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"Sicher dass du nicht doch einfach nur schwänzt?"

"Akabane-kun, im Gegensatz zu dir weiß ich wie man sich von der Schule abmeldet bevor man geht."

Die wie Messer geworfene Worte prallten ab, schienen ihr Ziel völlig zu verfehlen.

"Das heißt wenn der Vorstandsvorsitzende jetzt hier vorbei spazieren und dich an der Eisdiele entdecken würde, du ihm ohne weiteres Rede und Antwort stehen könntest? Wenn ja, dann dreh dich jetzt bitte um und fang an zu reden."

"Rate mal wer hinter dir steht, Shú!"
Und selbst das Gesicht dieses Gakkushú's wurde etwas blasser. Im Gegensatz zu seiner anderen, jüngeren Version damals aber, drehte er sich nicht um, murmelte lediglich ein "ich verschwende meine Zeit hier", und stand wieder auf. Itona miaute wehleidig, wollte sich um seine Beine herumschlängen, wurde jedoch kühl zurückgewiesen. Dabei schien das weiße Fellknäul ihn wirklich zu vermissen, wollte immer wieder zurück zu ihm, veranstaltete ein neues Theater, zog die Blicke der Menschen auf sich. Der Rotblonde gab irgendwann nach, nahm sie hoch. Wieder hinsetzen tat er sich nicht, blickte zu ihm herab.
Ein Fuchs der eine Katze streichelte. Was er dann wohl darstellte?
"Akabane-san, (die höflichste Anrede die er vom anderen je erhalten hatte) bist du mit jemandem hier her gekommen der mir ähnlich sieht?"

"Sogar mehr als das, Asano-kun! Meine und Nagisa-kun's Kopien sind hier her gekommen um sich auf die Suche nach dir zu machen, weil du von Nakamura-san in Vampirform entführt wurdest, wie ein kleiner, armseliger Schwächling!"

Der Rotblonde schenkte dem keine Beachtung, sah ihn an und wartete ruhig auf eine Antwort.
Irgendwie machte es ihn wütend. Gakkushú stand hier vor ihm, jünger und gesünder als in seiner Dimension, und verlangte zu wissen was mit seinem anderem Ich los war. Als ob er ihm die Schuld dafür geben würde, dass sein Bruder nun, gebändigt durch irgendeinen irrsinnigen Vampirbann (unter dem er möglicherweise selber stand) wie Vieh weggebracht worden war. Und irgendwie war es wirklich seine Schuld. Er hätte dafür sorgen können, dass Rió gehorsam blieb. Wenn er ohne weiteres die Beherrschung gegenüber seiner Freundin verlieren konnte, und diese es lächelnd abtat, wäre die Bitte seiner Familie nichts zu tun, für die blau Haarige sicher alles andere als selbstsüchtig vorgekommen.
Aber könnte es nicht wenigstens seine eigene andere Version sein, die ihm Vorwürfe machte? Warum war es Shú persönlich der ihn über seine Unfähigkeit in Kenntnis setzten musste!... was hatte der Junge da gerade zu ihm gesagt?

Dass er überreagiert hatte, wurde ihm erst klar, als er realisierte dass Gakkushú versucht hatte auszuweichen. Vielleicht war es auch das Geräusch der umgekippten Möbel, oder Itonas panisches Miauen, aber als er wieder klar denken konnte, hing die andere Version seines Bruders etwa 10cm in der Luft, wurde durchgeschüttelt.

"Du hast ihn gesehen?! Wo?, Wann?!
Antworte!"

Was auch immer ihn dazu brachte so impulsiv zu handeln, momentan war er einverstanden, wehrte sich nicht. Dieser Junge hier vor ihm hatte seinen Bruder gesehen! Gakkushú war wirklich hier, nicht beim Dämonenkönig oder bei der Lady, oder sonst wo, Nagisa hatte sich geirrt!
Sie konnten ihn zurückholen, gleich hier! Ein höllischer Schmerz in seinem Bein. Itona hatte ihn gebissen, zerkratzte gerade sein rechtes Hosenbein. Sie hing mittlerweile wohl wirklich an ihm.
Der Rotblonde zappelte nicht, wirkte völlig bei der Sache.

"Etwa vor 10 Minuten. Asano und Nakamura-san sind Hand in Hand durch die Straßen gewandert, und ich hab sie verfolgt. In einer Gasse hab ich sie dann verloren. Lass mich runter, du erregst mehr Aufsehen als dein Ich aus dieser Dimension, Akabane-san."

In einer Gasse. Der süßliche Geruch von vorhin. Er war kein Stück näher gekommen, aber nun wusste er mit Sicherheit dass Gakkushú hier war, in dieser Dimension. Warum, spielte keine Rolle. Er ließ los, machte sich dran den Tisch zurück zu stellen. Den Eisbecher, welchen der rot Haarige neben ihnen während der Szene retten konnte, stellten sie neben dem Trinkgeld ab, verließen die Eisdiele. Itona (deren Aktion nun sein rechtes Hosenbein tief rot gefärbt hatte) lag wieder in den Armen des Rotblonden, schnurrte auf ihrem Weg, zur Schule zurück, friedlich vor sich hin. Bald würde sie wieder das Original als Kissen ausnutzen können, versprach er sich.
Nagisa holen. Gakkushú holen. Kartenteil holen. Zum Dämonenkönig und direkt wieder nach Hause reisen.
Da sie das Portal eh dort hinbringen würde, könnte er gleich noch sein Versprechen mit der blau Haarigen, bei ihrer Hochzeit beizuwohnen einlösen und die ganze Geschichte abschließen. All seine verbotenen Gefühle für sie abschließen und weiterleben können.
Doch jetzt, wo er über die Vampirin nachdachte, da war doch noch was. Er blieb stehen.

