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Als der rot Haarige die Stadtherrin das erste Mal zu Gesicht bekam, konnte er den Mund vor Staunen gar nicht mehr schließen.
Es wäre untertrieben zu sagen, die Dämonin sei schön, hübsch oder gut aussehend.

Nein, der Anblick dieses Mädchens hätte Karma wahrscheinlich gereicht in den Tod zu springen, ohne weiter drüber nachzudenken.

"Seid willkommen in der Wüstenstadt, Shiota Nagisa, Shiota Kayano. Wie verabredet, sind hier das Kartenteil des Dämonenkönigs und das nächstes Ziel eurer Reise. Ebenfalls lade ich euch und eure Begleitungen ein, an den heutigen Festlichkeiten im Ballsaal teilzunehmen."

Sich tief verbeugend, überreichte die rot Haarige Nagisa ein großes, eingerolltes Papier, welche dieses allerdings sofort Isogai übergab, es lächelnd abtat und ihn mit einem Grinsen, welches Rió alle Ehre gemacht hätte (welche er seit dem Hähnchen nicht mehr gesehen hatte), hinaus in den Empfangssaal zog.

"Sie gefällt dir, richtig Karma?"

Natürlich gefiel sie ihm. Wie konnte sie ihm nicht gefallen?!
Die Röte, die ihm ins Gesicht stieg, war eine Geste, die lange nicht mehr in seinem Leben vorgekommen war.
In der Schule hatte der Lehrer mal erwähnt, die Schönheit von Dämonen und Vampiren hatte was mit Himmel und Hölle zu tun, das der Teufel, als gefallener Engel, eben viel schöner als ein Mensch war.

Doch nach der Geschichte der blau Haarigen, die im Grunde bereits alles widerlegte was er gelernt hatte, könnte es genau so gut Zufall sein.

"Du redest wirres Zeug."

Nagisa fuhr unbeirrt, das Grinsen einer ernsten Mine weichen lassend, fort.

"Sie könnte dir gehören wenn du willst, Karma."

Diesem absurden Angebot auch nur einen einzigen Gedanken zu schenken, ließ sein Herz höher schlagen.
Gar schon krankhaft pochte es gegen seinen Brustkorb.
Nagisa scherzte nicht (er wusste nicht mal, ob sie das konnte - nahm es ihr nicht übel), hatte sie ohne Zweifel die Macht die Stadtherrin zu gehorsam zu zwingen, ganz gleich was diese dazu sagen sollte.

"W-warum schlägst du sowas überhaupt vor? Verwirr mich nicht derartig!"

Wurde sie nicht selbst zwangsverheiratet? Fand sie dies nicht abscheulich? Wie konnte sie dann bloß? Er verstand es nicht!

"...Verstanden, entschuldige. Ich dachte, es wäre eine gute Gelegenheit dir ein Geschenk machen zu können, weil sie dir doch so gefallen hat. Ich denke nicht mehr daran, bitte verzeih."

"Ein Geschenk?"

Der rot Haarige merkte, wie er (wieder) anfing die Beherrschung zu verlieren und war heilfroh, sein Messer im Zimmer gelassen zu haben.
So, legte er der zierlichen Gestalt vor sich einfach seinen Ellenbogen um die Schultern, flüsterte ihr grinsend ins Ohr.

"Etwa so, als würde man seinem Haustier ein neues Spielzeug schenken, Na-gi-sa? War etwa das dein Hintergedanke?"

"N-nein. Wirklich nicht! Hör mich bitte an, bevor du dir ein Urteil fällst, die Geste ist Tradition!"

"Ach tatsächlich? Es ist also Tradition bei euch Monstern, dass das Haustier seinem Meister etwas schenkt? Willst du mich vielleicht für blöd verkaufen, oh du edle Prinzessin?"

Das Genick eines Vampirs konnte man nicht einfach mit bloßer Körperkraft brechen, doch die blau Haarige würgte dennoch ziemlich stark, während sein Griff immer fester wurde.
Sie sollte ihn endlich weg stoßen, und nicht wie eine verängstigte Maus in seinen Krallen zappeln.
Doch schließlich hörte sie sogar damit auf, hing über dem Boden, den Kopf gesenkt, die Augen geschlossen.
Sie wartete. Wartete darauf, dass er sich beruhigte, sein Zorn sich legte.
Keinen Moment später hatte der rot Haarige das zierliche Mädchen auf dem Boden abgestellt, ganz vorsichtig, als Bestände sie aus Glas.

