe gleich schlafen und du solltest unbedingt Yomo bescheid geben, was los ist", sage ich und beiße erneut in meine Pizza.
„Okay, dann sehen wir uns morgen. Und pass auf dich auf, nicht dass Edward diese vier Tage auf zwei verkürzt und er dich möglichst schnell umbringen möchte."
Bei Jacks Sorge schmunzle ich ein wenig.
„Wie süß, du machst dir Sorgen um mich?"
„Bild dir mal ja nichts ein, Fräulein."
Ich lache ein wenig und bringe den mittlerweile leeren Karton in den Müll.
„Bis morgen, Jack. Und du solltest ebenfalls aufpassen, genauso wie Yomo."
DU LIEST GERADE
Two Identities [Joker FF]
FanfictionIn der Nacht eine Mörderin, am Tag eine unschuldige Schülerin und gleichzeitig die Sitznachbarin eines Psychopathen - das ist das Leben von Caylin Peters alias Theodora, die sich nach einer zufälligen Begegnung mit dem Joker zusammentut.