"He, Karma, um zum E-Trakt zu kommen muss ich nur noch den Berg hoch, oder?"
Verzeiht mir, ihr beiden.

"Jap. Dann kannst du deine wunderhübsche Prinzessin als Spürhund einsetzen und Asano's Hintern rett-"

Zwei Schläge genügten um beide Jungs bewusstlos zu kriegen.
Den brennenden Schmerz auf seinem Gesicht (vielleicht verdiente er es auch, von seinem Haustier gekratzt zu werden) ignorierend, nahm er Jungs und Katze auf die Schultern, überlegte sich einen Ort wo er sie ablegen könnte. Es tat ihm leid, (niemals durfte man seine eigenen Kameraden hintergehen) aber für Kinder, war seine Realität doch etwas zu bitter. Bevor er Nagisa's Versprechen, ihnen würde nichts passieren, brach, brachte er sie lieber ganz aus dem Geschehen heraus.
Auch wenn Itonas Kratzer garantiert Narben hinterlassen würde. Blöde Katze.
Jetzt gab es noch das Problem, einen sicheren Ort für zwei bewusstlose Jungen zu finden.
Wo sollte er suchen? Sollte er sie einfach auf einem Dach (welche im Vergleich zur Wüstenstadt so leicht zu erklimmen waren wie Treppen) ablegen? Aus den 10 Minuten wurden schnell einige Stunden, und noch immer hatte er keine Ahnung.  Er war halt nicht gut, im Umgang mit Menschen!

"Vielen Dank dass du mir bei meiner anderen Version geholfen hast, Chiba-kun."

"Ist doch nicht deine Schuld gewesen, Isogai-kun! Und warum auch immer deine Vampirversion auf mich gehört hat, hauptsache Hayami-san und Kataoka-san geht es gut."

Da, in der Gasse um die Ecke. Die Menschlichen Versionen von Isogai und dem Minister. Karma rannte ihnen entgegen, die andren Beiden noch immer bewusstlos umherschleppend. (Er hatte seine Schläge bereits zwei Mal erneuern müssen. Hoffentlich galt das nicht als Bruch des Versprechens.)

"Ich weiß, Ich weiß! Aber ich schäme mich trotzdem so sehr! Wie bitte soll ich Kataoka-san morgen ins Gesicht blicken?!- Karma...san? Was machst du... hier?"

Er wäre beinah in sie hineingerannt, so schnell war er. Er ließ die Jungs, vor ihren Füßen zu Boden und rannte weiter, nicht viel Zeit vergeudend. Galt nur noch zu hoffen, dass diese hier nicht einfach weitergingen. Ansonsten wäre all die Zeit umsonst vergangen, in der er Gakkushú suchen hätte können.

Der rot Haarige hatte die Bergspitze fast erreicht, wollte schon nach Nagisa rufen, als er eben diese, vom Dach der E-klasse hinunter springen sah.
Sie war zu schnell verschwunden um sagen zu können wo sie hinwollte.
Ein weiteres Mal setzte er an zu rufen, doch wurde er wieder unterbrochen, als sich eine bleiche Hand auf seinen Mund legte, ihm die Stimme abschnürte. Ein süßlicher, vertrauter Geruch umgab ihn, Itona miaute aufgeregt. Er entspannte sich, ließ das Messer wieder sinken.
Der Fuchs hatte von selbst zurück gefunden.
Gleich würde er ihn loslassen und ihm eine Predigt darüber halten wie jämmerlich seine Rettungsaktion doch war.
Doch ließ die Person ihn auch nach dem er seine Hände gehoben hatte, (eine ihrer vielen Gesten, un eine Niederlage einzugestehen) nicht los, zog ihn langsam Rückwärts.
Gerne hätte er gefragt was los war,
oder sich losgerissen, (eine Geste war nichts Wert, wenn die Worte nicht gefallen waren, das wussten Sie beide.) doch konnte er seinen Körper nicht dazu bringen, zu handeln.
Itona's Miauen, hatte aufgehört, stattdessen fing sie nun an, wie besessen zu fauchen, versuchte mit ihren Pfoten auszuholen.
Und dann hörte er das Lachen.
Das wunderschöne, und doch so grausame Lachen, dass sich all die Jahre lang über in seinem Kopf festgesetzt hatte, sein Herz auf Hochtouren schlagen ließ.
Sie lachte, fuhr mit ihrer anderen Hand ganz sanft über seine Augen, versperrte ihm auch noch die Sicht.

"Na wen haben wir denn da? Wenn dass nicht mein Lieblingsköter ist. Du hast deine Aufgabe bis hier her gut gemacht, egal was die Alte dir erzählt hat. Du warst wirklich ausgezeichnet.
Und jetzt stirb."

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