"Entschuldige. Ich hab's übertrieben, Nagisa."

Sollte er sich Verbeugen? Damit zeigen dass er es ernst meinte? Als Jäger würde er sich nicht vor einem Vampir verbeugen, wenn er nicht vor hatte, ihn im nächsten Moment zu töten, niemals - aber als Person?

Ihm war nicht wohl bei der Sache, dennoch neigte er leicht (wirklich leicht) den Kopf.

"Ach nein, ich bin sowas schon aus meiner Kindheit gewohnt, außerdem ist es nur verständlich von dir als Jäger, misstrauen zu entwickeln wenn ein Monster dir plötzlich etwas geben möchte. Aber ich lüge nicht, und ich kann es beweisen."

Und schon wieder wurde er am Arm gepackt und mitgeschliffen, wie ein unfähiger Sack Kartoffeln. 
Sie stürmten in den Saal zurück, wo die blau Haarige ihn losließ, stattdessen die Hand des Minister's und der Stadt Herrin ergriff und in seine Richtung hoch hielt. Der ganze Raum war Still, starrte die Prinzessin einfach bloß stumm an.

Nur Karma nicht. Der starrte auf die zwei goldenen Ringe, welche identisch miteinander waren.
Etwa...?

"Siehst du? Ich lüge nicht, es ist Tradition, seinem Besitzer was zu schenken."

Der rot Haarige sah in die Augen von Nagisa, sah den triumphierenden, gar schon süßen Gesichtsausdruck den sie ihm bot, und (fragte sich, wie er sie je Monster hatte nennen können) gab sich lächelnd geschlagen.

"Ist ja gut, ich glaube dir."

~...~

"Was hat das zu bedeuten, M-Karma?"

"Hab ich dir erlaubt zu reden?"

"Nein, Verzeihung Karma."

An diesen Ton konnte er sich gewöhnen, stellte der rot Haarige grinsend fest, ließ sich auf sein Bett fallen.
Der Minister, welchen er nach der Zeremonie mit zu sich genommen hatte (zur Provokation hatte er Isogai dabei angegrinst), stand nun ziemlich hilflos im Zimmer herum, musste zusehen, wie sein Peiniger nach dem Messer auf seinem Nachttisch griff, anfing, damit zu spielen.

"Setz dich doch, Chiba."

"Wenn ihr Erlaubt, ich stehe."

"Setzen."

Der schwarz Haarige ließ sich an Ort und Stelle auf dem Teppich nieder, stand allerdings sofort wieder auf, als Karma auf den Platz auf dem Stuhl neben ihm deutete.
Ganz wie ein gut dressierter Hund.

"Ich hab ihn nicht hier mit hoch genommen um ihn zu quälen, also entspann dich.", rief er der Person hinter seiner Tür (von der er nicht genau wusste, ob es die Stadtherrin oder der braun Haarige war) zu.

"Nun zu dir. Fang an zu erzählen.
Der Vorfall von neulich hat mich neugierig werden lassen, und Morgen werden wir schon wieder Abreisen, also los. Erzähl deine Geschichte und unterhalte mich."

Bevor seine Tür aufgehen konnte, warf er sein Messer, verschloss sie mit dem Schwung erneut. Keine Besucher erwünscht.

~...~

Tablette um Tablette, Tasse um Tasse.
Gakkushú hatte das Gefühl immer blasser zu werden, wenn er in den Spiegel sah.
Die Angriffe hatten sich verdoppelt, Nachts wanderten Vampire lauernd um das Haus herum, machten Krach, störten ihn.
Aber sie, sie war nicht wieder aufgetaucht.
Und das fing an, ihn in den Wahnsinn zu treiben.
Er zog sein Messer, stand auf.
Der Lärm draußen war einfach unerträglich.

ASSASINATION CLASSROOMWo Geschichten leben. Entdecke jetzt