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Der braun Haarige konnte dem Messer, welches auf ihn zuflog, geradeso ausweichen, stellte das Tablett mit dem Essen auf Karma's Nachttisch ab.

"Verlass den Raum.", zischte der rot Haarige müde, merkte, dass er immer noch zitterte. Isogai nickte, ging raus. Doch er blieb vor der Tür stehen, bewachte Ein- und Ausgang. Das Fenster zu nehmen, wäre zu riskant, als dass er es in Erwägung ziehen sollte.

Außerdem konnte er Rio unten erkennen, welche ihm grinsend zuwinkte. Allerdings stimmte etwas mit ihrer Kleidung nicht ganz, ihr komplettes Hosenbein war Blutdurchtränkt. (Schon wieder? Schon auf der Feier hatte er Blut an ihr gesehen - egal) Da es eh nicht ihr Blut sein konnte (und selbst wenn), kümmerte er sich nicht weiter darum, wandte sich ab.
So eine Aufgabe machte ihr also Spaß?

Der rot Haarige sank auf's Bett und seufzte.
Isoliert, schwach, traumatisiert und verraten.
Wahrscheinlich musste sich Gakkushú, in den ersten Wochen nach dem Vorfall im Wald, ganz genau so gefühlt haben.
Wobei er nicht das Glück hatte, seine Wunde sofort geheilt zu bekommen (Wochen in Angst und Panik verbringen musste, während gewartet wurde, ob er sich verwandelte), rief er sich in den Kopf, gähnte ausgiebig.

Ob Nagisa schon auf dem Rückweg war?
War sie überhaupt stark genug um es mit der Kreatur aufzunehmen?
Als nächstes träumte Karma davon, wie er das Essen neben ihm verschlang.
...es schmeckte köstlich.

~...~

Der Ort, an dem Gakkushú aufwachte, war dunkel und feucht.
Seine Hände waren über seinem Kopf befestigt, schmerzten wegen Blutmangel. Sein ganzer Körper, schmerzte wegen Blutmangel. Die Wunde an seinem Hals (ebenfalls in Ketten gelegt) war bereits wieder verheilt, was dem Monster in ihm zu verdanken war. War der Prozess schneller geworden?
An seinem linken Bein war was Weiches, wärmte seinen unterkühlten Körper.

"Als ob du nach der Aktion noch mitkommen durftest, Itona."

Er wusste wie absurd es war, mit einem Tier zu sprechen. Zu gut wusste er das, hatte sein Vater ihn schließlich oft genug daran erinnert, jedes einzelne Mal.

"Tiere sprechen nicht. Bis du dich nicht kontrollieren kannst, will ich kein Wort mehr von dir hören."

Ein Grinsen schlich sich auf sein Gesicht, taute es ein wenig auf. Eigentlich unterschied sich seine jetzige Lage kein Bisschen von damals, angekettet wie ein ungehorsamer Köter, isoliert vom Rest der Welt.
Wie lange hatte die Prozedur eigentlich gedauert? Wochen? Monate?
Als er wieder zur Schule durfte, waren all seine Mitschüler bei ihm, begrüßten ihn zurück, machten ihm deutlich wie sehr sie ihn doch vermisst hatten.
(Doch hatte ihn niemand während seiner Abwesenheit besucht (obwohl niemand wusste, was vorgefallen war), nicht, dass sein Vater es erlaubt hätte).
Karma, welcher seit seiner Abwesenheit wohl von seiner Mutter abgeholt wurde, hatte ebenfalls mehr als froh ausgesehen ihn wieder zu sehen, ahnte nichts von der Gefahr, welcher er sich ab da an jeden Tag lang aussetzte.

Und obwohl es ihn eigentlich erleichtern sollte, war es umso frustrierender, gegen den rot Haarigen im Kampf zu verlieren. Wieso zum war er bitte stärker als er, ein verdammter Vampir?!

"Miau."

Er hatte es gar nicht mitbekommen, doch die Fesseln, welche ihn brav an Ort und Stelle gehalten hatten, waren zerbrochen, konnten seiner Wut nichts entgegen bringen.

Doch auch wenn er nun frei war, änderte es nichts an seiner Situation. Gar nichts.

Neben der Heilung, hatte sich wohl auch seine Kraft wieder verstärkt, sein Körper reagierte auf ihr Gift.
Diese Frau... warum war sie noch am Leben?
Er hatte es doch mit eigenen Augen gesehen, die Diamanten erst kürzlich mit denen einer anderen Vampirin verglichen - wie konnte sie es wagen ihm lebendig vor die Augen zu treten, nach all dem, was sie ihm angetan hatte?!

"Miau."

"Halt doch die Klappe. Sonst vergesse ich bei meinem Hunger noch, dass du nur ein unschuldiges, kleines Ding bist."

