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Ihnen wurde beigebracht, dass Vampire nicht träumten. In dem Fall war er wohl immer noch ein Mensch, dachte der Rotblonde sich, während er nichts weiter tun konnte, als still zu halten. Die Frau hielt ihn an den Schultern fest - ein Griff, der fast schon als zärtlich missinterpretiert werden konnte - ihre blonden Haare berührten sein Kinn, bewegten sich nicht. Irina ließ sich Zeit, trank sein Blut langsam, in großen Zügen. Er versuchte aufzuwachen, aber es war, als wären seine Gedanken festgekettet, konnten sich nicht in diese Richtung bewegen. Er sah weg von ihrem Haar, konnte runter auf ein ganzes Königreich blicken - unzählige rote Augen, die zu ihm hoch starrten. Der Schmerz war derselbe wie immer, traurig stellte er fest, dass er sich schon längst an ihn gewöhnt hatte, es kaum noch richtig wahrnahm. Die Sonne an diesem Ort war noch nicht untergegangen, schimmerte immer wieder durch die anbrechende Dunkelheit hervor, hinterließ Spuren in Rot und Gold. Die Vampire die sie streifte, fingen an zu Staub zu zerfallen, leuchteten in den verschiedensten Farben auf. So war es richtig, so musste es sein. Vampire konnten nicht einfach in der Sonne stehen, schließlich hatte sich der Sohn - nein, die Geschichte stimmte ja nicht - Iruga bei ihrem Schwur nach Rache auf ewig von der Sonne abgewandt. Die Vampirin ließ von ihm ab und die Strahlen fielen auf sie drauf. Natürlich machte sie ihm nicht den Gefallen sich ebenfalls in Dreck, oder zumindest in geschliffene Steine zu verwandeln. Sein Blut floß seinen Hals runter, verschmutzte seine Kleidung. Blaue Augen sahen zu ihm hoch, stolz, besessen.

Ihre Hand streifte über seine Wange, fuhr an seiner Haut entlang, schlitzte sie auf. Noch mehr Blut. Zischen und Knurren war von unten zu hören, wilde Tiere, hungrig und ohne verstand.

"Du bist so groß geworden, Gakkushú. Und genauso schön wie er, ganz ohne Zweifel."

Sie meinte seinen Vater damit, brachte sein Inneres zum Kochen. Er schlug ihre Hand nicht weg, stand weiterhin da, wie die Puppe, die sie aus ihm gemacht hatte.

"Einem so starken Menschen bin ich noch nie begegnet, egal wie lang ich auch nach ihm gesucht habe. Aber leider sind die besten Menschen einfach zu schlau für sich selbst."

Noch mehr Blut, ihr Griff war nicht mehr zärtlich oder sanft. Sie war wütend, frustriert. "Obwohl ich ihn so oft manipuliert habe, so oft sein Blut getrunken habe - er hat mir nie gehorcht, nicht eine einzige Sekunde lang. Sogar versucht zu töten hat er mich, mich, seine eigene Frau, ohne mit der Wimper zu zucken!"

Wärst du doch bloß Tod geblieben. Er hatte kein Mitleid, nicht den geringsten Funken davon. Eine Frau die sich mit seinem Vater einließ - nein, das ging ihn nichts an. Aber als eines der Monster die sein Leben zur Hölle auf Erden gemacht hatten, würde er sie eines Tages umbringen. Dann würde er die Diamanten nehmen und sie in den nächstbesten Vulkan werfen, einen nach dem anderen.

Wie als hätte sie bemerkt über was er nachdachte grinste sie, zog ihn runter auf Augenhöhe. "Weißt du was das schöne ist, wenn man die Erlaubnis hat Anderland zu betreten und zu verlassen wie es einem beliebt?"

Sie neigte den Kopf, schleckte das herablaufende Blut ab.

"Man hat die Gabe erlangt sich zu teleportieren."

Nachdem sie die Worte in sein Ohr geflüstert hatte ließ sie ab von ihm, wandte sich ab. Die Fäden die ihn hielten, rissen, er wäre beinahe zusammengefallen. Er fing sich, tastete nach seinem Messer. Natürlich war es nicht da - das Gewand das er trug, sah aus wie das eines Prinzen. Nutzlos und schwer.

"Und Teleportation ist manchmal, zum Beispiel wenn man grade drauf und dran ist getötet zu werden nur weil man einmal kurz sein eigenes Kind besuchen wollte - (sie drehte sich um, als würde sie mit einem Schlag rechnen. Wäre er sich nicht im klaren darüber, dass er nur freigegeben wurde um sie zu amüsieren, hätte er es getan ohne zu zögern) ziemlich praktisch. Und durch das viele Blut, dass ich verloren habe, wirkte es für Gakkuhó sicher, als hätte er mich erledigt. Ob er sich bis heute noch in diesem falschen Glauben sonnt? Was meinst du, Gakkushú?"

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