Kapitel 25 - Sie

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Meine Augen wurden glasig und alles in meinem Kopf fing an, sich zu drehen. Nein, nein, nein ,sagte ich mir. Das konnte nicht wahr sein.
Sie war meine einzigste Bezugsperson gewesen, mein Mutterersatz. Wann immer ich traurig war oder wenn es ein Problem gab, meine Grandma war immer für mich da gewesen.
Und dann war sie krank geworden und keiner außer mir hatte ihre Therapie bezahlen können. Ich hatte sämtliche Jobs angenommen , es hatte gerade so für sie gereicht, aber leider nicht mehr für mich. Ich hatte mich eine Zeit lang von einer Handvoll Haferflocken und einer Flasche Wasser am Tag ernähren müssen, um gerade noch so meine Wohnung und die Ausbildung bezahlen zu können ... Aber das wusste niemand.
Und jetzt war sie nicht mehr da. Einfach tot.Der einzige Grund, warum ich die Schule abgebrochen hatte.Die einzige Person, außer meiner Mutter, die je an mich geglaubt hatte.
Besorgt schaute mich mein Gegenüber an.
"Kann ich irgendetwas für dich tun?", fragte er, nachdem ich etwas länger in einer Schockstarre gewesen war.
Ich entriss ihm meine Hände. "Nein.Du kannst jetzt nichts für mich tun. Lass mich einfach alleine.", sagte ich und starrte immernoch aus dem Fenster. Ich konnte ihn jetzt nicht ansehen, denn dann würde ich anfangen zu weinen. Und nie wieder aufhören. Er sollte mit seinem Mitleid verschwinden und mich meine Mauer weiter bauen lassen. Ich hatte sie nicht umsonst errichtet. Mit einem Mal verwandelte sich meine Trauer in Wut.
Er hatte alles kaputt gemacht.
Etwas verletzt ,aber trotzdem ver-
ständnisvoll nickte Shawn.
"Klar Natürlich.Wenn du etwas brauchst, sag Bescheid.", ergänzte er noch,gab mir einen Kuss auf die Stirn und ging zurück in sein Zimmer. Die Tür schloss sich und ich fing augenblicklich an, zu weinen.Heimlich, still und leise.
Das war alles zu viel für mich.
Meine ganze Welt war kurz vor dem zusammenbrechen.
Ich war kurz vor dem zusammenbrechen.
Hastig stand ich auf und kramte in meinem Gepäck, dass man mir aufs Zimmer gebracht hatte. Ich kramte eine Packung Tabletten raus und spülte zwei davon mit Wasser runter. Ich hatte sie in den letzten Tagen nicht genommen.
Diese Tabletten verhinderten, dass ich irgendwann komplett aufstickte. Zugegebenermaßen war ich psychisch total instabil,aber das sollte keiner wissen.
Ich verstand selber nicht warum. Eigentlich ging es mir gut. Ich hatte eine tolle Wohnung, einen Job und einen "Freund". Nur wegen meiner nicht ganz so rosaroten Vergangenheit und ein paar Zusammenbrüchen früher kamen die vielen Psychologen und Therapeuten auf die Schnapsidee, ich sollte Medikamente nehmen oder irgendetwas machen, dass mich beruhigt. Und das hatte ich gefunden. Ich war in einen Selbstverteidigungskurs gegangen und dann in noch einen und noch einen. Und immer so weiter,bis ich dann eine Ausbildung angefangen hatte.Das hatte mich auf Kurs gehalten.