Das hilflose Grinsen noch stärker spürend, stand der Rotblonde langsam auf, nahm die Katze in den Arm, streichelte ihr sacht durchs Fell. Er holte Luft, atmete die eisige Kälte tief ein - wie absurd, dass er sie noch immer spürte - und stürzte sich mit all seiner übermenschlichen Kraft gegen die schwere Eisentür.

~...~

"Du musst da nicht rein, Nagisa. Ich kann das gern für dich erledigen, dir deine Ängste nehmen. Vertrau mir, wird ein Kinderspiel-"

"Pass auf deinen Kopf auf, Rió."

Die blauhaarige Vampirin, welche ihre frisch gefangene Beute hinter sich her schliff, Staub und Blut im ganzen Stockwerk verbreitete, schien sich vor Angst nicht von der Stelle rühren zu können.
Verdammt, zum ersten Mal seit sie ihm begegnet war, bereute Nagisa, ihm was versprochen zu haben.

Karma war sicher unglaublich sauer auf sie, hatte sie es doch tatsächlich gewagt seine Existenz, mit dem Dasein von Unterland, auf die selbe Waage zu legen. Als hätte eine Maus, die durch einen Zufall etwas ähnliches wie Freundschaft mit einer Schlange geschlossen hatte (allein, dass sie gewagt hatte ihn als Freund zu bezeichnen, war einer Strafe würdig.) plötzlich die Dreistigkeit bekommen sie mit einem Haufen von Mäusen zu vergleichen.
Wie blöd war sie eigentlich? Ganz gleich wie viele Mäuse sie auch drauf legen würde, die Schlange würde sie einfach fressen, sich nicht um weitere Wertvorstellungen kümmern.
Und dann hatte sie ihm obendrein auch noch die Freiheit geraubt, ein und auszugehen, als wäre sie sein Besitzer.
Dabei wusste sie selbst zugut. wie schlimm das war. Viel zu gut.

Den besorgten Blick der Blonden im Rücken, brachte sie schließlich endlich die Courage auf, an die Tür von Karma's Zimmer zu klopfen, konnte im selben Moment noch seine Stimme vernehmen, welche sie leise, geradezu sanft hereinbat.
Ihr kamen so viele Fragen auf, als sie ihn sah, wie er sich fühlte, an was er dachte, wie es der geheilten Wunde ging. (Sie hatte überreagiert, ein Biss hätte ihn nicht umgebracht, hätte vielleicht überhaupt keine Wirkung gehabt - aber der rot Haarige hatte Angst gehabt, also hatte sie auch Angst bekommen!)

Stattdessen neigte sie lediglich ihren Kopf gen Boden, so weit, dass sie gleichauf mit ihren Knien war.

"Hier ist der Vampir, Karma."

Zitterte sie? Sie wusste es nicht genau, doch ihre Hand, welche sich um die Kehle des Täters geschlungen hatte, bewegte sich verdächtig hin und her.
Und ihn anzusehen, seinen, vor Zorn wahrscheinlich fast schon fröhlichen Blick zu erwidern, traute sich die blau Haarige einfach nicht, kam sich gleichzeitig feige vor.

"Oh wie schön, du warst so freundlich ihn mir lebendig auszuliefern. Ich werde ihn dann später verhören, wenn du nichts dagegen hast. Jetzt lass ihn erst mal raus bringen und setz dich zu mir, Nagisa."

"V-verstanden."

Auf eine Handbewegung ihrerseits, kamen zwei x beliebige Vampire, nahmen die alte Dame mit den silbernen Haaren in Gewahrsam, verschwanden genau so schnell wieder.
Nun war es also Zeit, mit ihrem Dasein abzuschließen, im Austausch das sie ihn derart beleidigt hatte?

"Ach, wenn du eh so langsam bist, gib mir doch gleich mein Messer."

"Verstanden."

Ihn immer noch nicht ansehend ließ sie sich neben ihm nieder, keine Mühe mehr auf respektablen Abstand verschwendend. Dann reichte die blau Haarige ihm sein Messer, überlegend wie er... nun ja, vor hatte ihr seine Emotionen zu geben. Ein Stich in ihr totes Herz? Eine lange Tortur um so viele Diamanten zu erlangen wie nur möglich?
Sie würde es in jedem Falle stolz ertragen, hatte er immerhin jedes Recht dazu, ihr jederzeit das Leben zu nehmen.

"Nagisa, sieh mich an."

Das 'verstanden ' blieb ihr im Halse stecken, als sie den bitteren, viel zu betörenden Duft wahrnahm, den Kopf hochriss - um die silberne Klinge gleich darauf an ihrer Kehle zu spüren. Die Hand von ihm zitterte, aber seine Augen funkelten, waren entschlossen.

"Trink."

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