5

1K 48 1
                                    

Hier saß er nun.
Eigewickelt in einer Decke, neben einer Vampirin in einem Palast, aß Süßes und brachte die Prinzessin mit seinem Humor zum Lachen.

"Aber hast du eigentlich verstanden warum der Bösewicht in Wahrheit der Bruder der Heldin war? Mir kam das viel zu klischeehaft vor und hat den kompletten Film ruiniert."

"Finde ich nicht. Ist es nicht auch ab und an mal schön, Klischees in seinen Lieblingsfilmen zu entdecken? Sie sind zumindest ziemlich unterhaltsam."

Er nahm sich ein paar Bonbons, jonglierte mit ihnen in der Luft herum. Er hatte seine Deckung komplett fallen gelassen, konnte mit Leichtigkeit jeden Moment von ihr zu Boden befördert werden.

"Mag schon sein. Aber nun zum eigentlichen Nagisa", eines der Bonbons landete auf dem Boden, "warum genau hast du mich hergeholt? Ist es wegen dem Versprechen von damals?"

Hah... er sprach, als wäre es eine Ewigkeit her; wahrscheinlich war in den Augen der blau Haarigen nicht mal eine Woche vergangen.
Nagisa nickte, wirkte auf einmal ziemlich niedergeschlagen.

"Ach ja... auf Reisen gehen, nicht wahr? Ich muss dir leider sagen, dass daraus nichts werden kann, weil ich... nächsten Monat bereits heiraten werde. Ich hab dich herholen lassen um mich höflich dafür zu entschuldigen, falls du dir Gedanken darüber gemacht hast, das ist alles. Du... kannst nun wieder gehen, Rió wird dich zurück nach Hause bringen-"

"Ernsthaft jetzt Nagisa? Es war echt nicht geplant ihn zu deinem Haustier zu machen?"

Weggerissen aus der Trance, blickte er zur Tür. Rió, die beiden Wachen, der grün Haarige und der von dem Tor mit dem Rió sich gestritten hatte, sie alle hatten sich im Türrahmen versammelt und sahen sie Beide mit großen, Augen an.

Karma war es gewohnt, betrachtet zu werden wie die Hauptattraktion (letztendlich war er das in seiner Klasse auch) der Show, aber der Anblick den die 5 ablieferten sah einfach zu komisch aus. Nagisa wurde rot, erhob sich und stammelte wie besessen, sie sollten verschwinden, es ginge sie nichts an. Doch sie wurde ignoriert, der Prinz zog bereits ein Taschentuch aus seinem Ärmel, wischte seine imaginären Tränen beiseite.

"Und ich dachte Nagisa wäre endlich erwachsen geworden! Aber das hier, ist ja noch schlimmer!"

"Ruhig Kayano, ganz ruhig. Was nicht ist kann bekanntlich noch werden. Zur Not helfe ich nach-"

"Rió! Alle! Raus, sofort, das ist ein Befehl!"

Wie zuvor die Wachen, erstarrten nun auch die anderen zu Eis, bewegten sich auf gefrorenen Beinen raus aus dem Durchgang, die Tür hinter sich schließend. Noch immer knallrot ließ sich die blau Haarige zurück in ihren Sessel fallen, eine Hand an ihrer Stirn. Als wäre nichts gewesen, sprach er weiter.

"Heiraten? Und den Thron übernimmt dann dein Bruder?"

War sie nicht zu jung um zu heiraten? Oder war sie in Wirklichkeit viel viel älter, als sie aussah? Warum wollte er das nicht glauben? Empörung hatte sich in ihrem Gesicht breit gemacht, sie schüttelte den Kopf.

"Natürlich nicht! Kayano ist schließlich ein Junge, mach dich bitte nicht lächerlich. Die Herrschaft der gesamten Ländereien Unterlandes wird weiterhin in meiner Hand sein, auch nach meiner Heirat mit dem Dämonen König."

Dämonen König?
Soweit er wusste, war er einst ein Mensch gewesen, der von einer gelben Bestie verschleppt worden war.
Eigentlich sollte er von dieser geopfert werden (oder gegessen? So genau hatte er im Geschichtsunterricht nun wirklich nicht aufgepasst), schaffte es aber, sie durch einen Trick zu überlisten und zu seinem Untergebenen zu machen, was ihm gleichzeitig zum Dämon werden ließ. Irgendwie hatte der Typ es dann wohl fertig bekommen zum König aller Dämonen zu werden, aber das war eigentlich unwichtig für Karma.

"Ein Junge? Dein Bruder kann nicht auf den Thron, weil er ein Junge ist?"

Nagisa nickte.
Dann fing sie aufgrund seines ungläubigen Gesichtes an, zu erklären:

"Es heißt, wie du als Jäger weißt, dass der erste Vampir auf dieser Welt im 15 Jahrhundert entstanden ist. Die Schrift besagt zwar es sei ein Junge gewesen, aber das stimmt so nicht."

Die blau Haarige, völlig in ihrem Element, erhob sich während sie sprach, gestikulierte wild herum - und hatte Karma's Aufmerksamkeit im nu, vollkommen für sich gewonnen.

"Anders als der Junge, der zum Vampir wurde um Rache an seinem Vater zu nehmen, welcher seine Familie damals ermordet hatte, geht es um ein junges Mädchen, welches sich unglücklich in irgendeinen Jungen verliebte, welcher schon verlobt war. Von der Liebe getrieben konnte sie nicht anders, als sie dem Jungen zu gestehen. Dieser war, wie es sich herausstellte, auch in sie verliebt, wenn er auch gezwungen wurde, die Tochter eines Adligen zu heiraten. So verabredeten sich die beiden, sich in der Nacht vor dem Wirtshaus zu treffen, um von dort aus gemeinsam wegzulaufen. Aber als das verliebte Mädchen in der Dunkelheit zum Wirtshaus schlich... weist du was?
Es muss doch langweilig sein, nur zuzuhören, am Besten, du siehst es mit eigenen Augen."

Der rot Haarige wollte schon Einspruch erheben (erstens war es überhaupt nicht langweilig ihr beim Erzählen zuzuhören, zweitens wollte er sich kein Theater ansehen müssen, nur um es besser zu verstehen, es änderte nichts an der Tatsache, dass Vampire existierten), doch Nagisa hatte seinen Arm schon gepackt (schneller, als er reagieren konnte), ihn hochgezogen und schliff ihn nun aus dem Saal heraus, eine Treppe hinunter, bis zu einer Tür.

"Und, was wollen wir hier? Uns ein Theater ansehen?"

"Wir reisen in die Vergangenheit und sehen es uns mit eigenen Augen an."

Damit riss die blau Haarige die schwere Tür auf und der Raum um sie herum verschwand.

Als Karma wieder klar sehen konnte, befand er sich, eingehüllt in einem warmen Umhang, mitten auf dunklen, mittelalterlich aussehenden Gassen. Neben ihm stand Nagisa, eine Laterne in der Hand und eine Kapuze auf dem Kopf. Karma hätte sie kaum erkannt, wäre sie nicht so klein.

"Können wir?
Wir müssen noch ein wenig weiter, die Szene beginnt gleich."

So gingen sie also durch die engen Gassen, bis sie auf einen großen Platz kamen, nicht unähnlich dem Hof des Schlosses, durch den er hindurch gegangen war. Und tatsächlich, hier stand eine Gestalt, von einem Umhang umhüllt und offensichtlich ein Mädchen.
Es schien zu warten, rieb sich die zitternden Finger warm, während es leise sang.

Das war sie also, das unglücklich verliebte Mädchen.
Fehlte nur noch der Typ der sie gleich mit einer Gruppe anderer vergewaltigen, anschließend töten und in der nächst besten Medizin-Universität abgeben würde.
Und tatsächlich, dort in der anderen Gasse konnte er Gelächter hören, welches langsam auf ihn zu kam.
Er schaute zurück zu Nagisa, welche zustimmend nickte.
Die Geschichte fing jetzt also an.

ASSASINATION CLASSROOMWo Geschichten leben. Entdecke jetzt