Etwas langsamer ging nun mein Atem. Ich merkte,wie die Medikamente wirkten.
Okay, was machte ich mir eigentlich vor?
Mein Leben war scheiße.
Ich hatte kaum Geld, mein Job war eigentlich eine totale Gesundheitsge-
fährdung für mich und ich war ganz allein. Und dem Einzige,mit dem ich hätte reden können, konnte ich nicht trauen ,da ich ja von ihm Geld bekam,um seine Freundin zu spielen. Mist.
Wieder schmiss ich mich auf mein Bett und drückte meine Kopf in das riesige Kissen. Und schrie. Ich schrie und biss hinein, strampelte mit den Beinen,boxte auf das Kissen ein.
Ich musste jetzt irgendetwas machen. Sport. Das brauchte ich jetzt.Ich musste hier raus.
Schnell stürmte ich aus dem Zimmer und lief zum Aufzug. Hektisch drückte ich auf den roten Knopf, aber die Tür wollte einfach nicht schnell genug aufgehen. "Mach schon." , grummelte ich und drückte weiter auf den blöden roten Kopf. Doch die Tür öffnete sich nicht.
Es war, als würde er mich verspotten, der kleine leuchtend rote Knopf.
"Geh endlich auf! ", rief ich lauter. Mein Herz pochte schneller, mein Puls stieg.
Ich stand kurz vor einem Zusammen-
bruch.
"GEH AUF!" ,schrie ich nun und schlug auf die Tür ein.Dann sank ich schluchzend auf den Boden.Und die Tür ging auf.
Doch ich war unfähig,aufzustehen.
Hatte ich die Tablette überhaupt genommen? Ich wusste nichts mehr.
Ich fing an zu zittern und zu schwitzen. Es war heiß, es war kalt. War die Klimaanlage kaputt?
Ich konnte nicht mehr denken. Ich wusste nicht mal mehr, wo ich war.
Zusammengekauert,immer noch im Bademantel und mit nassen Haaren saß ich vor dem Aufzug. Und weinte. Sie ist tot, dachte ich nur.
Sie ist tot. Sie ist tot. Sie ist tot.
Dann hörte ich eine vertraute Stimme, die meinen Namen rief, aber durch die vielen Tränen in meinen Augen war meine Sicht ganz verschwommen.Und es war mir auch egal. Ich wollte alleine sein.
Die Person ging vor mir in die Hocke und legte mir ihre warme große Hand auf mein Bein. "Ella.", flüsterte sie beruhigend. Es war eine Männerstimme. Aber ich wollte mich nicht beruhigen. "Nein!" ,schluchzte ich. "Sie ist tot. Sie kommt nie wieder. Ich bin alleine. Ich war es schon immer. Warum lebe ich eigentlich noch?" Erschöpft legte ich meinen Kopf auf meinen herangezogenen und von meinen Armen umklammerten Beinen ab. Ich konnte nicht mehr. Ich war einfach nur am Ende.
Alles tat weh.
Ich merkte, wie ich den Boden unter den Füßen verlor. Dann spürte ich starke Arme um mich und atmete den Duft von dem teuren Gucci-Parfum ein, dass er immer benutze. Und plötzlich hörte ich auf, zu zittern.
Er trug mich weg.Hoffentlich ganz weit weg.
Irgendwann saß ich wieder.Auf seinem Schoß.
Beruhigend redete er wieder auf mich ein. Aber es brachte nichts. Er erinnerte mich zu sehr an meine Grandma.Ich wurde von einer erneuten Heulattacke erfasst und das Zittern fing auch wieder an.
Er zog mich noch näher zu sich heran und ich legte zögernd meinen Kopf auf seiner Brust ab.Innerhalb von Sekunden war sein ganzen Oberteil durchnässt. "Sie ist tot.",flüsterte ich ein letztes Mal.
"Es wird alles gut."
Mit seinem wunderschönen Gesang im Ohr, schlief ich endlich ein.

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Hallo, habe lange überlegt ,wie ich diese Szene schreiben soll und eigentlich sollte das erst nach ein paar Konzerten kommen. Aber ich habe mir gedacht, dass es zu lange mit Ella reibungslos verlief,hoffe das verwirrt euch nicht zu sehr.
(Sie ist jetzt nicht unbedingt depressiv. Aber sie hat eine sehr schlimme Vergangenheit und ,wie soll ich das erklären, sie ist nicht nur aus Spaß Bodyguard geworden.)
Wenn ihr die Szene lest, bin ich vermutlich gerade in Florida angekommen, die Szene ist aus dem Flugzeug , seit also bitte gnädig mit mir, was Schreibfehler angeht😂
LG und Danke fürs Lesen ❤️
Anni

My Girlfriend is my Bodyguard -  [S. M. FF]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt